Interview Claudia Nikolai Von Ferrari lernen

Claudia Nikolai von der italienischen Handelskammer für Deutschland über ihre Arbeit und die Herausforderungen für italienische Food-Exporteure.

Donnerstag, 06. Oktober 2011 - Sortimente
Artikelbild Von Ferrari lernen

Die Italienische Handelskammer für Deutschland organisiert im Jahr rund 3.000 Geschäftskontakte für insgesamt etwa 1.500 Unternehmer und mehr als 50 Kontaktveranstaltungen. Geschäftsführerin Claudia Nikolai über die Chancen italienischer Artikel im LEH.

Warum sollten deutsche Händler italienische Produkte anbieten?
Claudia Nikolai: Die italienische Küche gehört zu den Lieblingsküchen der Deutschen. Ein italienisches Sortiment darf schon deshalb bei keinem Händler fehlen. Italienische Produkte sind in der Regel qualitativ wertvoll und sehr gesund. Sie zählen zur „mediterranen Kost“, die 2010 zum Weltkulturerbe deklariert wurde.

Der deutsche Verbraucher liebt italienische Produkte, will aber möglichst wenig bezahlen. Wie gelingt es, das zu ändern?
Eine durchgehende, bundesweite Kampagne, die mehrere Regionen und Konsortien umfasst, wäre eine gute Lösung. Dazu braucht man die Unterstützung der italienischen Regierung und die Kooperationsbereitschaft des deutschen LEH. Bislang wurden Promotion-Aktivitäten noch nicht gezielt durchgeführt. Deutschland ist Exportmarkt Nummer 1 für italienische Nahrungsmittel, aber das Preisniveau und die Nachahmerprodukte sind große Hürden auf dem Weg, sich durchzusetzen. Die Aktionswochen bei LEH-Ketten sind sehr gut für die Vermarktung neuer Produkte aus Italien, konzentrieren sich jedoch nicht auf das Kernproblem.

Welche Vorreiter gibt es, die in Deutschland erfolgreich sind?
Die Toskana, gefolgt von den Konsorzien für Parmigiano Reggiano und Prosciutto di Parma. Sie haben machen seit Jahren sehr gute Promotionkampagnen in Deutschland. Ihre Produkte sind bekannt. Auch Marken wie Barilla, Ferrero oder Lavazza sind etabliert. Ihr Erfolg resultiert aus dem Mix guter Vermarktungsstrategien und guter Produkte. Jetzt haben auch andere Regionen angefangen, sich Deutschland zu widmen: Apulien und Kalabrien wollen mit Aktionen bekannter werden.

Was sind die größten Sorgen italienischer Exporteure?
Der große Preisdruck im deutschen LEH. Die italienischen Produkte sind oft im hohen Preis- und Qualitätssegment angesiedelt. Ein großes Problem sind auch „pseudo-italienische “ Produkte im LEH. Der Verbraucher erhält nicht die notwendigen Informationen, um echt und nachgemacht zu unterscheiden. Hier ist eine gezielte Informationsaktion seitens der Händler, Hersteller und Regionen dringend notwendig.

Was tun die Italiener gegen diese Nachahmerprodukte?
Zu wenig. Ein Problem, das Verluste in Millionenhöhe für die italienische Nahrungsmittelindustrie bedeutet. Uns sind leider nur Einzelfälle bekannt, wo nach erfolgreichen Klagen Nachahmerprodukte aus den Regalen genommen wurden. Eine Informationskampagne ist notwendig. Der deutsche Verbraucher sollte in die Lage gesetzt werden, zwischen Nachahmerprodukt und echtem Produkt zu entscheiden. Zurzeit wird an einem Projekt zur Auszeichnung der italienischen Restaurants im Ausland gearbeitet, die „echte“ italienische Produkte verwenden. Eine ähnliche Auslobung sollte die italienische Regierung auch für Supermärkte und Feinkostgeschäfte einführen.

Wie wirken sich die italienische Politik und ihre Finanzprobleme auf die italienischen Hersteller von Lebensmittel aus?
Einige Reformen bei der staatlichen Wirtschaftsförderung, wie etwa die Schließung des Italienischen Instituts für Außenhandel (ICE) und die Kürzung einiger Budgets der Regionen, erschweren zurzeit die Gestaltung von wirkungsvollen Promotionskampagnen. Italien ist im Umbruch. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass es bald neue Strukturen gibt, die effektiver als die alten sein werden.

Was bedeutet die ICE-Schließung für die Anuga, wo doch Italien Partnerland der Messe ist?
Die Schließung von ICE als offizieller Durchführungsgesellschaft mitten in den Anuga-Vorbereitungen und der Hauptferienzeit in Italien hat für Verwirrung und Unsicherheit gesorgt.

Glauben Sie, dass Siegel wie die EU-Herkunftsschutz-Zeichen helfen oder nur noch mehr verwirren?
Die EU-Siegel sind eine Qualitätsgarantie, die für den Verbraucher unverzichtbar ist. Eine Informationskampagne sollte die Verbraucher über die Bedeutung dieser Siegel informieren. Wir haben letztes Jahr eine Aktion gestartet, in Zusammenarbeit mit der Region Toskana, und haben festgestellt, dass die Einführung neuer Produkte, wenn diese ein EU-Siegel haben, auf mehr Akzeptanz stößt.

Können Lebensmittelexporteure von Ferrari oder Prada lernen?
Ja, dass man mit hervorragenden Produkten und einer guten, kontinuierlichen Vermarktung eine hervorragende Positionierung auf dem deutschen Markt erreichen und beibehalten kann.

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Claudia Nikolai, Geschäftsführerin der Italienischen Handelskammer für Deutschland

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