Der Markt der süßen Brotaufstriche zeigte im vergangenen Jahr eine ganz besondere Dynamik. Auslöser war das Corona-Virus. Die zeitweisen Lockdowns zwangen die Menschen in die eigenen vier Wände, und das zog einen verstärkten In-Home-Konsum nach sich, an dem die Markenanbieter partizipierten. Im Handelssegment LEH+DM, ohne Aldi, Lidl, Norma, wuchs der Konfitürenmarkt um 9,6 Prozent auf 462,6 Mio. Euro (Nielsen). Mengenmäßig ergab sich hier auf Kilogramm-Basis immerhin ein Plus von 7,9 Prozent.
„Mit einem Umsatzplus von 19,2 Prozent ist es den Darbo-Konfitüren im Jahr 2020 gelungen, noch dynamischer als der Markt zu wachsen“, stellt Martin Darbo, Vorstandsvorsitzender der A. Darbo AG, inStans/Tirol, heraus. Damit sei der wertmäßige Marktanteil auf 5,2 Prozent gesteigert worden (Jahr 2019: 4,9 Prozent). Die gewichtete Distribution der Marke lag im vergangenen Jahr bei 71 Prozent, wobei diese in Spitzenmonaten schon auf den Rekordwert von 80 Prozent geklettert sei, sagt Darbo. „Damit erreichen wir immerhin schon knapp 10.000 verkaufende Geschäfte, und diese Zahlen beweisen, dass wir weiterhin im deutschen Markt sehr gut vorankommen.“ Einer der Erfolgsgaranten ist das umsatzstärkste Segment, die Darbo Naturrein-Konfitüren im 450-Gramm-Glas. Die Range verzeichnete ein wertmäßiges Plus von 22,8 Prozent, und das machte sie zum Segment mit der höchsten Zuwachsrate. Daraus resultiert laut Darbo ein Anstieg des Marktanteils auf aktuell 3,5 Prozent.
Zentis partizipiert ebenso am expansiven Marktgeschehen und hat nach eigenen Angaben 2020 ein Umsatzplus von 8,7 Prozent (Nielsen Jahrespräsentation 2021) erzielt. Die positive Entwicklung in Aachen wird laut Oliver Böcker, Gesamtgeschäftsleiter Marke, vor allem getragen vom Erfolgssortiment „Zentis 50 % weniger Zucker“ sowie der im vergangenen Jahr eingeführten Erdnussbutter, die als „hochwertige Alternative zu den klassischen Nuss-Nougat Cremes“ positioniert wird.
Weniger Zucker kommt beim Verbraucher gut an
Die besondere Marktdynamik bestätigt Lisa Marie von Lojewski, Senior Brand Managerin Natural Spreads bei den Schwartauer Werken: „Das Konfitürensegment zeigte schon im Januar und Februar des vergangenen Jahres einen deutlichen Aufwärtstrend, der im weiteren Verlauf durch die Corona-Pandemie zusätzlich verstärkt wurde.“ Die Schwartauer Werke konnten so nach eigenen Angaben im derzeit wachsenden Konfitürenmarkt überproportional wachsen und weitere Marktanteile gewinnen. Als markanter Treiber des Wachstums wird die vergleichsweise noch recht junge Range Schwartau „Weniger Zucker“ genannt, die es mittlerweile in sechs Sorten gibt. Sie kam 2019 auf den Markt und hat 30 Prozent weniger Zucker im Vergleich zu herkömmlichen Konfitüren.
Insgesamt bestätigt sich aus Herstellersicht hier die „Zuckerreduktion“ als absolutes Top-Thema. Ebenso präferiert der Verbraucher naturbelassene Produkte mit natürlichen Zutaten, hohe Fruchtanteile, Authentizität und passierte Konfitüren. Das passt somit nicht zu Zucker-alternativen, beispielsweise Süßstoffe, da Verbraucher sie meist als „unnatürlich“ empfinden und sie geschmacklich auch nicht immer überzeugen können.
Abwarten beim Nutri-Score
Ob der Nutri-Score, der Süßstoffe positiver als Zucker bewertet, eine Änderung des Kaufverhaltens hervorruft, bleibt abzuwarten. Ebenso registrieren die Hersteller eine Premiumisierung und damit verbunden eine steigende Nachfrage nach besonderen Qualitäten sowie eine abnehmende Preissensibilität. Das unterstreicht auch Marion Junge, Marketing-Managerin bei Genuport.
Was den Nutri-Score angeht, ist bei den Herstellern noch eine gewisse Zurückhaltung zu erkennen. Dennoch beschäftigen sich die Markenartikler damit. Müssen sie auch, da die Handelsmarken darin sicherlich bereits ein Differenzierungs- und Profilierungselement ausgemacht haben, obwohl sie nicht im grünen Bereich liegen werden.
„Natürlich befürworten wir die Einführung des Nutri-Scores und sehen ebenfalls einen starken Nutzen für den Verbraucher durch die transparente Kennzeichnung der Nährwerte von Lebensmitteln, wenngleich ernährungsphysiologisch der Wert fast aller Konfitüren und Fruchtaufstriche beim Score C liegt. Aktuell befinden wir uns in der Bewertung unserer Produkte und treffen Vorbereitungen, damit wir den Nutri-Score auf unseren Produkten einführen können“, sagt Lisa Marie von Lojewski bei den Schwartauer Werken.
Eine Auslobung des Nutri-Scores ist bei Zentis aktuell nicht geplant. „Allerdings beobachten wir die Entwicklung dieser Kennzeichnung und evaluieren ein entsprechendes Labeling in regelmäßigen Abständen“, heißt es in Aachen.
Martin Darbo sagt, dass alle Produkte mit der Nährwerttabelle versehen seien. „Damit geben wir detaillierte Auskunft sowohl über die Inhaltsstoffe als auch über die Nährwerte. Hinsichtlich des Nutri-Scores warten wir die gesetzlichen Vorgaben ab, die idealerweise von Brüssel und hoffentlich einheitlich für die EU geregelt werden.“
Vegan spielt bislang eine untergeordnete Rolle
Im Vergleich zu anderen Warengruppen schlägt das Produktmerkmal „vegan“ bislang bei den Konfitüren nicht stark durch. Fruchtaufstriche seien grundsätzlich oder überwiegend vegan/vegetarisch oder Verbraucher erwarten keine Zutaten tierischen Ursprungs in Fruchtaufstrichen, wird argumentiert. Das sieht man bei Genuport ein wenig differenzierter. Vor allem die Nachfrage nach süßen Brotaufstrichen mit höherer Wertschöpfung wie „bio“ oder „weniger Zucker“, aber auch „vegan“ sei gestiegen, sagt die Marketing-Managerin. Genuport bietet mit der italienischen Marke Rigoni di Asiago Produkte in Bio-Qualität, wie zum Beispiel Aufstriche aus 100 Prozent Früchten ohne zugesetzten Kristallzucker. Die Zubereitung erfolgt ohne Aufkochen, wodurch „natürlicher Geschmack und wertvolle Nährstoffe bewahrt würden“, heißt es in Norderstedt. Und mit der milchfreien Variante der Bio-Nuss-Nougat-Creme „Nocciolata“ von Rigoni di Asiago ist auch ein veganer Schoko-Aufstrich im Portfolio, der gleichzeitig palmölfrei ist. Neu im Sortiment ist der Aufstrich der italienischen Marke Valsoia la Crema, der als echte Innovation im Regal der süßen Brotaufstriche herausgestellt wird: „Haselnuss-Kakaocremes ohne industriellen Zucker sind bereits im Gesundheits- oder Sporternährungsbereich zu finden, aber Valsoia schafft es mit dem veganen Neuprodukt, verschiedene Vorteile zu kombinieren, ohne Verzicht auf geschmacklichen Genuss“, konstatiert die Marketing-Managerin. Eine Kombination aus Hafer und Maltit sorgt hier für die Süße.
Kunden erwarten Alternativen zu den Klassikern
Auch Zentis führt an, dass bei den Nuss-Nougat-Cremes der Trend zu einer „genussvollen und bewussten Ernährung“ an Bedeutung gewinne. Der Umsatz in dieser Kategorie stieg im vergangenen Jahr laut Nielsen um 13,6 Prozent. Oliver Böcker verweist aber auch darauf, dass Varianten zur klassischen Nuss-Nougat-Creme verstärkte Nachfrage verzeichnen und verweist auf die 2020 eingeführte Zentis Erdnussbutter, der er ein „signifikantes“ Wachstum von 32 Prozent attestiert (Nielsen 2020). Das zieht auch andere Marktteilnehmer an. Allos (Ecotone, ehemals Royal Wessanen) plant im Sommer den Markteintritt mit einem Sortiment von Nussmusen unter der britischen Marke Whole Earth. Der Fokus der Range liegt auf Erdnussbutter-Produkten, aber auch Mandelmus ist dabei. Die Erdnussbutter-Produkte auf dem britischen Markt reichen von klassischen Varianten in smooth oder crunchy, konventionell bis Bio, über Varianten ohne Zuckerzusatz bis zu Produkten mit nur einer Zutat: 100 Prozent Erdnuss.
Erfolgreich unterwegs ist wohl auch Mondelez. Und die Milka ist ja auch eine Alternative zum Marktführer. „Unsere Milka Haselnusscreme konnte sich seit Einführung im März 2020 erfolgreich im Segment etablieren. Zurzeit sind wir das Markenprodukt Nummer zwei im Segment (Nielsen Deutschland, Aufstrich-Markt der Schoko- und Haselnusscremes exklusive Eigenmarken, LEH+DM, Umsatz, 2020).“ Und die erfolgreiche Einführung bestärke das Team darin, weiterhin an diesem Kernprodukt zu arbeiten und Reichweite sowie Distribution auszubauen, heißt es in Bremen. Dafür setzt Mondelez nach wie vor auf Media-Unterstützung (TV, Digital) und eine große bundesweite Sampling-Aktion in Bäckereien in ganz Deutschland, um das Produkt, das mit Sonnenblumenöl hergestellt wird, beim deutschen Verbraucher noch bekannter zu machen.