Schamel Schön scharf

Schamel – in nun 176 Jahren hat sich das Familienunternehmen zum Inbegriff von Meerrettich (oder „Kren“, wie er in Südbayern heißt) entwickelt. Darauf ausruhen will sich Matthias Schamel (Foto) aber nicht.

Freitag, 28. Januar 2022 - Sortimente
Reiner Mihr
Artikelbild Schön scharf
Bildquelle: Schamel

Sahnemeerrettich ist nicht alles. Innovation und Vielfalt sollen das Angebot von Schamel auszeichnen. Und „jünger“ soll es werden. Fragen an Geschäftsführer Matthias Schamel.

LP: 176 Jahre Schamel – Sie führen das Unternehmen in 6. Generation. Herr Schamel – belastet das?
Matthias Schamel: Nicht oft. Klar, ich trage Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Kunden, aber auch der Generation davor und danach. Und der Marke gegenüber sowieso. Aber ich mache das gerne.

Was waren für Sie im Rückblick die Meilensteine in dieser doch sehr langen Zeit?
Nachdem 1846 der Grundstein für Unternehmen und Marke gelegt war, wurde systematisch Wissen über Meerrettich angesammelt. Und meine Vorfahren sind sehr schnell in die Vermarktung gegangen. Die logische Folge war der Export in großen Gebinden in die ganze Welt, sodass wir überregional, international bekannt wurden. Dann hatte mein Urgroßvater 1914 die Idee, Meerrettich genussfertig im Glas anzubieten, so wie man Meerrettich heute hauptsächlich kennt und kauft. Eine Umwälzung. Und seit einiger Zeit befassen wir uns intensiv damit, unser Angebot zu verfeinern.

Was heißt das?
Wir kommunizieren neue Anwendungsmöglichkeiten über unsere Homepage, Social Media, Rezepthefte und Koch-Apps wie Kptn. Cook. Es gibt immer wieder neue Sorten und Geschmacksrichtungen, auch 2022 sind weitere Neuheiten geplant. Dann kooperieren wir mit anderen Unternehmen, zum Beispiel mit Kloster Kitchen, die einen Ingwer-Shot mit Schamel-Meerrettich anbieten. Es geht darum, Meerrettich auch anders zu erleben. Auch ist zu wenig bewusst, dass wir hier ein natürliches und schmackhaftes Produkt mit Inhaltsstoffen verkaufen, die sehr positive Eigenschaften haben.

Fast in der gesamten Ernährungsbranche wird über Probleme bei Rohstoffen und der Lieferkette geklagt. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Ja, auch bei uns ein Thema. Corona-Auswirkungen, Papier, Glas, Deckel ... Die Preise steigen hier wie noch nie. Auch wenn wir uns schon frühzeitig darauf eingestellt haben und die Versorgungssicherheit nicht gefährdet ist, kommen wir um Preisanpassungen nicht herum.

Sehen Sie es mir nach: Was unterscheidet bayerischen von anderem Meerrettich?
Der bayerische Meerrettich ist eine geschützte geografische Herkunftsbezeichnung. Er wird hauptsächlich in und um Baiersdorf herum angebaut und muss auch in Bayern verarbeitet werden. Wir sind übrigens der größte Abnehmer des bayerischen Krens, wie Meerrettich bei uns in Franken genannt wird. Wir kaufen fast die komplette Ernte aus Bayern auf. An unserem Stammsitz in Baiersdorf wird seit rund 500 Jahren Meerrettich angebaut und ist damit das traditionsreichste Anbaugebiet der Welt, hier stimmen alle Voraussetzungen wie Boden und Klima. Nicht umsonst wird Baiersdorf auch die Meerrettichstadt genannt.

Kaufen Sie auch zu?
Ja, tun wir auch. Etwa die Hälfte dessen, was wir verarbeiten, kommt aus Bayern. Der Rest aus anderen Bereichen Deutschlands sowie aus Österreich und Ungarn. Übrigens: Meerrettich-Anbau ist für Bauern arbeitsintensiver als beispielsweise Kartoffelanbau, weil sehr viele einzelne Arbeitsschritte – oft noch von Hand – nötig sind. Zur Veranschaulichung: Eine Kartoffel benötigt etwa 50 Arbeitsstunden pro Hektar, beim Meerrettich sind das 1.000 Stunden.

Jetzt ist Meerrettich wahrscheinlich nicht das Sortiment, worüber der Lebensmittelkaufmann ständig nachdenkt. Was macht Meerrettich für den LEH interessant?
Wir sehen gerade, dass sich der Markt für Meerrettich sehr gut entwickelt. Das liegt nicht zuletzt an den vielen positiven Inhaltsstoffen, wie beispielsweise den ätherischen Ölen. Wir stellen fest, dass solche Eigenschaften besonders unserer jüngeren Zielgruppe immer wichtiger werden. Gerade in den Wintermonaten und zu Ostern, aber auch beim Grillen darf Meerrettich nicht fehlen. Und groß nachdenken braucht der Kaufmann auch nicht, mit dem Marktführer Schamel kann er nichts falsch machen.

Wie groß ist der Markt?
Ca. 52 Millionen Euro.

Und Ihr Anteil?
Über 30 Prozent.

Welche Rolle spielt der Lebensmittelhandel für Sie?
Eine große. Deutlich über 60 Prozent beträgt sein Anteil am Umsatz, aber wir arbeiten auch für die Industrie und die Gastronomie sowie für die Pharmaindustrie.

Meerrettich – Pardon – kommt mir weniger hip vor. Erreichen Sie jüngere Zielgruppen?
Und wie! Wir arbeiten spätestens seit 2019 intensiv an der Verjüngung der Marke: Kommunikation, Gestaltung, Auftritt. Wir unterstützen intensiv Trendsportarten, wir fördern unser Cyclo-Cross-Team, haben ein eigenes Ultra-Trail-Running-Team und ab diesem Jahr auch ein kleines Team im MTB-Downhill. Dabei sind wir vor allem für regionale Sportler aktiv. Wir erreichen damit zunehmend jüngere Zielgruppen.

Reicht das denn?
Nicht ganz. Social Media gehören auch dazu. Und die bereits erwähnten neuen Verwendungsmöglichkeiten. Junge Menschen brauchen Rezepte, die für sie relevant sind, beispielsweise Pizza oder Pasta mit Meerrettich, Drinks oder auch mal einen Nachtisch mit Meerrettichschärfe. Auch Kooperationen mit Koch-Apps und trendigen Rezepten kommen bei den jungen Leuten gut an.

Sie könnten doch auch noch anderes machen als „nur“ Meerrettich – der Feinkostbereich bietet doch ein paar Möglichkeiten …
Klar, haben wir in der Vergangenheit auch schon gemacht – zum Beispiel mit Senf oder Ketchup. Aber wir fokussieren uns nun auf unsere Kernkompetenz – den Meerrettich. Alle Produkte, die wir produzieren, haben zumindest einen kleinen Anteil von Meerrettich. Wir sind ein klassisches mittelständisches Familienunternehmen. Konzentration zahlt sich da aus.

Nach der 6. kommt die 7. Generation, richtig?
Die 7. Generation ist schon auf der Welt, hat aber mit 9 und 13 Jahren noch etwas Zeit. Die aktuelle Generation hat immer den Auftrag, das Unternehmen und die Marke weiterzuentwickeln und es gesund für die nächsten Generationen aufzustellen. Dann kommt die Motivation der Kids oft von alleine – sie müssen das auf jeden Fall wollen.

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