Grillen Gegrillt wird trotz Krise

Die Grillsaison wird traditionell zum Frühjahrsanfang eröffnet. Was 2023 auf dem Barbecue landen wird, ist noch fraglich. Doch eines ist gewiss: Die Grillprodukte werden immer bunter und exotischer.

Freitag, 10. März 2023 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Gegrillt wird trotz Krise
Bildquelle: Getty Images

Mit dem Frühlingsanfang am 20. März 2023 beginnt meteorologisch die warme Jahreszeit. Jetzt beginnt für viele die Grillsaison. Doch diese verändert sich. Die Themen Nachhaltigkeit und Tierwohl gewinnen auch im Kontext Grillen an Bedeutung, wie das GfK Consumer Panel Deutschland (GfK) in einer Studie bestätigte. Im Gegensatz zum rückläufigen Wurst- und Fleischkonsum konnten pflanzliche Grillalternativen und Grillkäse ihren Boom aus 2020 sogar verbessern. Auch aufgrund der Inflation sparen derzeit viele Konsumenten, wie die GfK-Studie weiter feststellte.

Aktuell zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr mit minus 15 Prozent ein deutlicher Rückgang bei fleischhaltigen Grillprodukten. Ein Umstand, der nach Meinung von Experten nicht überbewertet werden sollte. „Ich denke, dass sich die Deutschen ihr Grillvergnügen nicht verbieten oder schlechtreden lassen. Das Fleisch wird trotzdem gekauft“, sagt Tim Koch, Experte im Bereich bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Der Experte geht davon aus, dass aufgrund der günstigeren Preise in erster Linie Schweinefleisch auf den Grill kommt (siehe Brennpunkt, LP 3/2023). Yannick Meurer, Fleischsommelier des Onlineanbieters gourmetfleisch.de, sieht die Lage etwas düsterer: „Auf vielen Märkten herrscht dieses Jahr ein harter Kampf um die Kunden. Die Teuerungsraten sind in vielen Bereichen erheblich. Wenn der Großteil der Bevölkerung da nicht verstärkt ins eigene Portemonnaie guckt, dann würde mich das schon sehr wundern.“ Die Kauflaune sei niedrig und werde 2023 nicht in rekordverdächtige Sphären steigen. Nach einem Post-Corona-Boom auf dem Grill-Markt sei dies 2023 eine Situation, die es zu meistern gilt, so der Experte.

„Dieses Jahr wird ein extremes Grilljahr“, sagt Michael Eble, Inhaber von Edeka Eble in Saarburg. Aufgrund der gestiegenen Restaurantpreise würden die Verbraucher es sich zu Hause gut gehen lassen, sagt Eble. Seiner Meinung nach geht der Trend entweder zur günstigen Bratwurst oder zum hochwertigen Premiumfleisch. „Die Verlierer sind Produkte aus der Preismitte wie Rumpsteak oder Hüfte“, so Eble. Gewinner seien günstige Produkte wie Bauchspeck oder Premiumfleisch wie Dry Aged oder Bison. Yannick Meurer stimmt zu: „Aufgrund diverser Preisanstiege im Alltag werden viele Kunden auch bei Fleisch eher zu günstigeren Artikeln greifen. Kundenbindungs- und Verkaufsförderungsmaßnahmen werden wichtiger denn je. In jedem Fall schützt und hilft Qualität auch in schwierigen Zeiten.“

Preisbewusst versus Hardcore-Griller
Wie sehen das die Hersteller? „Grob betrachtet gibt es in der Szene zwei Gruppen. Auf der einen Seite stehen die preisbewussten Käufer, bei denen Qualität und Herkunft eine untergeordnete Rolle spielen. Am anderen Ende die ‚Hardcore-Griller‘, die ganz bewusst und aus Überzeugung auch bei den Produkten auf ihrem Grill auf höchste Qualität achten“, sagt Fritz Floimayr, Geschäftsführer des österreichischen Herstellers Gourmetfein. Auch im Zuge der Teuerung sei laut Floimayr dennoch zu beobachten, dass sich die Qualität vor der Quantität durchsetzt.

Hersteller Wiesenhof konnte bei den Verbrauchern keinen Willen zum Sparen beobachten. „Wie unsere ‚Wiesenhof Grillstudie‘ verdeutlicht, ist Grillzeit Familienzeit, da wird sicherlich nichts weggespart. Vor allem in schwierigen Zeiten kommt es drauf an, dass Kunden von einem Konzept überzeugt sind“, sagt Dr. Ingo Stryck, Marketingbeauftragter von Wiesenhof. Der Hersteller sieht sich laut Stryck solide aufgestellt: So sei Geflügel das zweitbeliebteste Grillgut und in den vergangenen Jahren auf der Beliebtheitsskala laut Grillstudie weiter gestiegen.

86

Prozent aller Befragten der Wiesenhof-Grillstudie grillen immer eine Bratwurst

82

Prozent der Befragten der Wiesenhof-Grillstudie halten gutes Wetter für den optimalsten Anlass zum Grillen.

Nick Helleberg, Chief Retail Officer des Herstellers Greenforce, der vor allem vegane Produkte produziert, sieht das Thema „Krise“ eher sachlich: „Früher waren dem Konsumenten vor allem pragmatische Faktoren wie Preis, Quantität und Sicherheit wichtig, das Konsumverhalten orientierte sich an relativ simplen Kosten-Nutzen-Rechnun- gen.“ Mittlerweile spielten „weiche Faktoren“ eine stärkere Rolle; auch wenn der Preis ein zentrales Kaufkriterium bleibe, werde der Nutzen nicht mehr nur materiell bewertet. Die Qualität eines Lebensmittels werde ganzheitlicher definiert: Der Fokus vieler Konsumenten liege noch mehr auf Gesundheit, Nachhaltigkeit und Regionalität. „Wenn man diese Erkenntnisse für Grillen ableitet, haben pflanzliche Produkte im Hinblick auf die Faktoren Gesundheit, Nachhaltigkeit sowie Regionalität eine sehr große Chance, von potenziellen Käufern wahrgenommen zu werden.“

Grillen hat sich laut Fritz Floimayr in den letzten Jahren zum Ganzjahres-Trend entwickelt und hat immer Saison. Ganz klar zu erkennen ist dabei laut Floimayr die Entwicklung in Richtung Regionalität und Qualität. „Nachhaltigkeit und Transparenz bei Herkunft der Grillprodukte spielen in der Szene eine immer größer werdende Rolle“, so Floimayr. Mit der fleischlosen Bratwurstvariante „Bruzzzler veggie“ ist Deutschlands führender Geflügelfleischvermarkter Wiesenhof gut unterwegs. „Sie hat von Januar bis August 2022 eine Absatzsteigerung von 35,1 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum erzielt“, berichtet Ingo Stryck. Auch die veganen Grillprodukte, die 2022 erstmals unter der pflanzlichen Marke Green Legend auf den Markt kamen, entwickelten sich positiv. Laut Stryck hat Green Legend 2022 41,9 Prozent zulegen können.

Vegane Alternativen werden laut Nick Helleberg im Bereich der Grillprodukte immer beliebter: „Für 2023 haben wir unser Grillsortiment großflächig erweitert. Die neuen Produkte sind unsere Antwort auf die wachsende Nachfrage nach veganen Alternativen im Bereich der Grillprodukte.“ Mit dabei sind: marinierte Medaillons in Paprika- oder Kräutermarinade, Rostbratwürste im praktischen Doppelkammergebinde sowie Bratwürste in zwei Varianten: klassisch und Spicy Pepper.

Neue Wege gehen die Brüder Sven und Benjamin Stiegler in ihrem Markt in Frankenthal: Die Bratwurstschmiede, die die Fleischereimeisterin Katrin Zaliwciw-Böhmer ins Leben gerufen hat, erfreut sich großer Beliebtheit. An jedem Donnerstag gibt es mindestens drei wechselnde Bratwurstsorten, das Repertoire wächst stetig. Gin, Mango-Curry, Glühwein, Haribo-Energy, Tussi (mit Prosecco und Erdbeeren), Bockbier oder auch Kaffee-Chili gehören dazu. „Den Wünschen der Kundschaft stehen wir offen gegenüber, wir probieren gerne neue Möglichkeiten aus“, so Sven Stiegler. Auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin gab es am Stand von Schweden eine Bratwurst aus Elchfleisch. Die Grillsaison 2023 kann starten.

Rewe
Grillen liegt auch weiter im Trend“
Matthias Gaude

Für Rewe gehört das Thema „Barbecue“ weiterhin zu den großen Trends. Dabei erfreuten sich gerade Special Cuts wie Flat Iron, Tomahawk Steak oder Flanksteak großer Beliebtheit, erläutert Matthias Gaude, Vertriebskoordinator Service & Gastro der Rewe Nord. Auch Beilagen wie Maiskolbenspieße und Fleischalternativen wie Gemüsespieße seien unverzichtbar. Zu den Rennern zählten Klassiker wie Nackensteaks und Geflügel-Grillspezialitäten. „Mit unseren Sortimenten bedienen wir sowohl die preissensiblen Kunden als auch jene, die gern etwas mehr ausgeben möchten“, so Gaude.

Zudem spielten auch Nachhaltigkeit, Regionalität und Tierwohl eine große Rolle. „Uns ist es wichtig, unseren Kunden ein reichhaltiges Sortiment an regionalen und internationalen Fleisch- und Wurstspezialitäten anzubieten“, erläutert der Vertriebskoordinator. „Bei der Produktauswahl achten wir – neben den Klassikern – besonders auf die Sortimentsabrundung.“

Für eine gut geführte, kompetente Bedientheke müssten die Mitarbeiter im Bereich Special Cuts geschult sein, um Kunden beratend zu Geschmack, Verwendung und Zubereitung zur Seite stehen zu können. „Grillprodukte sollten zur Saison immer das Highlight der Theke bilden“, betont er. „Ein Kunde, der bis jetzt nicht wusste, dass er heute grillen möchte, kann durch die richtige Platzierung inspiriert werden, um heute noch zur Grillzange zu greifen.“

Als Zweitplatzierung bietet Rewe sämtliche Artikel rund uns Grillen an: Grillwurst, -fleisch und -fisch, Feinkostsalate, Antipasti, Backwaren und diverse Non-Food-Sortimente.

Neue Produkte

Viel gelesen in Hersteller

News in Fleisch, Wurst & Geflügel