Brot und Backwaren SB-Regal bleibt Umsatzmotor

In einem schrumpfenden Markt sind Vollsortimenter die favorisierte Vertriebslinie in Sachen Brot. Der Nutri-Score rückt 2020 in den Fokus. Zudem wird es bei der Logistik spannend.

Freitag, 21. Februar 2020 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild SB-Regal bleibt Umsatzmotor
Bildquelle: Carsten Hoppen

Qualitätsorientiert und in Kauflaune: So fasst die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Consumer Insight 12/2019 die Gemütslage der Konsumenten im vergangenen Jahr zusammen. Gestiegene Reallöhne und eine von vielen als gut eingeschätzte finanzielle Situation führten unterm Strich zu seiner gestiegenen Qualitätsorientierung: Waren es 2018 53 Prozent, die beim Einkauf auf Qualität achten, waren es 2019 55 Prozent – 2013 lag der Wert bei 49 Prozent. Dass Preis eben nicht alles sei, so die GfK, zeigt ein Blick auf die Vertriebslinien: Es profitierten laut Consumer Insights vor allem die Food-Vollsortimenter im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH): „Der Shopper verlangt neben akzeptablen Preisen auch eine angenehme Einkaufsatmosphäre und ein attraktives Angebot an ökologisch nachhaltigen Produkten.“

Angenehme Einkaufsatmosphäre
Und genau diese Balance zwischen guten Preisen, einer angenehmen Einkaufsatmosphäre und einem Sortiment, das auch den heutigen ökologischen Ansprüchen entspricht, hätten Food-Vollsortimenter in der Wahrnehmung der Shopper besser hergestellt als die Discounter. Unterm Strich verzeichneten Vollsortimenter mehr Shopper und mehr Frequenz.

Da wundert es nicht, dass Verbrauchermärkte in der Gunst der Kunden beim Kauf von Brot- und Backwaren 2019 sowohl im Volumen als auch im Umsatz zulegten (0,5 beziehungsweise 3,7 Prozent; Quelle Nielsen). Im Discount sanken Volumen (- 4 Prozent) und Wert (- 2,1 Prozent) noch deutlicher als im Vorjahr.

Für massive Bewegung sorgte im Markt die – nun endgültige – Insolvenz von Kronenbrot im Sommer. Damit fiel der Lieferant etwa für Aldi oder Netto Marken-Discount aus. Kurzzeitig gab es sogar Nachschubprobleme mit Regallücken. „Die Versorgung nach der Insolvenz ist durch den gesamten Markt gut abgefedert worden“, sagt Karina Alikhan, bei Harry-Brot Leiterin PR/Kommunikation. Lieken-Vorstand Andreas Utasch fand es „beeindruckend, wie alle beteiligten Bereiche die Auswirkungen mit einer Vorlaufzeit quasi von heute auf morgen aufgefangen haben“. Doch er sagt auch: „Langsam wird es knapp mit den Kapazitäten am Markt und jede weitere Schieflage oder Insolvenz kann größere oder längere Regallücken zur Folge haben.“

Harry-Brot übernahm von Kronenbrot den Produktionsstandort Witten. Produktionsgegebenheiten und -qualität konnten dort zügig auf Harry-Niveau angepasst werden, wie Karina Alikhan sagt. Inzwischen sei die Sandwichlinie voll ausgelastet. Für Harry-Brot sicher ein unverhofftes Ass im Ärmel: Denn im Bereich Toastbrot ist laut Alikhan vor allem bei der Marke das Sandwich der Umsatzmotor. Sie spricht von mehr als 20 Prozent Zuwachs. Toast entwickele sich auch positiv, aber eher unterdurchschnittlich, so die PR-Leiterin. In Witten gehen für den Schenefelder Großbäcker die Investitionen aber erst in diesem Jahr richtig los: Um den Standort zukunftsfähig auszubauen, müsste in Modernisierung und Automatisierung der Abläufe investiert werden. Wie viel, das ließ sie offen.

Insgesamt war Harry-Brot 2019 „sehr erfolgreich: „Das geplante Wachstum von 4,3 Prozent auf einen Umsatz von 1,05 Milliarden Euro wird mehr als erreicht werden.“ Eine größere Investition für Harry steht auch in Oer-Erkenschwick an: Dort soll mit dem Bau einer neuen Vertriebsstelle im Harry-Frischdienstnetz eine Modernisierung der logistischen Abläufe erreicht werden. Größere Hallen für die Zusammenstellung der täglichen Touren ermöglichten effizientere Abläufe. Für Oer-Erkenschwick spricht, „dass die Fahrkilometer gleich bleiben, dabei aber weniger Stadtkilometer anfallen“, sagt Alikhan.

Frischdienst oder Zentrallager
Während Harry-Brot also weiter über einen täglichen Frischdienst mit eigenen Fahrern den Handel beliefert, setzt Lieken ab Ende März 2020 auf ein Zentrallagersystem. Vorstand Andreas Utasch verweist vor allem auf die ökologischen Vorteile der Lösung wie den Wegfall der CO2-Emissionen durch die bislang etwa 100.000 Lkw-Kilometer jährlich, sieht aber auch Vorteile für den Handel: weniger Out-of-Stocks oder weitere Optimierungsmöglichkeiten der eigenen Frachtstrukturen. Beim Blick ins Regal zeigt sich: Das Toast- oder Sandwich-Angebot wird immer vielseitiger. Lieken setzte mit limitierten Sorten Impulse: „Die Marke Golden Toast konnte 2019 ihre Marktführerschaft mit einem Marktanteil von 22,8 Prozent im Segment Toastbrot weiterhin behaupten“, sagt Markus Geprägs, Direktor Marketing. „In der für Lieken sehr wichtigen Markenkategorie Sandwichbrot sehen wir zudem im MAT 11/2019 mit 11,1 Prozent weiterhin stärkeres Umsatzwachstum als in den anderen SB-Kategorien.“

Nicht ganz so dynamisch wie Sandwich verhalte sich das Segment Vollkornbrot, doch es wachse und schlage sich unverändert gut: „Die Marke Lieken Urkorn wächst und rangiert mit einem Marktanteil von 19,6 Prozent auf dem ersten Platz im Segment“, sagt Geprägs. Er bricht eine Lanze für das SB-Regal: „Das SB-Regal ist trotz der Backstationen das dominierende Segment mit dem größten Marktanteil.“ Und zwar sowohl im Volumen (506.000 Tonnen vs. 1,05 Millionen Tonnen) als auch beim Umsatz. „Das SB-Regal gewann zum MAT 11/2019 2,2 Prozent zum Vorjahr hinzu.“

Das Schnittbrot, stand 2019 für ein Drittel der Gesamtumsätze mit Brot und Aufbackwaren von 2,6 Milliarden Euro, nämlich 905,2 Millionen Euro. Der Absatz ging mit 4,7 Prozent noch deutlicher zurück als der Umsatz mit 1,7 Prozent.

Im Segment Schnittbrot sind auch die Brote von Großbäcker Mestemacher zu verorten wie Pumpernickel oder die Roggenvollkornbrote. Umso stolzer waren Albert und Ulrike Detmers aus der Gruppengeschäftsführung über das Umsatzplus von 1,9 Prozent für 2019. Die Gütersloher verbuchen mit 165,9 Millionen Euro Umsatz den höchsten Umsatz in der Unternehmensgeschichte. Nach eigenen Angaben sind die Gütersloher Weltmarktführer für ungeöffnet lange haltbare Vollkornprodukte. Mit den Spezialitäten sieht sich der Großbäcker im SB-Regal erfolgreich positioniert, so Albert Detmers. Auch für die Marke Aerzener soll das Spezialitäten-Portfolio ausgebaut werden, „um unabhängiger von Eigenmarken zu werden“, wie Albert Detmers betonte. Der Bio-Anteil bei Brot beträgt derzeit 25 Prozent, auf das Gesamtsortiment gesehen etwa 80 Prozent.

Die Gütersloher wollen weiter auf den anhaltend starken Gesundheitstrend setzen, „der Nutri-Score hilft uns in der Kommunikation“, sagt Ulrike Detmers. Bis Ende des Jahres sollen alle Produkte der Marke Mestemacher das Label tragen. Fast 69 Prozent tragen dabei die Note A (sehr gute Nährstoffbilanz, zum häufigen täglichen Verzehr geeignet), 23 Prozent die Note B (günstige Nährstoffbilanz).

Frischer Brotduft ist ein unschlagbares Argument für Brot - auch daheim am heimische Ofen. Im SB-Regal waren da die Aufbackvarianten von Brötchen, Baguette und Co. beim Kunden sehr beliebt. 2019 schwächte sich das Wachstum etwas ab. Impulse will Handelsmarkenspezialist Sinnack Backwaren 2020 setzen mit Eiweiß- und weiteren Dinkelprodukten. „Wir setzen daneben weiter auf Regionalität, Nachhaltigkeit und achten dabei auf preisliche Attraktivität“, sagt Inhaber Julius Peter Sinnack. Umsatztreiber waren 2019 die Kaiserbrötchen, „Unsere Besten“ sowie die Tortillas. Der Bereich Tortillas soll nun ausgebaut werden. Geplant sind laut Sinnack Eiweiß-, Gemüse-, Vollkorn- und BBQ-Tortillas.

Impulse fürs SB-Regal mit Aufbackwaren kommt auch von Lieken. Im Oktober launchte der Großbäcker unter der Marke Lieken Urkorn die Range „Back Mich“ in drei Varianten (Weizen, Dinkel, Mehrkorn).

Auf dem deutschen Markt hat sich Délifrance Deutschland derweil ganz aus diesem Segment im LEH verabschiedet. Das Werk für schutzverpackte Produkte wurde verkauft. Das Unternehmen will sich laut Geschäftsführer Achim Zimmermanns hierzulande auf Herstellung und Verkauf von tiefgekühlten Produkten konzentrieren. Für den LEH gibt es zum einen eine SB-Range TK-Viennoiserie- und Patissere-Spezialitäten (Croissants, Butter-Schokobrötchen, Rosinenschnecken). Zum anderen sind rustikale Steinofenprodukte, Snacks und Viennoiserie-Produkte für die Backstationen im Portfolio.

Dass auch Backwaren wie süße Brote rustikaler können, das zeigten die Österreicher von Ölz Meisterbäcker schon bei der jüngsten Anuga: Dort sorgte der nussige Dinkel als Zutat für süße Brötchen oder Laible für Aufmerksamkeit. Das „Ölz Dinkel Laible“ aus 100 Prozent Dinkel ist nun schon bei Edeka Südbayern, Globus sowie weiteren regionalen Handelspartnern wie V-Markt gelistet, wie Daniela Kapelari-Langebner berichtet, Geschäftsführerin Marketing und Vertrieb. Vertrieblich fokussieren die Dornbirner weiter auf den Süden Deutschlands. Kapelari-Langebner: „Die Marke Ölz konnte im bestehenden Vertriebsgebiet 4,5 Prozent im Umsatz zulegen und auch mengenmäßig wieder deutlich wachsen.“ Derzeit entsteht am Standort in Wallenmahd für rund 27 Millionen Euro eine neue Bäckerei mit einer zweigeschossigen Produktion für Toast- und Zopflinien. Fertigstellung ist für 2022 geplant.

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