20 Jahre Dosenpfand „Die Dose ist Teil der Lösung“

Das umstrittene Gebinde ist höchst erfolgreich. Handel und Kunden lieben Getränke im Aluminium-Behälter. Eine künstliche Verteuerung gilt wegen der Inflation als unwahrscheinlich.

Dienstag, 21. Februar 2023 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild „Die Dose ist Teil der Lösung“
Bildquelle: Getty Images

Man muss nicht das 20-jährige Jubiläum des sogenannten Dosenpfandes von 2003 als Anlass nehmen, um sich auf den neuesten Stand dieser Getränkeverpackung zu bringen: Das Thema ist aktuell und wird so heiß diskutiert wie eh und je. „Ich bin Teil der Lösung“ ist ein Slogan, den der Interessensverband Forum Getränkedose zu PR-Zwecken auf seine Büchsen drucken lässt.

Ob die Aluminium-Verpackung aber wirklich eine Rolle im Transformationsprozess zu einer auf Kreisläufe und Abfallvermeidung ausgerichteten Verpackungspolitik ist, ist fraglich. Thomas Fischer, bekannter Anti-Einweg-Aktionist der Deutschen Umwelthilfe (DUH) jedenfalls bekräftigt zum Jubiläum einmal mehr: „Um dem Mehrwegziel aus dem Verpackungsgesetz näher zu kommen, brauchen wir eine Lenkungsabgabe auch auf Dosen von mindestens 20 Cent zusätzlich zum Pfand. Das wäre ein erheblicher Wettbewerbsnachteil und damit Handlungsdruck, Mehrweg anzubieten.“ Laut DUH könnte jährlich so viel CO2 eingespart werden, wie 900.000 Mittelklassewagen, die im Durchschnitt 13.000 Kilometer pro Jahr fahren, verbrauchen.

Abgesehen davon, dass solche Zahlen von der Einwegindustrie naturgemäß angezweifelt werden, haben die Dosen-Gegner ein ganz anderes Problem: Die Verpackung ist bei Handel und Verbrauchern extrem beliebt. Lag die Branche 2004 mit rund 300 Millionen produzierten Einheiten am Boden, nähern sich die Hersteller, allen voran die Ardagh Group, zielstrebig einem Absatzniveau von 2002 (7,5 Milliarden Gebinde) mit jährlichen Zuwächsen von rund 500 Millionen Dosen.

So macht auch die Getränkeindustrie keine Anstalten, der kostengünstigen und gut zu transportierenden Verpackung den Rücken zu kehren. Jüngstes Beispiel ist der Rhodius Mineralbrunnen (Burgbrohl, Vulkaneifel), deutscher Marktführer in Sachen Dosen-Lohnabfüllung (unter anderem Afri-Cola, Bluna und Maya Mate). Unter dem Motto „Canformation – Be Part Of The Future“ wurde jüngst eine neue Anlage eingeweiht. Investitionsvolumen: ein zweistelliger Millionenbetrag. Die Getränkedose, so heißt es aus dem Unternehmen, weise eine Recyclingquote von über 99 Prozent auf und sei damit in Deutschland und weltweit der Recyclingmeister unter den Getränkeverpackungen und erfülle zudem den Circular-Economy-Anspruch der EU.

Vorbereitungen für Dosen-Kreislauf
Eine solche Aussage dürfte den meisten Dosen-Gegnern nur ein entnervtes Seufzen entlocken. Zwar gilt der gepresste Wertstoff aus den Rücknahmeautomaten des Handels als begehrt und wird unter anderem in der Automobilindustrie verwendet. Doch einen echten Gebindekreislauf, wo aus alten Dosen neue Getränke-Verpackun-gen werden, kann die Industrie nicht vorweisen.

Noch nicht, denn hinter den Kulissen wird längst emsig an einer entsprechenden Lösung gearbeitet. Beteiligt an dem Projekt, das noch nicht spruchreif ist, sind Schwergewichte aus der Industrie und dem Handel. Die Recycling-Garantie soll bei 90 Prozent liegen. Damit würden Dosenhersteller ihren Gegnern gehörig Wind aus den Segeln nehmen. „Ein Kilogramm recyceltes Aluminium verhindert vier Kilogramm Bauxit“, erklärt ein mit dem Projekt vertrauter Experte und spielt damit auf jenen umstrittenen Grundstoff für Aluminium an, der wegen seiner umweltschädlichen Gewinnung besonders in der Kritik steht.

Wird die Dose sanktioniert?
Solche Projekte ändern jedoch nichts an der Tatsache, dass die Getränkedose im Kreuzfeuer nicht nur von Umweltverbänden, sondern auch der amtierenden Regierung steht. Pläne, um die gewünschte Mehrwegquote bei Getränken wieder auf den Pfad Richtung 70 Prozent zu bringen, laufen auf Hochtouren. Eine Mehrwegangebotspflicht, aber auch künstliche Verteuerungen von Dosen und PET-Einwegflaschen sind dabei diskutierte Szenarien.

Warum Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation diese aber unrealistischer machen, weiß Wolfgang Burgard vom Bund Getränkeverpackungen der Zukunft: „Eine Lenkungsabgabe halte ich in Zeiten knapper Geldbeutel für politisch kaum durchsetzbar.“ Das Kostenargument gelte nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Handel und Hersteller: „Wenn man den Mehrweganteil der Getränkeverpackungen von 42 Prozent auf 70 anheben will, gilt es rund 100 Millionen Hektoliter Getränke umzustrukturieren. Wir reden von immensen Investitionen in Abfüllanlagen, Gebinden und Logistik-Kapazitäten, die es so einfach nicht gibt.“

Ob dieses Argument die Einweg-Kritiker überzeugen wird, ist aber höchst ungewiss. Auch das „Dosenpfand“ zog Milliardeninvestitionen unter anderem in Rücknahmeautomaten nach sich, wurde von Industrie und Handel bis zuletzt bekämpft, gilt aber heute weltweit auch in Deutschland als großes Erfolgsmodell.

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