Bier Franken-Power

Jeff Maisel führt die Geschicke der Brauerei Gebr. Maisel aus Bayreuth in der vierten Generation. Mit der Lebensmittel Praxis sprach er über das herausfordernde Segment Craft Beer.

Mittwoch, 09. Juni 2021, 10:22 Uhr
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Franken-Power
Bildquelle: Maisel

Herr Maisel, spricht man mit Vertretern großer Brauereien oder des Handels, sind die Erwartungen an das Segment Craft Beer enttäuscht worden. Wie sehen oder bewerten Sie das?
Jeff Maisel: Der Fachhandel hat vor einigen Jahren sehr vorbildlich versucht, den Kundenwünschen mit neuem Ladendesign und einer deutlich breiteren Auswahl entgegenzukommen. Bedauerlicherweise sind die Preisvorstellungen mancher Craftbrauer beim Konsumenten auf Unverständnis gestoßen, und der Absatz der Biere war unzureichend. Der Handel hat daher natürlich reagieren müssen.

Also nur ein kurzfristiger Hype?
Der sogenannte Craftbierhype wurde vor allem von den Medien und den sogenannten Beergeeks befeuert. Der deutsche Bierliebhaber konnte aber mit den oft sehr speziellen und dem amerikanischen Geschmack angepassten Bieren wenig anfangen. Seither hat sich einiges in der Bierlandschaft geändert. Weil sie nach Abwechslung suchen, greifen die Bierfreunde immer häufiger zu traditionellen Bierspezialitäten, wie Keller-, Land- oder Hellbieren, und auch moderne Bierspezialitäten, wie Pale Ales, IPAs und Stouts werden immer häufiger gekauft. Obwohl nun in den Medien nicht mehr so häufig die Rede von Craftbier ist, sind moderne Bierspezialitäten jetzt erst ein fester Bestandteil in der deutschen Bierlandschaft – und werden es bleiben. Die modernen Sorten haben sich im Vergleich zum insgesamt rückläufigen deutschen Biermarkt in den vergangenen Jahren deutlich positiv entwickelt.

Sie halten an dem Segment fest und vertreiben national über die Neue Bierkultur GmbH „Maisel & Friends“. Wie läuft das Geschäft?
Der Absatz der Maisel-&-Friends-Biere hat sich in den letzten Jahren im hohen zweistelligen prozentualen Bereich gesteigert. Gerade die Maisel-&-Friends-Sessionbiere in der 0,33-Liter-Longneckflasche wurden stark nachgefragt. Die 2019 neu eingeführten Sorten Maisel & Friends Hoppy Hell und unser Maisel & Friends Alkoholfrei sind sehr gut angelaufen. Besonders auffällig ist, dass die Konsumenten nicht nur zum Alkoholfreien greifen, weil sie beispielsweise als Autofahrer ein Alternativgetränk suchen, sondern weil sie eine geschmackvolle Abwechslung zu süßen Erfrischungsgetränken wünschen. Wir achten sehr darauf, dass die Biere innerhalb ihres jeweiligen Stils nicht zu extrem sind. Das bezieht sich sowohl auf einen moderaten Alkoholgehalt und nicht zu viel Hopfeneinsatz als auch auf einen vernünftigen Preis.

Was kann der Handel tun, um Craft stärker in den Fokus zu rücken?
Wir empfehlen dem Handel, auf Biere zu setzen, die den Kunden in preislicher und geschmacklicher Hinsicht nicht erschrecken. Pale Ale, IPA, Porter, Stout – solche Biere sind immer öfter zu bekommen, und Pale Ale mausert sich gerade zur neuen Standardsorte im Handel. Auf dieser Basis lassen sich dann in Zukunft vielleicht auch noch intensivere und extremere Biere erfolgreich vermarkten, wie es beispielsweise in Belgien und vor allem in den USA schon der Fall ist.

Können Sie uns sagen, wie schwer die Auswirkungen der Corona-Pandemie Sie getroffen haben?
Die komplette Schließung des für uns sehr wichtigen Absatzkanals Gastronomie war für uns natürlich hart, und auch das Erliegen des Exports haben wir deutlich gespürt. Glücklicherweise waren uns unsere Fans aber treu und haben sich Maisel & Friends im Handel für zu Hause gekauft, sodass wir den fehlenden Gastronomieabsatz sogar überkompensieren konnten.

Ihre Vertriebskooperation mit Veltins läuft weiter. Sehen Sie dies als ein Erfolgsmodell für die Zukunft für regionale Brauereien, und sind weitere Partnerschaften mit anderen Brauereien denkbar?
Wir sind sehr zufrieden mit unseren jetzigen Partnerschaften mit der Brauerei Veltins und der Neuen Bierkultur. Daher haben wir keine Pläne für weitere Kooperationen. Solche Zusammenschlüsse können auch für andere Brauereien sinnvoll sein. Dies hängt von der Struktur und vom jeweiligen Sortiment ab, das sich möglichst ergänzen sollte. Und natürlich auch von den Menschen, die zusammenarbeiten. Gerade hier zeichnet sich unsere Kooperation seit nun mehr als 20 Jahren aus!

Wie bewerten Sie die aktuell wieder ausgebrochenen Aktionsangebote von unter zehn Euro je Kasten?
Wir arbeiten mit dem LEH schon immer sehr vertrauensvoll zusammen und pflegen eine gute Partnerschaft. Die große Aktionshäufigkeit betrachten wir mit Sorge, denn damit wird die Wertigkeit des deutschen Bieres und auch die der Marken nicht gefördert. Durch unsere Marke Maisel & Friends erkennen wir deutlich, dass der Bierfreund bereit ist, für besondere Qualität auch einen höheren Preis zu bezahlen.

Gibt es Überlegungen, auf den Zug von Hard Seltzer aufzuspringen?
Wir bleiben unseren Bierspezialitäten auch weiterhin treu und planen, weder Biermischgetränke noch Hard Seltzer bei uns herzustellen. Da mich die Thematik der Hard Seltzer privat sehr interessiert, habe ich mich als Business Angel bei dem Bayreuther Start-up Pure Hard Seltzer engagiert. Dies tangiert die Brauerei jedoch nicht.

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