Fleisch, Wurst und Geflügel Alle sind Gewinner

Im Süden von Baden-Württemberg wurde etwas geschaffen, was Vorbildcharakter aufweist. Es wurde eine regionale Kette für die Vermarktung des Schwarzwald Bio-Weiderinds aufgebaut.

Freitag, 06. November 2020 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Alle sind Gewinner
Bildquelle: Markus Kaiser

Was vor 27 Jahren ganz klein begann, ist zu einem Vorzeigemodell für die Vermarktung von Rindfleisch geworden. Für alle Beteiligten sei es eine Win-win-Situation, die nur Gewinner kenne: die Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind (EZG), die bäuerlichen Betriebe, Schmidts Märkte und Edeka-Südwest-Fleisch, die Verbraucher und die Kulturlandschaft, betont Markus Kaiser, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft.

Ideale Voraussetzungen
Der Naturpark Südschwarzwald ist geprägt von Grünland auf kargen Böden. Diese Flächen sind für den Naturschutz sehr wertvoll, doch um die Artenvielfalt zu erhalten, muss Beweidung oder Mahd die Verbuschung verhindern. Eigentlich seien dies ideale Voraussetzungen, um dort Bio-Rinder und damit ein marktreifes Produkt zu halten. Doch das rentiere sich für viele Landwirte nicht, so Markus Kaiser. Daher sei die Gründung der Erzeugergemeinschaft für die Vermarktung der Tiere initiiert worden, so Kaiser. In Gang kam die Vermarktung erst durch die Edeka-Kaufmannsfamilie Schmidt aus Rickenbach, die 14 Schmidts-Märkte in der Region Südschwarzwald betreibt.

Seitdem hat sich einiges getan: Momentan werden zehn bis zwölf Tiere pro Woche komplett über die Edeka-Märkte, über die Hausküche und das Restaurant vermarktet. Großer Beliebtheit erfreut sich der Weiderind-Burger. Ansonsten wird in den Fleischtheken nicht nur Kamm, Hüfte oder Filet angeboten, sondern auch Ochsenschwanz – eben alles, was das Rind hergibt. Das Schlachtalter wurde angepasst und liegt jetzt bei bis zu 24 Monaten für die weiblichen und bis zu 18 Monaten für die männlichen Tiere. Die Verträge mit Edeka-Schmidt gelten laut Kaiser für mehrere Jahre. Das gebe Planungssicherheit. Die Erzeugergemeinschaft müsse aber ein Jahr im Voraus anmelden, wie viele Tiere geliefert werden können. Edeka-Kaufman Michael Schmidt ist voll des Lobes über die Qualität des Produkts. Das Fleisch des Bio-Weiderinds sei besonders zart und äußerst schmackhaft. Das liegt vor allem an der natürlichen Ernährung der Tiere mit frischem Gras und Weidekräutern. Die Bio-Weiderinder wachsen im Herdenverbund unter natürlichen Bedingungen heran. Dadurch erhält das Fleisch seine intensive Marmorierung (Maserung) und seinen aromatischen Geschmack, so Schmidt.

Das Schwarzwald Bio-Weiderind zeichnet sich wie folgt aus:

  • Die Bio-Weiderinder befinden sich von mindestens Mai bis Oktober durchgehend auf der Weide.
  • Die Tiere ernähren sich im Sommer von saftigem Gras und Weidekräutern. Im Winter erhalten sie Heu und Silage.
  • Bei der Aufzucht kommen keinerlei Wachstumsförderer zum Einsatz. Außerdem wird auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel verzichtet.
  • Kurze Transportwege dienen dem Umwelt- und Tierschutz. So wird garantiert, dass frisches und hochwertiges Fleisch verkauft wird.
  • Unabhängige Institute kontrollieren die tiergerechte Haltung und das Tierwohl in den Betrieben, die nach den Naturland-Richtlinien und der EG-Öko-Verordnung wirtschaften.

Umstellung der Theke auf Bio-Rindfleisch
Eine besondere Situation gab es, als der Sommer 2018 so trocken war. Aufgrund der Trockenheit hatte die EZG für rund 100 Tiere kein Futter mehr. Also rief Markus Kaiser bei Inhaber Michael Schmidt an und fragte, ob er ihnen helfen könne. Michael Schmidt konnte die Tiere abnehmen. „Als der Überschuss abgebaut war, stand kurz die Frage im Raum: Stellen wir wieder um und nehmen das konventionelle Fleisch wieder in das Programm für die Theke auf?“, berichtet Michael Schmidt. Die Entscheidung fiel für das Bio-Weiderind. Das hatte zur Konsequenz, dass Michael Schmidt das komplette deutsche Rindfleischangebot auf Weiderind umstellte und das konventionell erzeugte Rindfleisch komplett auslistete. Und die Kunden nahmen das Angebot gut an. In diesem Jahr wurde der Verkauf um 20 Prozent gesteigert, obwohl das Bio-Weiderind laut Schmidt zwei bis drei Euro pro Kilogramm mehr als die konventionelle Variante kostet. Zu jedem Markt gehört ein Restaurant. Hier werden vor allem die Teile verkauft, die sich schlecht über die Theke vermarkten lassen. Im Vordergrund steht aber die Verwertung des ganzen Tieres.

70 Prozent wird bei den Schmidts-Märkten vermarktet
Während die Schmidts-Märkte 70 Prozent des Schwarzwald Bio-Weiderinds vermarkten, geht der Rest der Tiere zur Vermarktung seit 1998 an die Edeka-Südwest Fleisch. „Die Kooperation mit den Schmidts Märkten und der Edeka-Südwest-Fleisch läuft gut, für Probleme haben wir immer eine Lösung gefunden“, sagt Markus Kaiser. Für dieses Jahr sei es das Ziel, 1.400 Weiderinder über die Schmidts Märkte und die Edeka-Südwest-Fleisch zu vermarkten. Eine ganze Reihe an Märkten stünden in den Startlöchern, es brauche aber mehr Tiere, so Kaiser. Es sei aber eine Herausforderung, das ganze Jahr über Tiere zu liefern. EZG-Vorsitzender Markus Kaiser hofft auf Nachfrageimpulse aus der Gastronomie – über die Ganztiervermarktung – und vom Tourismus.

Die Schmidts-Märkte und die Edeka-Südwest-Fleisch schicken ihr Verkaufspersonal regelmäßig auf einen der Mitgliedsbetriebe der EZG, um den Kunden besser vermitteln zu können, wie das Fleisch produziert wird. Hier können sich die Mitarbeiter von den tiergerechten Haltungsbedingungen überzeugen, dass die Kälber nach der Geburt beim Muttertier bleiben, von Mai bis Oktober auf der Weide und im Winter nicht im Stall angebunden sind. Eine höchstmögliche Transparenz sei ebenfalls gegeben, weil die Rinder im Schlachthof einzeln zerlegt werden und jedes Teil für den Verkauf mit dem Namen des bäuerlichen Betriebs versehen wird.

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