Gewürze Auf die Mischung kommt es an

Ein leckeres Wagyu-Entrecote oder Pollo fino – nur Vegetarier würden hier Nein sagen. Doch ganz ohne Gewürze pur auf dem Grill zubereitet? Nein danke. Gewürze geben dem Essen erst den richtigen Kick.

Montag, 15. August 2022 - Sortimente
Silvia Schulz
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Zwei Beispiele aus dem Premium-Bereich: Andaliman-Pfeffer ...
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Gewürze sind die Essenz jedes Gerichts. Ob Hausmannskost oder Exotisches, ohne Kräuter und Gewürze wäre beides langweilig und fad. Dabei ist die viel gerühmte Kunst des Würzens tatsächlich eine Kunst. Sie erfordert Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Experimentierfreude.

Den Trend nach Gewürzen und Gewürzmischungen hat der Lockdown mit Restaurantschließungen befeuert. Die Verbraucher zelebrierten den Einkauf als Ersatz fürs Ausgehen und haben mit allen Sinnen gekauft. Die Lust am Experimentieren in der Küche hat alle Schichten der Bevölkerung erfasst.

Dabei hat die Verwendung der Gewürze eine lange Geschichte. Die Tradition des Würzens reicht bis in die Antike und darüber hinaus zurück. Nun ist diese in den letzten Jahren mit jahrelanger Verspätung auf die unzähligen Kochshows in Funk und Fernsehen zu wahrer Blüte herangereift. Verbraucher sind bei Gewürzen und Gewürzmischungen sehr probierfreudig geworden und suchen Vielfalt und Abwechslung.

Gute Aussichten also für etablierte und bekannte Unternehmen und Chancen für Start-ups. Gut vor allem deshalb, weil der Markt so vielseitiger und vielschichtiger wird. Zudem ändern sich Ernährungsgewohnheiten von Jahr zu Jahr. Ernährung avanciert für manch einen Verbraucher zur Religion. Marktbedürfnisse und individuelle Kundenbedürfnisse sind allein schon durch regionale Unterschiede nicht nur vorhanden, sie ändern sich. Damit haben Einsteiger, die eine Nische bedienen, gute Chancen, sich auf dem Marktplatz der Gewürze und Gewürzmischungen zu etablieren.

Der deutsche Fachverband der Gewürzindustrie weist für 2020 ein Plus von 1,7 Prozent beim Import von Gewürzen aus. Das Marktforschungsunternehmen Mordor Intelligence Private Limited, Sitz Indien, hat für den Prognosezeitraum 2020 bis 2025 dem globalen Gewürzmarkt eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 4,7 Prozent prophezeit.

Dabei ist es nicht so, dass Covid-19 den Markt ausgebremst hat. Vielmehr hat der Markt für Gewürze und Würzmittel einen rasanten Aufschwung erlebt. Einige ausgewählte Gewürze, die Immunität verleihen sollen, wie Kurkuma, Ingwer und Knoblauch, haben von Verbrauchern seitdem weltweit eine enorme Resonanz erhalten. Gewürze und Kräuter sind stärker auf Gesundheit und Wellness ausgerichtet.

Auch die Hersteller von Lebensmitteln haben die Anwendung von Gewürzen und Gewürzmischungen erhöht, um dem Geschmack und den Vorlieben der verschiedenen Ethnien der Verbraucher auf der ganzen Welt gerecht zu werden. Ein Blick ins Supermarktregal genügt. Laut Mordor Intelligence haben Produkte wie Ingwer, getrocknete Paprika/Piment, unzerkleinerter Pfeffer, Kurkuma, Zimt und Nelken das größte Wachstumspotenzial. Dazu bei tragen ernährungsphysiologische Vorteile.

Zudem haben die veränderten Ernährungsgewohnheiten und die nach neuen Geschmacksnuancen suchenden Verbraucher mit der Neigung zur asiatischen Küche, die von Haus aus mehr Gewürze in die Ernährung einbezieht, einen erheblichen Anteil am Marktwachstum.

Präferenz Gesundheit

Europäer und Deutsche streben einen gesunden Lebensstil an und suchen nach gesunden Ernährungsoptionen. Auch wenn die Verbraucherumfrage von International Food Ingredients schon fünfzehn Jahre alt ist, brachte sie zutage, dass sechzig Prozent der deutschen Verbraucher nach gesunden Lebensmitteln und Getränken verlangen.

Derselbe Trend ist bei Kräutern und Gewürzen festzustellen. Kräuter und Gewürze sollen dem Essen nicht nur Geschmack verleihen, sondern Verbraucher verwenden Gewürze wegen der damit verbundenen großen gesundheitlichen Vorteile. So wie Zimt den höchsten antioxidativen Wert und Basilikum antibakterielle Eigenschaften hat, stärkt Kurkuma die Gehirnfunktion. Nahezu alle Gewürze und Kräuter werden mit mehreren gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht. Die wachsende Nachfrage nach Gewürzmischungen trägt auch zum Wachstum des Gewürzmarkts bei. Auf dem Markt tummeln sich große Gewürz-Hersteller, Start-ups, aber auch Köche wie Alfons Schuhbeck, Johann Lafer und Patrick Eisermann. „Gute Gewürzmischungen erkennt man schon beim Öffnen. Sie müssen kräftige Farben haben. Die Gewürze müssen sauber sein und im Idealfall schon unzerstoßen grob gut riechen“, erläutert Gewürzhändler Christian Ganser.

In einem Interview zum Thema Gewürzmischungen verwies Eisermann darauf, dass eine klare Vorstellung vom Verwendungszweck gewiss hilfreich ist. Denn „sonst besteht die Gefahr, dauerhaft zwischen ‚für Fisch‘ oder doch ‚Allrounder‘ zu wanken“, sagt er. Zudem dürfe eine Mischung einfach sein. „Wenn der gebeizte Wildlachs mit Safran, Vanille, Zimt und Kokosblütenzucker großartig schmeckt, dann stimmt auch die Mischung“, so Eisermann. Solch eine Mischung dürfe spontan über Nacht entstehen. Auf jeden Fall aber sollte sie aus hochwertigen Gewürzen sein; außerdem sei das Anrösten bestimmter Gewürze sehr wichtig und könne oft den Unterschied ausmachen. „Zu den Don’ts fallen mir spontan nur zwei Punkte ein: schlechte Qualitäten einkaufen und die Einstellung „Ich muss noch schnell so eine Gewürzmischung zubereiten“, meint er. Und für Verbraucher, denen schlichtweg das Händchen oder die Zeit für die Herstellung einer passgenauen Gewürzmischung fehle, habe der Supermarkt eine große Auswahl.

Mischungen im Trend

Auch auf der 4. Mitteldeutschen Warenbörse konnten Fachbesucher sich über neue und alte Gewürzmischungen informieren. Aus Niedersachsen war beispielsweise Frau Poppes dabei. Sie bietet Frikadellen-Mix und weitere Gewürzmischungen an. Der Claim „Blindes Vertrauen in guten Geschmack“ ist Programm. Frau Poppe selbst ist blind und pro verkaufte Tüte gehen daher 5 Cent an den Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband.

Der Landhof Gano aus Sachsen setzt dagegen bei seinem Hauptprodukt, dem Knoblauch, auf ökologischen Anbau. Erhältlich ist er frisch, getrocknet und veredelt in verschiedenen Gewürzmischungen. Auch HerbaPack aus Thüringen, Dienstleister für private Label und Handelsmarken, setzt zu 100 Prozent auf Bio.

Wie wichtig und bedeutungsvoll Gewürze und Gewürzmischungen sind, wird mit der Ausbildung zum Gewürz-Sommelier unterstrichen.

Wer die meisten Gewürze liefert

  • Pfeffer: Brasilien, Vietnam
  • Paprika: China, Spanien
  • Koriander: Russische Föderation, Ukraine und Rumänien
  • Muskatnuss: Indonesien
  • Zimt: Vietnam, Indonesien und Madagaskar
  • Wacholderbeeren, Anis, Sternanis, Kümmel, Fenchelfrüchte: Ägypten, China

Ausbildung zum Gewürzsommelier

Die 7. Qualifikationsrunde der Gewürz-Sommeliers fand im Juni mit der Übergabe der Zertifikate ihren krönenden Abschluss. Die Absolventen erarbeiten sich in der Ausbildung umfassende Kenntnisse über die Welt der Gewürze und des Geschmacks. Neben Gewürzkunde, Einheiten zu Garten- und Wildkräutern steht stets ein intensives Sensorik-Training im Mittelpunkt der Seminarreihe. Woran man qualitativ hochwertige Gewürze erkennt, wird genauso behandelt wie ihre Heil- und Gesundheitswirkung. Die zweitägige abschließende Prüfung ist anspruchsvoll. Interessierte finden auf den Seiten der Genussakademie Bayern alles rund um das Thema Gewürz-Sommelier und Stipendium, denn die Adalbert-Raps-Stiftung vergibt vor jeder neuen Qualifikationsrunde drei Stipendien in Höhe von je 2.500 Euro.

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Bild öffnen Aromatisch würzen: Mit fertigen Mischungen hat es der Kunde leichter als mit einzelnen Rohstoffen.
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Bild öffnen ... und die Chiltepin-Pflanze mit ihren typischen roten Kapseln.
Bild öffnen Extra-Nachhaltigkeitstipp:
Eine Vanilleschote kann bis zu 100-mal aufgekocht und wieder getrocknet werden.

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