Food-Start-up Voll auf die Nuss

Belgisches Viertel in der Kölner Neustadt. Ratternd wird das Tor in einem Hauseingang der Maastrichter Straße automatisch nach oben gezogen und macht den Weg zum Hinterhof frei. Nach einigen Schritten und Treppenstufen begrüßt der 25-jährige Lorenz Greiner den Besuch mit einem sympathischen Lächeln: „Herzlich willkommen bei Naughty Nuts! Ich bin Lorenz.“ Die Büroräume haben Loft-Charakter, ein moderner Mix aus hellen Möbeln, weißen und orangen Wänden – alles noch in der Mache, wie es sich für ein Start-up gehört. An diesem Ort dreht sich seit gut einem Jahr alles um die Nuss.

Naughty Nuts wurde im Herbst 2020 von Lorenz Greiner und seinem BWL-Studienfreund Benjamin Porten gegründet. „Die Idee hatten wir bereits 2019“, beschreibt Lorenz, der gerne geduzt werden will, die Gründungsphase. „Damals gab es aufgrund US-amerikanischer Strafzölle eine Erdnussbutterkrise, die dazu führte, dass auch Substitutionsprodukte wie Mandel- oder Cashewmus in deutschen Supermärkten knapp wurden. Der Handel sehnte sich damals nach einem deutschen Hersteller, um keine Billigmarken mehr aus den USA importieren zu müssen.“

Den beiden Betriebswirten war schnell klar, wie spannend der Nussmarkt ist – weiter angeheizt wurde ihr Enthusiasmus von aktuellen Ernährungsbewegungen, die Nüsse als Superfood anpriesen: vegan, gluten- und laktosefrei, proteinreich. Zudem gab es in diesem Food-Bereich keine Lifestyle-Marke und Love-Brand. „Weiter enthielten alle Massenprodukte Palmöl und raffinierten Zucker, was in unseren Augen nicht mehr zeitgemäß war“, ergänzt Lorenz. „Also nahmen wir uns vor, frischen Wind ins Sortiment zu bringen und eine spannende Marke aufzubauen. Mit Bioprodukten aus 100-prozentig natürlichen Zutaten – ohne Palmöl, ohne Zucker.“

Guter Start mit Influencern
Dabei sollte es nicht nur um Erdnussbutter als Brotaufstrich gehen. „Wir wollten und wollen vielmehr zeigen, wie vielfältig Nussmus ist und es zum Alltagsprodukt machen“, sagt Lorenz. „Morgens in der Bowl, im Porridge oder auf Pancakes, mittags im Salatdressing, abends im Curry. Oder als Ei- oder Sahne-Ersatz beim Backen, wie es in der veganen Küche sehr beliebt ist.“

Die Idee war also geboren, doch wie ging es weiter? „Am Anfang war viel naives Machen dabei, viel Ausprobieren“, erklärt Lorenz. „Während wir die Produktentwicklung im Haus machten, haben wir die Produktion direkt ausgesourct.“ 40 bis 50 europäische Nussmus-Produzenten kontaktierten die beiden Gründer und besuchten auch manche davon, um festzustellen, dass nur wenige Produzenten die gewünschten Produkte herstellen können: Nussmus aus Erdnüssen, Cashews, Haselnüssen oder Mandeln, ohne Palmöl und Zucker, dafür mit Frucht- und anderen Geschmacksnoten versetzt, zum Beispiel mit Blaubeeren, Kakaopulver oder Zimt.

Letztlich fiel die Wahl auf einen Produzenten in Italien. Als die ersten Muse im Herbst 2020 fertiggestellt waren, war die eingangs erwähnte Erdnusskrise längst beendet. Lorenz verweist jedoch darauf, dass die gängigen Sorten nach wie vor mit Palmöl und Zucker produziert wurden, sodass das Timing zum Markteintritt perfekt schien.

Am 18. Januar 2021 startete der Produktverkauf im eigenen Online-shop, zu Beginn mit fünf Sorten, die der Produzent in geringen Mengen anlieferte. „Man gab uns einen Vertrauensvorschuss und reduzierte die üblichen Bestellmengen“, verrät Lorenz. „Glücklicherweise lief der Verkauf sehr gut an, angekurbelt durch eine direkte Zusammenarbeit mit kleineren Influencern und Food-Bloggern, da wir uns die größeren nicht leisten konnten.“

Zwar gab es im Tagesgeschäft in den Folgemonaten einige Aufs und Abs, letztlich konnten Lorenz und Ben mit Naughty Nuts jedoch voll durchstarten und setzten im ersten Firmenjahr gleich mehr als eine Million Euro um. „Ziel ist es jetzt, den Umsatz von Jahr zu Jahr um den Faktor zwei bis drei zu steigern“, betont Lorenz. Mittlerweile arbeiten zwölf feste Mitarbeitende plus Praktikanten und Werkstudenten für das Kölner Food-Start-up.

Offline erweitert Online
Seit Mai 2021 sind die Nusscremes von Naughty Nuts auch im Handel gelistet und mittlerweile deutschlandweit bei 600 Händlern erhältlich. Laut Lorenz Greiner kannibalisieren sich Onlineshop und Retail nicht, beide Kanäle befruchteten sich vielmehr. „Im eigenen Shop können wir ganz genau sehen, welche Kunden was kaufen. Dafür ist im Retail die Sichtbarkeit unserer Marke extrem hoch, Tausende Leute sehen sie jeden Tag – ein tolles Schaufenster für uns.“ Weiter erwähnt der Jungunternehmer, dass im Online-shop zwar eine bessere Marge erzielt werden würde, man durch die höheren Stückzahlen im Handelsgeschäft für Produzenten jedoch interessanter geworden sei.

Während im Handel pures Erdnussmus für etwa 5 Euro am gefragtesten ist, bilden online die über 8 Euro kostenden Sorten Peanut Salted Caramel und Haselnuss Choco Crush die Topseller. „Unter den Online-Käufern sind die richtigen NussmusFans, die die teureren Sorten nachfragen“, erklärt Lorenz die unterschiedlichen Präferenzen. „Im Handel gibt’s dagegen eine größere Preissensitivität, dort laufen die preiswerteren Sorten besser.“

Für die Zukunft hat sich Naughty Nuts viel vorgenommen. „Wir wollen das weltweit beste Nussmus anbieten“, sagt Lorenz grinsend. „Außerdem wollen wir die Marke rund ums Superfood Nuss in Europa werden, auch im Snacking- und Convenience-Bereich.“ Von dem Kölner Start-up Naughty Nuts dürfte also noch einiges zu erwarten sein.