Auch wenn es zum Ende des Jahres erfahrungsgemäß etwas ruhiger um das Grillen wird, hat sich das Wintergrillen zu einer Tradition entwickelt. Das hat das Hannoveraner Marktforschungs- und Kassenbon-Start-up Epap für Kommunikation und Studien in einer Umfrage herausgefunden. Jeder Fünfte gibt jedoch auch an, erst im September oder Oktober grillen zu wollen. Das erste Mal zum Jahresende im November oder Dezember zu grillen ist nur für 2 Prozent eine Option.
Die meisten Befragten grillen im durchschnittlichen Sommermonat zwei bis drei Mal (40 Prozent). Für 29 Prozent steht frisch Gegrilltes sogar wöchentlich auf dem Speiseplan.
Fleisch bleibt weiter Nummer 1
Fleisch bleibt unangefochten die Nummer eins des beliebtesten Grillguts (56 Prozent). Darauf folgen Grillgemüse (38 Prozent), Grillkäse (33 Prozent) und Fisch (31 Prozent). Jeder Vierte grillt gern Brot (24 Prozent) oder Veggie-Fleischalternativen (23 Prozent).
Das Grillverhalten ändert sich jedoch kontinuierlich: 22 Prozent geben an, im Jahr 2023 weniger Fleisch grillen zu wollen und stattdessen häufiger auf pflanzliche Alternativen zurückzugreifen. Jeder Zweite wählt für den Einkauf von Grillgut einen Supermarkt aus. 38 Prozent bevorzugen Discounter. Das Grillfleisch wird am häufigsten aus dem Kühlregal gegriffen (41 Prozent). Jeder Dritte besucht im Geschäft aber auch gern die Frischetheke (37 Prozent). Jeder Zehnte gibt an, immer dieselben Marken für Grillgut zu wählen – unabhängig vom Preis. Ebenso viele Einkaufende geben an, zwar Herstellermarken zu bevorzugen, sie jedoch nur im Angebot zu kaufen.
Dennoch geht auch die aktuelle Krise nicht an den Grillküchen vorbei. Interessant ist, dass 79 Prozent der Einkaufenden ihren Grilleinkauf aufgrund der Inflation anpassen wollen. Den Grill seltener anzuwerfen ist für 28 Prozent die Lösung bei steigenden Preisen. Jeder Fünfte gibt an, bei der Auswahl des Grillgutes vor allem auf günstige Marken und Produkte zu setzen. 21 Prozent der Befragten geben an, ihr Grillverhalten trotz Inflation nicht zu verändern.
Die Mittelpreismarken trifft es
Doch wie sehen die Hersteller die aktuelle Situation? „Grillen ist nach wie vor ein wichtiges und präsentes Thema im LEH. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise betreffen überwiegend die Mittelpreismarken“, sagt Bastian Beie, Geschäftsführer der Block Handels GmbH. Block House konnte trotz eines leichten Absatzminus von etwa 7 Prozent die Vertriebswege, Listungen und Vermarktungsaktivitäten ausbauen. Laut Beie ist ein genereller Nachfragerückgang bei Fleisch festzustellen: „Die sinkende Kaufkraft aufgrund der gestiegenen Inflation veranlasst die Verbraucher, preisbewusster einzukaufen, weshalb eher das preiswertere Geflügel- oder Schweinefleisch im Einkaufskorb landen.“
Tobias Metten, Inhaber der Metten Fleischwaren GmbH & Co. KG, hat folgendes Verbraucherverhalten ausgemacht: „Mit der aktuellen wirtschaftlich angespannten Situation werden sich die Grillgewohnheiten beziehungsweise das Grillgut vermutlich verändern.“ Statt eines teuren Filets vom Rind, so Metten, werde daher sicher öfter die Bratwurst auf dem Grill landen. „Nur Steaks stehen laut Umfragen in der Beliebtheit etwas höher. Für das Grillen im Herbst oder Winter, wenn die Außentemperaturen niedriger sind, ist es in der Regel besser, Grillgut zu verwenden, das eine kürzere Grillzeit und eine niedrigere Gartemperatur benötigt“, sagt Metten.
Trotz der aktuellen Krise ist Yannick Meurer, Vertriebsmitarbeiter von „Gourmetfleisch.de“, zuversichtlich für das herbstliche Grillgeschäft: „Die Krise hat keine negative Auswirkung, eher im Gegenteil.“ Zu Beginn der Coronazeit wurde laut Meurer viel in den eigenen Haushalt investiert, auch in Grills, Feuertonnen, Dutch Oven, Smoker oder Outdoor-Küchen. „Die gekauften Geräte wollen gebraucht werden. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit gönnen sich die Leute zudem gerne etwas Besonderes und genießen die besondere Stimmung im familiären Umfeld.“
Die Trends, die Meurer sieht, entsprechen denen der vergangenen Jahre: Low & Slow, also Gerichte, die bei niedriger Temperatur eine längere Zeit garen müssen. Hierzu zählen Bratengerichte vom Rind, Schwein oder Geflügel, aber auch BBQ-Klassiker wie Spareribs oder Pulled Pork. „Wildgerichte wie eine gegrillte Rehkeule sind im Winter bei vielen Verbrauchern beliebt. Und immer dabei: Gans und Ente, vor allem in der Vorweihnachts- und Weihnachtszeit“, so Yannick Meurer.
Doch welche Grillprodukte sollte ein Händler auf jeden Fall in seinem Sortiment haben? Grillprodukte, die den BBQ-Lifestyle und die aktuellen Trends im Jahr 2023 widerspiegeln, gehören nach Ansicht von Bastian Baie auf jeden Fall ins Sortiment. Das Schlüsselwort für ein attraktives Grillangebot eines Händlers ist laut Beie „Vielfalt“. Neben erstklassigem Fleisch, das den Tierwohlstandards entspricht, sollten laut Baie auch vegetarische und vegane Alternativen sowie preiswerte Fleischcuts angeboten werden.
Ohne Steak geht’s nicht!
Steaks – in verschiedenen Marinaden – sind laut Tobias Metten ein Muss. „Und wenn die Bratwurst, wie vermutet, aufgrund der wirtschaftlichen Situation noch mehr an Bedeutung gewinnt, sollten sich die Händler mit einem breiten Angebot darauf einstellen.“ Fritz Floimayr, Inhaber des österreichischen Fleischverarbeiters „Gourmetfein“, meint: „Klassiker wie Bratwürstel, Käsekrainer, Chili-Cheese-Krainer, Berner Würstel, Grillkarree, Grillschopf sowie die jeweiligen Mix-Varianten sind im gut sortierten LEH das ganze Jahr über ein unverzichtbares Muss!“
Doch wie sehen das die Vertreter aus dem Handel? Fabrice Wagner, Fleischermeister bei Edeka Eble in Saarburg, hat beobachtet: „Auch in Zeiten der Krise wird an der Theke nicht gespart. Die Kunden sind nach wie vor bestrebt, sich etwas zu gönnen. An der Theke konnte ich keine Umsatzeinbußen feststellen, insbesondere nicht beim Grillsortiment.“ Gerade Geflügel, besonders von regionalen Erzeugern, sei gefragt, so Wagner. Vor allem Steaks und Spareribs stehen bei den Käufern hoch im Kurs. Weitere Trends für Wagner: vegetarische Produkte und Wildfleisch.
Keine Krisenstimmung im LEH
Von Krisenstimmung vor seiner Grilltheke kann auch Thomas Müller, Fleischermeister bei Rewe Tönnies in Odenthal, nichts spüren: „Die Verbraucher kommen aus dem Urlaub. Dort haben sie interessante Lebensmittel gesehen, die sie auch grillen oder nachmachen wollen.“ Eine besondere Stärke seiner Grilltheke ist die Bratwurst: Bei ihm kann der Kunde aus einem Sortiment von mehr als 50 Bratwurstsorten aus eigener Herstellung wählen. Das Spektrum reicht von der rohen, frischen Bratwurst bis zur Zwiebelbratwurst. „Diese Bratwurst ist inzwischen so beliebt, dass wir sie das ganze Jahr über in unserem Sortiment führen.“ Auch die Bärlauchbratwurst und die Wildschweinbratwurst seien Renner, so Müller.
„Das Thema Grillen zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Jahr und ist mittlerweile auf den Sommer fokussiert“, sagt Jörg Wagner, Edekaner in Coburg. „Wir spielen das Thema ‚Fleisch und Grillen‘ fast jede Woche auf unseren Kanälen. Wir versuchen, jede Woche eine Empfehlung auf Facebook zu geben.“ Vor allem jetzt, im Zuge der Krise, meint Wagner, sei vieles im Umbruch. „In den letzten drei Jahren sind wir sehr gut gefahren: Corona hat dem Grillvergnügen keinen Abbruch getan“, so Wagner. Vor allem das Thema „Wertschätzung von Lebensmitteln“ sei vorangebracht worden, so Jörg Wagner. Seit etwa einem Jahr geht es leider wieder bergab, sagt der Händler. Es wird wieder gespart, vor allem an Lebensmitteln. Es ist schade, dass jetzt wieder der Preis im Mittelpunkt steht. Die ganze Aufbauarbeit der letzten drei Jahre sei damit leider fast wieder verloren, so Wagner.
Sind Bratwurst und Co. vor dem Hintergrund eines wachsenden Gesundheits- und Umweltbewusstseins überhaupt noch zeitgemäß? „Wir probieren immer wieder neue Produkte aus, die diesen Trends entsprechen“, sagt Kim Hagebaum, Inhaber der Imbisskette „Extrawurst“. Dennoch stellt der Unternehmer fest, dass es offenbar ein Bedürfnis gibt, bei allem Gesundheitsbewusstsein auch mal zu sündigen, wie die guten Verkaufszahlen in seinem Unternehmen zeigen.