Milchmarkt im Aufwind Warum 2025 für Landwirte und Molkereien ein gutes Jahr werden dürfte

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2025 könnte ein gutes Jahr für Milchbauern wie Molkereien ­werden – falls die Politik nicht dazwischenfunkt.

Freitag, 24. Januar 2025, 06:40 Uhr
Dr. Friederike Stahmann
Seit wenigen Monaten ist Dr. Björn Börgermann Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes (MIV), der Interessenvertretung von rund 90 Unternehmen der Milchindustrie. Der bekennende Fußballfan setzt auch im Berufsalltag auf Teamplaying. Bildquelle: Milchindustrie-Verband

Der Verbraucher staunt derzeit beim Griff ins Butterregal. Über vier Euro werden dort teilweise pro Päckchen Butter aufgerufen.
Dr. Björn Börgermann: Ja, die Preise sind hoch, besonders bei Butter und fetthaltigen Milchprodukten. Mehr noch: Sie tragen den gesamten Milchmarkt.

Bekommen Landwirte was vom Kuchen ab?
Ja klar, wir erleben die zweithöchsten Erzeugerpreise aller Zeiten, was es für Milchbauern einfacher macht, Gewinne zu erzielen.

Profitieren auch die Molkereien?
Insgesamt ist die Erlössituation der Unternehmen gut, was Investitionen erleichtert. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Molkereien. Je nach Produktsortiment, Technologie und persönlichem Können schwankt aber die Marge von der einen zur anderen Molkerei.

Durchatmen ist also angesagt?
Ja, das höhere Preisniveau tut der Branche gut, besonders nach den harten Jahren, die hinter uns liegen. In den letzten Jahren konnte nicht viel Geld verdient werden. Geld für Instandhaltung, Reparaturen oder Neuinvestitionen fehlte. Auch die Energiekosten waren und sind ein Thema. Auf die kommenden Monate können wir aber derzeit optimistischer blicken.

Milch ist knapp, warum?
In der Vergangenheit war es so, dass steigende Milchpreise auch zu steigenden Milchmengen führten. Hohe Preise sind paradoxerweise der Feind hoher Preise gewesen. Aktuell haben wir jedoch nicht zu viel Milch, was für den Markt eine gute Ausgangsposition darstellt. Planbarkeit, Absatz und Produktionskapazitäten lassen sich also anders angehen. Trotzdem bleibt es mitunter für unsere Mitglieder eine Herausforderung, die entsprechenden Produkte herzustellen. Im europäischen Markt stehen wir zudem im harten Wettbewerb, besonders wenn andere Länder Rohstoffe günstiger anbieten können.

Woran liegt es, dass die alte Regel „hoher Preis = viel Milch“ nicht mehr gilt?
Ein Grund für die stagnierende Milchmenge ist sicher die Unsicherheit bei Erzeugern und Molkereien, bedingt durch ständig wechselnde und steigende Anforderungen. Diese stellen viele in der Vergangenheit getätigte, aber auch geplante Investitionen infrage, beispielsweise weil moderne Anlagen durch politische Entscheidungen der letzten Jahre teilweise nun nicht mehr den Anforderungen entsprechen.

Können Sie das näher beschreiben?
Es geht zum Beispiel um Entwicklungen im Bereich Emissionsschutz, Baurecht und bei den Milcherzeugern auch ums Tierwohl. Die Entscheidungen, die man heute trifft, etwa beim Bau eines modernen Kuhstalls, könnten in fünf Jahren politisch nicht mehr gewollt sein. Deshalb zögern Landwirte, mehrere Tausend Euro pro Platz zu investieren, wenn unklar ist, ob das in fünf Jahren noch marktfähig ist.

Wie stehen die Zeichen für 2025 in anderen wichtigen Milcherzeugerländern?
Wenn wir die Wettbewerber auf dem internationalen Milchmarkt betrachten, sehen wir, dass auch 2025 nicht mit einem Überangebot an Milch zu rechnen ist, besonders in Europa. In den Niederlanden gibt es ein Umdenken in der Regierung, das zu einer Reduktion der Tierbe­stände führen wird. Ähnliches droht in Irland, und es gibt Anzeichen dafür auch in Dänemark mit der CO2-Steuer. Diese Länder, die in der Vergangenheit stark auf den Markt gedrängt haben, werden voraussichtlich in den nächsten Jahren kein großes Wachstumspotenzial mehr haben.

Wie stehen Sie zum Mercosur-Abkommen?
In der aktuellen Diskussion über das Mercosur-Abkommen haben wir uns bewusst zurückgehalten. Unsere Einschätzung ist nicht so negativ wie in anderen Bereichen, vor allem im landwirtschaftlichen Sektor. Für Milchprodukte und deren Verarbeitung sehen wir durchaus Potenzial auf den Absatzmärkten. Wir haben bereits gute Exportmärkte in Südamerika, die jedoch mit erheblichem Aufwand erschlossen werden müssen. Wir hoffen auf ein klareres Miteinander und festgelegte Spielregeln. Einige Länder agieren sehr protektionistisch, während andere offener sind. In Ländern wie Chile und Argentinien haben Molkereiunternehmen bereits gute Absatzmärkte entwickelt, während es in Brasilien komplizierter ist, Fuß zu fassen. Für bestimmte Produktsegmente wie Käse, Eiweißkonzentrate und Babynahrung sehen wir dort einen vielversprechenden Markt. Die bisher vorliegenden Unterlagen zeigen, dass es zollfreie Kontingente gibt, die jedoch keine grundlegende Neuordnung des Welthandels bedeuten. Beispielsweise umfasst das Kontingent für Käse nur einen Bruchteil dessen, was wir exportieren. Auch andersherum sind die zollfreien Kontingente für den Import von Milch in die EU bezogen auf den Gesamtmarkt nur ein kleiner Bereich. Daher wäre es sinnvoll, mehr über die Chancen als über die Probleme zu diskutieren.

Wie sieht die MIV-Wunschliste an eine neue Regierung aus?
Zunächst einmal wäre es wichtig, schnell Klarheit zu schaffen, damit wir die Diskussionen um Artikel 148 sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene endlich beenden können. Ich denke, wir haben genug Möglichkeiten, um ein gutes Verhältnis zwischen Erzeugern und Molkereien zu pflegen, dafür brauchen wir keine staatliche Regulierung. Fachlich gesehen sollten wir die EU-Entwaldungsverordnung oder das Einwegkunststofffondsgesetz überarbeiten und praktikabel umsetzen. Wenn wir den Blick etwas weiten, ist es entscheidend, die Nachhaltigkeitsberichterstattung umsichtig weiterzuentwickeln, ohne sie zu überfrachten. In einigen Branchen erleben wir bereits ein Abwandern der Produktion in Regionen, wo die Regularien nicht so streng und die Kosten günstiger sind. Das wird uns als Wirtschaft und Unternehmen in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen, besonders angesichts der politischen Vorgaben aus Brüssel. Und letztlich, ganz oben auf der Wunschliste, steht der Abbau der Bürokratie. Das würde den Unternehmen mehr Freiraum geben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Produktion und Vermarktung hervorragender Milchprodukte an die Verbraucher.

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