Wenn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zu einer „Mehrwegkonferenz“ einlädt, dann meint man ungefähr zu wissen, was besprochen, diskutiert und gefordert wird. Trotzdem bot die Veranstaltung (aufgrund von Corona von Berlin in den digitalen Raum verlegt) einige Überraschungen. Da war zum Beispiel der Vortrag des ehemaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin, neben Klaus Töpfer einer der Väter des Einwegpfandes, der diese gesetzliche Regelung die „größte Niederlage des Wirtschaftslobbyismus in Deutschland“ nannte. Trittin verteidigt das „Dosenpfand“ auch gegen das Argument, dass dieser politische Eingriff in den Markt die Mehrwegquote nicht vor einem Absturz retten konnte und Verbraucher trotzdem immer häufiger zu Dosen und Einweg-Plastik greifen. „Das Pfand war und ist richtig. Wenn wir das nicht gemacht hätten, würde die Mehrwegquote heute bei zehn Prozent liegen, wie bei Saft“, so der ehemalige Bundesminister. Trittin unterstützt die Forderung seiner Partei und von NGOs wie der Deutschen Umwelthilfe, mit weiteren Eingriffen („Lenkungsabgabe“ von 25 Cent auf jede Einwegverpackung) den Markt Richtung Mehrweg zu korrigieren. „Niemand will die Verhältnisse wie in einem französischen Supermarkt, wo das Mineralwasser-Angebot sehr begrenzt ist. Auch die Vielfalt unserer Bierkultur beruht auf dem Mehrwegsystem. Es schützt die mittelständischen Betriebe und schafft Arbeitsplätze in den Regionen“, so Trittin. Laut Trittin kann eine Erhaltung und Stärkung des Mehrwegsystems aber nur mit den Discountern gehen. „Ohne Aldi und Lidl wird das nicht funktionieren.“
„Mehrweg funktioniert hervorragend auch über Getränkeverpackungen hinaus. Wenn wir Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz ernst nehmen, dann brauchen wir einen Übergang von einer verschwenderischen, linearen Wirtschaft zu einer echten Kreislaufwirtschaft“, erklärte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch in seinem Vortrag. Er spielte damit auf Experimente der Branche an. Bei dem Bio-Händler Alnatura werden beispielsweise immer mehr Lebensmittel wie Müsli oder Ketchup in Mehrweggläsern angeboten.
Michael Löwe, Leiter Business Development Western Europe bei dem norwegischen Hersteller von Rücknahmeautomaten Tomra Systems, glaubt, dass dies Schule machen wird. Auch wenn die Automaten seiner Firma nicht jede beliebige Größe annehmen könnten, sei eine Ausweitung auf andere Gebinde abseits der Getränkeflaschen denkbar. Egal ob Joghurt oder Shampoo: Wenn Poollösungen funktionieren sollen, müsse es eine Branchenlösung geben. Je einfacher die Rückgabe für den Konsumenten, desto höher die Erfolgsaussichten.