Vegetarisch-vegane Alternative „Pflanzlich“ statt „vegan“

Vegan“ ist für viele Hersteller ein wichtiges Verkaufskriterium. Gilt das auch für Baby- und Kindernahrung? Welche Sortiments- und Kommunikationsstrategie fahren die Hersteller?

Mittwoch, 25. Oktober 2023 -
Hedda Thielking
Artikelbild „Pflanzlich“ statt „vegan“
Bildquelle: Mirco Moskopp

Die Anuga hat es wieder gezeigt: Vegan ist nach wie vor ein Riesenthema, und viele Hersteller möchten auf der Erfolgswelle mitschwimmen. Doch wie sieht es im Bereich Baby- und Kindernahrung aus? Geht diese Branche mit dem Trend? Sagen wir mal so: Es fällt schon auf, dass manche Hersteller in Beikostprodukten vermehrt Hülsenfrüchte einsetzen. Hipp beispielsweise hat bereits acht pflanzliche Menüs mit Linsen, Erbsen oder Kichererbsen im Sortiment. Humana offeriert seit Kurzem die Menüs „Alete Bewusst Natürlich pflanzlich“ in drei Sorten. Sie richten sich an Kinder ab einem Jahr. Die neuen Produkte mit pflanzlichen Protein quellen aus Kichererbsen und Linsen sollen Abwechslung in den Speiseplan bringen und einen Beitrag zu einer pflanzenbetonten Ernährung leisten. Gelistet sind diese Menüs bei Globus, Kaufland, Rewe, dm und Rossmann. Die Einführung begleitet Humana unter anderem mit einer Digitalkampagne.

Was die Kommunikation in Richtung vegan angeht, fahren die Hersteller jedoch mit angezogener Handbremse. So findet man diesen Hinweis nicht auf den Gläschen. Stattdessen ist hier von „100 Prozent pflanzlich“ und „natürlich pflanzlich“ die Rede. Anscheinend möchte sich niemand aufs Glatteis begeben, denn Fachgesellschaften sehen eine rein vegane Kost für Kinder und Jugendliche durchaus kritisch (siehe Interview links). „Pflanzlich“ klingt da besser … Löwenzahn Organics bewirbt eine rein pflanzliche Ernährung für Kinder nicht explizit. „Wir treffen jedoch bewusste Entscheidungen zugunsten vegetarischer beziehungsweise veganer Zutaten, und zwar aus ökologischen Gründen“, sagt Produktentwicklerin Anne Fechner. So verwendet das Unternehmen in seinen Babymilchen Algenöl als Quelle für eine mehrfach ungesättigte Fettsäure anstelle des marktüblichen Fischöls.

Freche Freunde setzt in der Kommunikation auf eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung für Kinder. „Alle Produkte enthalten Bio-Zutaten – allen voran Obst und Gemüse“, berichtet Anna Brunstein, Marktstrategie & Portfolio Management bei Freche Freunde. Neu im Sortiment ist die Joghurtalternative „Frecher Becher“ auf Haferbasis. Die Süße erhalten die zwei Sorten aus dem Fruchtpüree. Der „Freche Becher“ mit dem Aufdruck „vegan“ soll sich laut Hersteller sowohl an Erwachsene als auch an Kinder richten – auch wenn das Verpackungsdesign eher kindlich anmutet. „Wir starten exklusiv für die ersten drei Monate bei circa 2.500 Rewe-Filialen. Danach steht das Produkt für den gesamten Markt zur Verfügung“, informiert Anna Brunstein. Geplant sind Verkostun - gen am PoS bei Rewe sowie Wobbler und Klebefolien am Kühlregal. Der Launch wird mit Social-Media-Marketing sowie digitalen Aktivitäten begleitet.

Handelsmarken halten sich zurück

Handelsmarken bieten ebenfalls ein breites Sortiment an Baby- und Kindernahrung. Auf den veganen Trend springen sie zumindest nicht offensiv auf. Bei Alnatura etwa ist man mit den Auslobungen der Alnatura Obst- und Gemüsebreie für Babys generell sehr zurückhaltend und verzichtet darauf, Selbstverständlichkeiten noch einmal extra zu kennzeichnen. So sehe man bei den eigenen Produkten beispielsweise keine Notwendigkeit, ein Gläschen „Gemüse mit Süßkartoffeln“ als pflanzlich zu deklarieren, da sich dies durch die Bezeichnung beziehungsweise Zutatenliste selbst erkläre.

Andere Handelsmarken verfahren ähnlich. So hat Kaufland kürzlich unter der Eigenmarke K-Bio 20 verschiedene Babygläschen auf den Markt gebracht, unter anderem einige Obstund Gemüsegläschen, die von Natur aus vegan, aber nicht als solche gekennzeichnet sind. Auch bei den Produkten der Aldi-Eigenmarke Mamia bio sowie dem Babynahrungssortiment von Edeka Bio steht diese Auslobung nicht im Fokus.

3 Fragen an  Dr. Kiran Virmani ist Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
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Ist eine vegetarische Ernährung für Säuglinge und Kinder denn geeignet?
Eine vegetarische Ernährung, die Milch und Eier enthält, ist für gesunde Säuglinge und Kinder geeignet. Man muss jedoch bedenken: Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen einen deutlich höheren Nährstoffbedarf je Kilogramm Körpergewicht. Und eine vegetarische Ernährung enthält zum Beispiel weniger Eisen und Zink. Es kommt also auf eine gezielte Lebensmittelauswahl an. Eltern informieren sich am besten bei Ernährungsfachkräften.

Wie steht es mit einer veganen Ernährung für die Kleinsten?
Für Säuglinge, Kinder und auch Jugendliche wird eine vegane Ernäh - rung von der DGE nicht empfohlen. Mit dem Verzicht auf jegliche tierische Lebensmittel erhöht sich das Risiko für Nährstoffdefizite. Dies kann sich ungünstig auf die Gesundheit und Entwicklung des Kindes auswirken.

Und wenn Eltern ihr Kind trotzdem vegan ernähren möchten?
Dann braucht das Kind auf jeden Fall dauerhaft Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin B12 und gegebenenfalls weitere Nährstoffe. Eine gezielte ärztliche Betreuung sowie Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft ist dann besonders wichtig.