Rotkäppchen-Mumm „Nicht die angenehmsten Gespräche“

Der deutsche Sekt-Marktführer Rotkäppchen-Mumm zieht die Reißleine und kämpft mit Preiserhöhungen um den „Erhalt der Markensubstanz“. Ein riskanter Weg, der beim Handel nicht leicht durchzusetzen ist und vom Verbraucher schnell abgestraft wird.

Freitag, 10. Mai 2019 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild „Nicht die angenehmsten Gespräche“
Bildquelle: NuernbergMesse / Thomas Geiger

Sekt und Bier haben zunächst außer dem Alkohol ziemlich wenig gemeinsam. Kenner der Welt der „Fast Moving Consumer Goods“ wissen aber, dass beide zu den Produkten mit den höchsten Aktionsanteilen gehören. Einerseits ist es ein Kompliment für die jeweilige Marke, als Lockvogel für Sparfüchse zu dienen. Auf der anderen Seite gerät so die Preiswahrnehmung bei den Konsumenten aus den Fugen. Der eigentliche Regalpreis wird dann schnell als teuer empfunden und der Griff zum Wettbewerbsprodukt oder gar der Handelsmarke schnell gemacht. Das weiß auch Christof Queisser, Geschäftsführer der größten deutschen Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm. Ganze drei Millionen Flaschen Sekt und Schaumwein hat sein Unternehmen in 2018 weniger verkauft als im Vorjahr.

Maßgeblich dazu beigetragen habe der heiße Sommer (zu heiß für Sektlaune) aber eben auch eine Preiserhöhung von zwei bis drei Prozent über das gesamte Sortiment von Rotkäppchen-Mumm. „Ich kann Ihnen sagen: Mit unseren Kunden sind das nicht die angenehmsten Gespräche“, kommentiert Queisser die Verhandlungen mit dem Handel. Allerdings seien die Preiserhöhungen notwendig gewesen, gerade im Hinblick auf die europaweit schlechte Weinernte in 2017 und angespannten Rohwarenmärkte. „Es geht uns nicht um die letzte Flasche, sondern den langfristigen Schutz unserer Marken“, sagt Queisser zu dem gesunkenen Sekt-Absatz, der mit 1,6 Prozent prozentual weit weniger dramatisch klingt (insgesamt wurden 184 Millionen Flaschen Sekt und Schaumwein von Rotkäppchen-Mumm verkauft).

Zum ersten Mal die Milliardengrenze durchbrochen
Mochten Christof Queisser und seine Kollegen aus der Geschäftsführung Frank Albers (Controlling/Finanzen) und Ulrich Wiegel (Produktion/Technik) durch den Absatz vielleicht nicht in Feierstimmung versetz werden, gab es zum Jahresabschluss doch noch einen Grund die Korken knallen zu lassen: Zum ersten Mal seit Gründung des Unternehmens wurden über eine Milliarde Euro Umsatz erwirtschaftet. „Wenn man sich überlegt, dass Rotkäppchen 1993, als es von der Treuhand zurückerworben wurde, 14,8 Millionen D-Mark Umsatz gemacht hat, dann versteht man, was da für eine Entwicklung passiert ist“, so Queisser.

Wie erfolgreich der Star unter den Ostmarken wirklich ist, könnte man natürlich nur am Gewinn sehen, zu dem sich das Unternehmen aber nicht äußert. Fest steht: Das Umsatzwachstum kommt nicht alleine durch Preiserhöhungen, sondern hauptsächlich durch den Zukauf des Bremer Weinhändlers Eggers & Franke. Der Umsatzschub von 945 Millionen Euro in 2017 auf 1,085 Milliarden Euro resultiert also zum großen Teil auf das seit Anfang Mai 2018 übernommene Geschäft des Bremer Wein und Spirituosenexperten (unter anderem Vertrieb von Doppio Passo, Golden Kaan, Bushmills und Linie Aquavit). So wuchs das Weingeschäft von Rotkäppchen-Mumm um 163 Prozent auf 136,5 Millionen Euro (2017: 52 Millionen Euro) und das Spirituosensegment um 23,8 Prozent auf 288,7 Millionen Euro (2017: 233,2 Millionen Euro). Der Bremer Standort soll aber in Zukunft nicht nur dazu dienen Umsatz heranzuschaffen, sondern hat noch eine ganz andere Funktion. So soll Eggers & Franke in Zukunft dabei helfen, den optimalen Zugang zu den Absatzmärkten zu gewährleisten. „Eggers & Franke ist auch erfolgreich im Online-Handel. Somit haben wir jetzt den direkten Zugang zu den Verbrauchern. In der Gastronomie verknüpfen wir das Sekt-Portfolio von Rotkäppchen-Mumm mit renommierten internationalen Wein- und Premium-Spirituosen von Eggers & Franke“, sagt Queisser.

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