Wein und Sekt Steigende Lust auf deutsche Weine

Weine aus Deutschland erleben seit Jahren einen Popularitätsschub. Die Händler setzen bei ihren hochwertigen Sortimenten stark auf heimische Erzeugnisse. Für die Winzer wiederum nimmt der LEH immer mehr die Rolle des Fachhändlers ein.

Freitag, 17. Oktober 2014 - Getränke
Tobias Dünnebacke
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„Beim Weinsortiment beobachten wir, dass das Einkaufsverhalten immer mehr zu deutschen und regionalen Weinen tendiert“, sagt Fritz Aupperle. Der selbstständige Rewe-Kaufmann mit fünf Märkten in Fellbach (bei Stuttgart) und Umgebung, muss es wissen, schließlich ist ein umfangreiches Weinsortiment ein Markenzeichen seiner Märkte. Das subjektive Gefühl des Händlers wird von der Marktforschung gestützt. Insgesamt legte der Absatz heimischer Weine lauf GfK im vergangenen Jahr trotz eines leicht rückgängigen Weinmarktes im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent zu. Zwar hatten die deutschen Weinerzeuger nach der mengenmäßig stark unterdurchschnittlichen 2010er Weinernte in den zwei Folgejahren Marktanteile im Handel verloren, weil sie den Markt nicht mehr vollständig abdecken konnten. Aber: „Dank der anhaltend starken Verbrauchernachfrage nach heimischen Weinen, in Verbindung mit einem ausreichenden Angebot, war es 2013 möglich, trotz insgesamt schwieriger Marktverhältnisse, verloren gegangenes Terrain zurückzugewinnen“, erklärt Ernst Büscher, Sprecher vom Deutschen Weininstitut (DWI). Die Weine ausländischer Herkunft mussten dagegen laut GfK teils empfindliche Absatzrückgänge hinnehmen. So gingen die Einkäufe von Weinen aus den Importländern Frankreich, Italien und Spanien um 3, 9 beziehungsweise 2 Prozent zurück.

Die Gründe für das Erstarken der Erzeugnisse aus Deutschland liegen für Aupperle auf der Hand: „Die Qualität und das Image haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert.“ Ein Umstand, dem auch in seinen Märkten Rechnung getragen werden soll. So setzt Aupperle auf fachlich geschultes Personal und eine gute Vorauswahl für die Kunden. Serviceleistungen und Events wie Weinproben, Weinbriefe, Newsletter oder Weinbergführungen sind eine Selbstverständlichkeit. „Wir haben es dadurch geschafft, dass der Kunde bei uns mehr Geld für Wein ausgibt“, so der selbstständige Händler.

Der steigender Durchschnittspreis ist nicht nur ein Phänomen in den Märkten von „Rewe-Aupperle“, sondern insgesamt zu beobachten. 2013 lag der durchschnittliche Preis bei einer im LEH gekauften 0,75-l-Flasche bei 2,13 Euro. Eine Steigerung von immerhin 9 Cent im Vergleich zum Vorjahr. Auf längere Sicht fällt das Ergebnis noch deutlicher aus: So ist der Durchschnittspreis für einen Liter Wein im Lebensmittel-Einzelhandel nach Berechnungen des Deutschem Weininstituts seit 2005 kontinuierlich von 2,32 Euro auf 2,84 Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Innerhalb des deutschen Sortiments zahlen die Verbraucher am meisten für Weine aus Württemberg (2013: 3,01 Euro je 0,75-l-Flasche).

Die verminderte Preissensibilität zeugt von einer gestiegenen Wertschätzung der Verbraucher gegenüber dem Produkt Wein. „Diese Entwicklung ist sicherlich zum Großteil auf ein Upgrading des Weinsortiments insbesondere im Discount zurückzuführen, sowie auf die stärkere Fokussierung des restlichen Lebensmittel-Einzelhandels auf höherwertige, regionale Weine“, sagt Büscher.

Dieser große Trend bei Lebensmitteln, die Regionalität, spielt im Weinbereich also auch eine wichtige Rolle. Aupperle beispielsweise setzt mit dem Slogan „Total Regional“ seit vielen Jahren auf heimische Erzeugnisse. „Wir haben unser Weinkonzept seit vielen Jahren klar auf Vielfalt und Qualität von heimischen Winzern und Genossenschaften ausgelegt. Unsere Kunden sagen mir immer wieder, wie wichtig Ihnen diese Wertschätzung der Region ist“, sagt der Händler aus Baden-Württemberg.

Eine weitere wichtige Entwicklung, neben den steigenden Preisen und dem hohen Interesse an regionalen Weinen, ist die wachsende Bedeutung des Lebensmittel-Einzelhandels beim Weinkauf. Besonders der klassische LEH (unter 5.000 qm) gewinnt als Einkaufsstätte für Wein. Der Absatz bei den Vollsortimentern wuchs 2013 im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent und der Umsatz sogar um 8 Prozent (GfK). Ihr Marktanteil am Weinabsatz aller Einkaufstätten ist 2013 von 12 auf 13 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Sie liegen damit gleichauf mit den großen SB-Warenhäusern, deren Marktanteile mit 13 Prozentpunkten ebenso konstant blieben, wie die der Discounter, wo 48 Prozent aller Weine eingekauft wurden. Der gesamte LEH kommt somit auf einen Anteil von 74 Prozent am gesamten Weineinkauf in Deutschland. „Der LEH hat in der Weinabteilung qualitativ aufgerüstet, sowohl in der Sortimentsbreite und -tiefe als auch in der Vermarktung. Die Lebensmittel-Einzelhändler haben zudem Einkaufsvorteile gegenüber den kleinen freien Fachhändlern, die sich in besseren Preisen niederschlagen, auch bei hochpreisigen Sortimenten“, erklärt Michael Schweinberger, geschäftsführender Vorstand der Winzergemeinschaft Franken (GWF). Auch Aupperle sieht den LEH im Aufschwung: „Viele Weinabteilungen im LEH haben heute Fachhandelscharakter. Man verstärkt die Beratung und erfüllt die Wünsche der Kunden immer wieder auf ein Neues. Dadurch sinkt die Ab-Hof-Vermarktung der Winzer.“ Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt die Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG): „Die steigende Kompetenz im Weinbereich geht vor allem zu Lasten des Fachhandels und der Direktvermarktung “, sagt Dieter Weidmann, Vorstandsvorsitzender WZG.

Als Möglichkeiten, wie der Handel noch stärker auf die Bedürfnisse der Weinliebhaber eingehen könnte, nennt Schweinberger von der GWF eine weitere Personalisierung im Weinverkauf sowie kompetente Beratung auch mittels elektronischer Mittel. „Aber Achtung: nicht nur der Lebensmittel-Einzelhandel übernimmt die Rolle des freien Fachhandels, sondern auch der elektronische Einkauf über Webshops “, sagt Schweinberger. Dass auch dieser Trend neben den bereits etablierten Anbietern wie Hawesko immer mehr Einzug erhält, zeigt derzeit der Nürnberger Discounter Norma. Seit Oktober bietet die Handelskette einen Online-Shop mit rund 50 ausgewählten Weinen aus Italien, Frankreich und - natürlich -Deutschland an.

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Bild öffnen „Weinkunden sind oftmals auch kaufkräftigere Kunden. Das macht sich der LEH zu Nutze.“

Ernst Büscher, Sprecher vom Deutschen Weininstitut
Bild öffnen „Das Einkaufsverhalten der Konsumenten tendiert immer mehr zu deutschen und regionalen Weinen.“

Fritz Aupperle, selbstständiger Rewe-Kaufmann

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