Clean-Label-Backwaren Warum Pektin im Kokos-Ananas-Twister unverzichtbar ist

Steffen Göhringer (Foto) über Clean Label und deren Grenzen, Regalschienen und mangelnde Kommunikation.

Donnerstag, 29. August 2024 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Warum Pektin im Kokos-Ananas-Twister unverzichtbar ist
Bildquelle: Photodesign Melanie Schmidt

Clean Label ist kein geschützter Begriff, jeder Hersteller kann sich seinen Verzicht selbst definieren. Wie sinnvoll ist das Tool dann?
Steffen Göhringer: Der Begriff „Clean Label“ ist nicht geschützt, und gerade daher ist es uns wichtig, für Transparenz zu sorgen: In unserem Sortiment tragen nur Produkte dieses Siegel, die ohne Konservierungsstoffe auskommen, die keine künstlichen Farbstoffe sowie Geschmacksverstärker enthalten. Außerdem verzichten wir auf Antioxidationsmittel. Bei uns sind das rund 70 Prozent des Sortiments.

Aber warum nicht 100 Prozent?
70 Prozent ist hoch! Wir haben von allen Anbietern von tiefgekühlten Backwaren den mit Abstand höchsten Anteil von Backwaren ohne deklarationspflichtige Zusatzstoffe. Ein bisschen mehr geht natürlich immer. Unsere Ambition ist es, den Anteil an Clean-Label-Produkten in unserem Sortiment kontinuierlich zu erhöhen. Dabei dürfen und sollen die Produkte allerdings weder an Qualität noch Haltbarkeit und Geschmack einbüßen. Für manche Produkte ist es momentan zudem noch schwierig oder schlichtweg nicht möglich, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Welche Produkte sind das beispielsweise?
Die Produkte haben in der Regel eine fleischhaltige Füllung oder tragen eine Glasur, die nicht mit unserer Definition von Clean Label vereinbar ist. Ein großer Teil dieser Produkte sind übrigens herzhafte Snacks. Bei der Verarbeitung von Fleisch und Wurst arbeiten unsere Vorlieferanten in der Regel mit Konservierungsstoffen, um das Produkt vor Verderb zu schützen.

Welche Art von Produkten lässt sich derzeit nicht unter Clean-Label-Bedingungen deklarationsfreundlich herstellen? Wie sieht es etwa mit Ihrem Kokos-Ananas-Twister aus?
Unser Kokos-Ananas-Twister ist mit Pektin stabilisiert, um Konsistenz und Mundgefühl zu verbessern. Ohne Pektin würde der Twister schnell ausflocken und unappetitlich aussehen. Pektin ist zwar ein natürlicher Inhaltsstoff, der aus Früchten gewonnen wird, aber er gilt dennoch als Zusatzstoff und muss entsprechend deklariert werden.

Ist bei den Gesprächen mit dem Handel der Salzgehalt der Produkte ein Thema?
Ja, je nach Handelspartner erhalten wir konkrete Anforderungen an den Salzgehalt in den Produkten beziehungsweise an einen konkreten Zielwert, auf den hin Produkte entwickelt werden sollen.

Wie geht Aryzta bei der Produktentwicklung mit dem Thema Salz um? Haben Sie sich Grenzwerte gesetzt?
Wir stellen in Verkostungspanels mit Konsumenten fest, dass Produkte mit reduziertem Salzge­halt weniger gut abschneiden. Uns ist bewusst, dass bei Lebensmitteln der Geschmack mit Abstand das wichtigste Kaufkriterium ist. Das zeigt die Befragung „Kaufkriterien für Nahrungsmittel in Deutschland 2024“ von Statista aus diesem Frühjahr. Daher steht bei uns in der Produktentwicklung das optimale Geschmacks-erlebnis im Vordergrund.

Im Bake-off-Bereich herrscht hohe Fluktuation, Mitarbeiter sind im Deutschen nicht immer so fit, um Kundenfragen zu beantworten. Warum kann der Händler hier Clean Label trotzdem in der Kundenkommunikation nutzen?
Wir gehen davon aus, dass die Kommunikation auf der Fläche, vor allem im Lebensmittelhandel, selten verbal stattfindet. Ich empfehle den Einsatz von Icons an der Regalschiene oder an der Scheibe des Entnahmemoduls. Das sehe ich noch viel zu selten im Handel. Verglichen mit anderen Warengruppen sehe ich für den Bake-off-Bereich viel Wachstumspotenzial mit Clean-Label-Produkten bei relativ geringem Aufwand. Eine weitere Möglichkeit ist die Ergänzung des Logos bei der Allergen-Übersicht.

Spart ein Clean-Label-Produkt Kosten?
Nein, ein Clean-Label-Produkt spart keine Kosten bei Beschaffung, Produktion und Lagerung. Teilweise kosten Rohstoffe mehr oder sind knapper und damit schwerer zu beschaffen. Außerdem erfordern Clean-Label-Produkte mehr Qualitätskontrollen, und einige haben eine kürzere Haltbarkeit. Die Rohstoffpreise sind von vielen Faktoren abhängig, auch von schwer vorhersehbaren Faktoren wie Wetterbedingungen, politischer Entwicklung, Wechselkursen. Wir beobachten ständig die Marktsituation und haben das Ziel, vorausschauend einzukaufen, um die Preise marktgerecht und vor allem unseren Qualitätsstandard hoch zu halten. Daher würde ich die Frage von der Ertragsseite betrachten: Kann ich mit einem Clean-Label-Produkt mehr verdienen? Ich bin der Meinung, dass das möglich ist, sofern es ein Abgrenzungsmerkmal zu vergleichbaren Produkten darstellt.

Zur Person

Steffen Göhringer, 
Der 46-Jährige ist Marketing Director bei Aryzta Food Solutions in Freiburg. Er ist seit 2010 im Unternehmen und verantwortlich für Marketing, Channel-, Produktmanagement, Produktentwicklung, Einkauf Fertigwaren.

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