Wasch- und Reinigungsmittel Warum die richtige Regalpräsentation über den Erfolg von Nachfüll-Produkten bestimmt

Hintergrund

Wasch- und Reinigungsmittel in Nachfüllverpackungen sind bislang kein Erfolg. Hersteller setzen trotzdem darauf. Was das soll. Und welche Rolle die Regalpräsentation spielt.

Freitag, 21. März 2025, 06:40 Uhr
Elena Kuss
Bildquelle: Getty Images

Drei große WC-Reiniger-Flaschen thronen auf dem obersten Regalboden beim Edel-Supermarkt Esselunga in Italien. Dass die Flaschen leer sind, fällt erst auf, wenn man sie aus dem Regal nimmt. Eine aprikosenfarbene Banderole aus Pappe verdeckt nahezu den gesamten Flaschen-Körper. Chris Becker, Gründer des Münchner Start-ups Everdrop, steht vor dem Regal und strahlt über beide Ohren. Um die Produkte seines Unternehmens im Regal vor Ort bestaunen zu können, ist er mit einigen Mitarbeitern bis nach Italien geflogen. „Das ist der erste Store-Check, den wir als Team gemacht haben“, sagt Becker. „So viele Everdrop-Produkte nebeneinander zu sehen, war wirklich cool.“ Die italienische Supermarktkette hat das deutsche Start-up im August 2023 mit zehn Produkten gelistet. Eine echte Erfolgsgeschichte für die Münchner. „Sie haben uns mutig viel Platz eingeräumt, und es läuft hervorragend“, sagt Becker. In kürzester Zeit sei Esselunga drittstärkster Händler der Everdrop-Produkte geworden, sogar inklusive Deutschland. Und das mit nur 100 Filialen. Bereits seit 2019 versucht Everdrop, seine nachhaltigen Re-Fill-Produkte in Deutschland zu vermarkten. Das Konzept: leere Flasche plus Reinigungsmittel in Tablettenform. Nachgekauft werden dann nur die Tabletten, die der Verbraucher selbst in Wasser auflösen kann. Doch anders als in Italien wollte sich in Deutschland bisher kein durchschlagender Erfolg einstellen.

Markt für Nachfüller schrumpft

Während das WPR-Segment laut Marktforschungsinstitut Nielsen im Umsatz um 5,1 Prozent wächst, verlieren Nachfüller leicht um 1,5 Prozent. Insgesamt machten Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel knapp 5.500 Millionen Euro Umsatz, darauf entfielen 2024 lediglich 222 Millionen Euro auf Nachfüllangebote. Dass Nachfüller jedoch ein Erfolgskonzept sein können, zeigt die Marke Frosch. Insgesamt hat Frosch 26 Produkte zum Nachfüllen aus über zehn Warengruppen im Sortiment. Der Umsatzerfolg unterscheidet sich zwischen den Produkten stark, ist laut Frosch für das Unternehmen aber extrem wichtig. Beim Frosch-Glasreiniger beläuft sich der Umsatzanteil der Nachfüller laut Hersteller auf 34 Prozent. Bei Frosch Oase, einem Raumerfrischer der Marke, liegt der Umsatzanteil der Nachfüller sogar bei 82 Prozent. Außerdem sei man stolz darauf, bei einigen Produkten im Nachfüllformat wie Handseife oder Duschgel „First Mover“ zu sein, heißt es auf LP-Anfrage.

Nachfüller, eine Nische die schrumpft

Auch der Wäschepflege-Spezialist Dr. Beckmann will in diesem Jahr mit einem Nachfüllsortiment starten. „Bei manchen Produkten wie unserem Polstereiniger stehen wir noch vor technischen Hürden“, sagt Marco Buschmeier, Marketing-Chef bei Dr. Beckmann. Der Wunsch der Kunden nach Nachfüllprodukten sei für das Unternehmen jedoch deutlich spürbar. Auch die bereits zitierte Nielsen-Studie bestätigt das. Bei Wasch- und Reinigungsmitteln steht der Umweltschutz als Kaufgrund an erster Stelle. Rund ein Drittel der Verbraucher kauft laut Studie nachhaltige Produkte in diesem Segment, weil sie gut für die Natur sind, während 29 Prozent den Klimaschutz als Hauptgrund angeben. Weitere wichtige Aspekte sind die Vermeidung von Mikroplastik (25 Prozent), die Reduktion von Abfall (23 Prozent) und ein geringerer Gehalt an Schadstoffen (22 Prozent).

Nicht zu unterschätzen ist als Kaufgrund jedoch auch der geringere Preis für Nachfüller. Der Badreiniger inklusive der Flasche von Everdrop kostet beispielsweise bei dm mit 500 Millilitern 3,95 Euro. Der Nachfüller in Pulverform kostet 1,95 Euro. Der Badreiniger von Frosch kostet bei gleicher Milliliterzahl 1,95 Euro. Der Nachfüller kostet 2,75 Euro mit 950 Millilitern. Marco Buschmeier sieht auch im Ausland großes Potenzial für Nachfüllangebote. Gerade in Lateinamerika seien Re-Fill-Produkte immens wichtig, da sie deutlich günstiger als das Originalprodukt sind. Dabei gehe es im Bereich Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel dem Shopper selten nur um Nachhaltigkeit, sondern auch immer um Leistung und Benutzerfreundlichkeit. „Convenience ist ein entscheidender Kaufanreiz“, sagt Buschmeier. Dr. Beckmann setzt deshalb auch auf Innovationen wie Waschmittelblätter, ein wasserlösliches Tuch, das in die Waschmaschine gelegt wird. Auch hier kann der Kunde Verpa­ckung einsparen. Konkret: Die Waschmittelblätter reduzieren den Plastikverbrauch gegenüber einem Flüssigwaschmittel um etwa 80 Prozent. Auch WC- und Allzweckreiniger bietet das Unternehmen in dieser speziellen Form an.

Facing entscheidet

Die Erfolgsgeschichte von Everdrop in Italien zeigt recht eindrücklich, wie entscheidend das Facing für gute Umsätze gerade mit Re-Fill-Angeboten ist, also der Anzahl der Packungen, die nebeneinander im Regal stehen. Bei der Drogerie dm werden die Nachfüller deshalb in die Nähe des bereits befüllten Produkts platziert. Alexander Strehlau, Geschäftsbereichsverantwortlicher Sortiment bei dm-Drogeriemarkt, berichtet, dass manche Bereiche wie Nachfüller für Handseifen aufgrund der guten Kundennachfrage bereits auch optisch erweitert wurden. Größere Nachfüllpackungen werden bei dm wegen des Preisvorteils und auch der besseren Sichtbarkeit im Regal gut angenommen.

Relevante Umsätze mit Nachfüllers bei Frosch

Bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs und dem Anstieg der Inflation hatten Start-ups die Kategorien Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel im stationären Handel belebt. Dann drehte sich die Konsumstimmung. Der Nachhaltigkeitsindex des Marktforschungsinstituts Nielsen erreichte im Januar ein neues Rekordtief. Und auch in den Regalen ist klar zu erkennen, dass gerade nachhaltige Marken aus dem Sortiment fallen. Das Reiniger-Start-up Blaue Helden stellte im Januar den Betrieb ein, Henkel nahm seine Öko-Marke Love Nature vom Markt, und das Start-up Wasserneutral mit der Zahnpflege-Marke Hydrophil rutschte in die Insolvenz.

Everdrop soll das nicht passieren. 2025 will das Start-up profitabel werden und ändert dafür seine Strategie von Re-Fill auf Pre-Fill. „Ursprünglich hatten wir die Idee, dass wir kein Leitungswasser transportieren wollen, weil es ja direkt aus der Leitung kommt“, sagt Gründer Becker. Doch der Shopper im stationären Handel verstehe das Produkt einfach nicht gut genug. Viele wundern sich über die leeren Flaschen. Deshalb werden zukünftig in allen Märkten, auch bei Esselunga in Italien, vorbefüllte Flaschen von Everdrop stehen. Der Handel könnte mutiger sein und die Anzahl der Nachfüller-Produkte, die nebeneinander im Regal stehen, erhöhen. Denn Marken wie Everdrop sprechen jüngere Zielgruppen an, und frischer Wind belebt das Sortiment auch in Krisenzeiten.