Alkoholische Getränke Ende des Sponsorings ?

Die Bundesregierung will eine schärfere Reglementierung von Werbung und Sponsoring für alkoholische Getränke. Die Ampel-Koalition will dabei sogar weiter gehen als die Europäische Union.

Dienstag, 13. September 2022 - Getränke
Tobias Dünnebacke
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Bildquelle: Getty Images

Dass Deutschland weltweit einen Spitzenplatz beim Alkoholkonsum einnimmt, ist keine Neuheit. Neu ist nach langer Zeit, dass sich eine Bundesregierung dem Thema mit großer Ernsthaftigkeit widmet. „Wir verschärfen die Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol, Nikotin und Cannabis“, lässt der Koalitionsvertrag unmissverständlich wissen. Ein Fernsehauftritt des Grünen- Gesundheitspolitikers Johannes Wagner machte nun deutlich, dass das Thema im Schatten von Ukraine-Krieg und Energie-Krise nicht in Vergessenheit geraten ist.

Wagner, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages, hält beispielsweise verpflichtende Warnhinweise auf Bier-, Sekt-, Wein- und Schnapsflaschen nach dem Vorbild der USA und Frankreichs für unterstützenswert. „Auf all diesen Produkten müssen sichtbar Warnhinweise angebracht werden“, sagte er. Bisherige Bundesregierungen hätten sich dazu nicht durchringen können, unter anderem auch aufgrund von „Interessenkonflikten mit einigen Wirtschaftsbranchen“. Im ARD-Mittagsmagazin sagte Wagner weiter: „Wir sind in der Aufklärung der gesundheitlichen Folgen von Alkohol für alle Menschen, aber speziell auch für Menschen, die schwanger sind, absolut unzureichend aktuell. Deswegen haben wir uns als Bundesregierung auch vorgenommen, das zu ändern.“

Nach unterschiedlichen Studien trinkt etwa jede vierte Schwangere in Europa während der Schwangerschaft. Jährlich werden in Deutschland etwa 10.000 Kinder laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit einer fetalen Alkoholspektrumstörung (FASD) geboren. Während Warnhinweise für die Hersteller von alkoholischen Getränken weniger ein Problem darstellen werden (viele internationale Konzerne setzen schon freiwillig auf entsprechende Symbole), sorgen die Pläne für eine Beschränkung von Marketing und Sponsoring für weitaus mehr Nervosität. „Wir wollen endlich wissen, was die Politik hier plant“, machte unlängst Veltins-Chef Michael Huber auf einer Pressekonferenz seinem Unmut Luft. Der Grünen-Politiker Wagner erklärte hierzu, dass auch das Sponsoring von Sportveranstaltungen in seiner jetzigen Form zur Disposition stehe.

Die EU hat sich positioniert
Im Europaparlament wurde genau dieses Thema zu Beginn dieses Jahres bereits intensiv diskutiert und ein Totalverbot mehrheitlich abgelehnt. Das Europäische Parlament will beim Sport-Sponsoring mehr auf den Schutz besonders vulne‧rabler Gruppen wie Kinder- und Jugendliche setzen.

Laut dem Deutschen Brauer-Bund ist dies der richtige Ansatz. Die früheren Bundesregierungen hätten bisher weitere Werbeverbote als untauglich abgelehnt und stattdessen die Bedeutung der auf bestimmte Zielgruppen zugeschnittenen Aufklärungs-/Präventionsarbeit hervorgehoben. Auch die aktuellen, durch amtliche Studien nachgewiesenen Entwicklungen würden belegen, dass Prävention wirkt. Der Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen gehe seit Jahren deutlich zurück und ist auf einem historisch niedrigen Stand, heißt es in einer Erklärung gegenüber der Lebensmittel Praxis mit Verweis auf Zahlen der BZgA.

„Ein völliges Verbot des Alkoholsponsorings im Sport, einschließlich eines verantwortungsvollen, auf Erwachsene ausgerichteten Sponsorings, wäre völlig unverhältnismäßig und beraubt nicht nur Sponsoren der Möglichkeiten, verantwortungsvoll eine erwachsene Zielgruppe anzusprechen“, erklärt Holger Eichele vom Deutschen Brauer-Bund. Die Mehrzahl der Sponsoring-Aktivitäten würden in Zusammenarbeit örtlicher Betriebe mit regionalen Vereinen organisiert. Unzählige Veranstaltungen gerade in ländlichen Regionen seien nur dank Sponsoring aus der Privatwirtschaft möglich.

Ob die Entscheidungsträger in Berlin dieser Logik folgen werden, ist noch nicht abzusehen, denn es gibt heftigen Gegenwind. Dr. Hans-Werner Bertelsen von der Bremer Initiative Bertelsen-Claßen-Glaeske-Huppertz erklärte unlängst in LP.economy: „Ein Alkohol-Werbeverbot im Sport ist für mich und meine Kollegen unverhandelbar.“
Auch der Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), machte seinen Kurs deutlich, als er sich dafür aussprach, das Erwerbsalter für Bier, Wein und Schaumwein auf 18 Jahre zu erhöhen. Die Verfügbarkeit von Alkohol sei zu niedrigschwellig. Zum Thema Sportsponsoring erklärte Blienert gegenüber der „Welt“: „Ich halte es für erforderlich, die Werbemöglichkeiten für Alkohol und Tabak ganz deutlich zu beschränken.“ Dabei liege die Verantwortung aber bei den Bundesländern. Er stellte klar: „Persönlich würde ich aber sagen: Diese Werbung sollte unterbunden werden.“

Brauer-Interessensvertreter Eichele hält solche Vorschläge nicht nur inhaltlich für falsch: Die Corona-Pandemie habe eine beispiellose Absatzkrise ausgelöst, deren Folgen viele Brauereien noch lange nicht überwunden haben. „Nach der Absatzkrise kämpft die Brauwirtschaft jetzt gegen eine Energie-Krise. Die massiv steigenden Kosten als Folge des Krieges gegen die Ukraine werden in der Brauwirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. In Anbetracht dieser historischen Situation sehen wir Rufe nach weiteren Regulierungen kritisch.“

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