Der Iced Coffee für zwischendurch hat sich einen festen Platz in den Kühlregalen des Lebensmitteleinzelhandels erobert. Mehr noch: „Das Segment Eiskaffee gehört seit einigen Jahren zu den dynamischsten in der weißen Linie“, weiß Thilo Pomykala, CSO bei Hochwald. Aber nicht nur im Molkereisegment finden die kalten Kaffees Beachtung. „In den letzten drei Jahren haben sich die Eiskaffees mit einem durchschnittlich zweistelligen Umsatzwachstum von 17,2 Prozent von allen Kaffeesegmenten am dynamischsten entwickelt“, so die Brand Managerin bei Nescafé Daniela Scholz.
Mit einer hohen Innovationsrate wie in fast keiner anderen Warengruppe entstehen neue Produktkonzepte, die im Umsatz sowie Absatz zu einer positiven Entwicklung der Gesamtkategorie führen. So verzeichnet Eiskaffee in Summe inzwischen einen Umsatz von rund 460 Millionen Euro jährlich. Tendenz weiter steigend, wie die Umsatzzahlen des Marktforschungsunternehmens NIQ für die Absatzkanäle Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriemärkte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres zeigen.
Es braucht also nicht einmal ein Sommermärchen, um die Absatzzahlen von kaltem Kaffee spürbar nach oben schnellen zu lassen. Einen richtigen Sommer aber schon, denn: „Aktuell sehen wir ob des Sommers, der weiterhin auf sich warten lässt, eher Stagnation“, bringt die Marketingleiterin von Emmi Deutschland, Katharina Enzmann, Wetterlage und Absatzzahlen auf den Punkt. Fast könnte man sagen: Klagen auf hohem Niveau. Denn das Plus in diesem Jahr gegenüber demselben Zeitraum 2023 beträgt, laut Zahlen der NIQ, satte 10 Prozent.
2023 – ein Jahr, das stark durch die Kostensteigerungen und Inflation geprägt war. In vielen Bereichen führten die – ob echt oder gefühlt – dazu, dass die Kunden sehr preissensibel agierten, um ihre Ausgaben so weit wie möglich zu optimieren. Trotz alledem kamen 2023 viele finanziell an ihre Grenzen. Laut einer Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Schufa am Ende des Jahres hatte ein Fünftel der privaten Haushalte die Rücklagen aufgebraucht. Über die Hälfte der Befragten gab an, in ihrer Wahrnehmung weniger Einkommen zu haben.
Marken vermehrt in Aktion
Nicht zuletzt aufgrund gesunkener Regalpreise (1–5/2023: 1,01 Euro je Packung im Vergleich zu 1–5/2024: 0,97 Euro je Packung) und gesunkener Inflationsrate greifen nun wieder mehr Konsumenten in diesem Frühjahr zu Unterwegs-Eiskaffees. Doch: „Marktseitig können wir beobachten, dass Marken vermehrt in Aktion gekauft werden und die Bedeutung von Eigenmarken steigt“, so der CSO von Hochwald. Dass sich aber Premiumgenuss zu einem entsprechend passenden Preis auch derzeit realisieren lässt, bestätigt uns Frank Mayerhofer, Director Marketing & Innovation bei der Privat-molkerei Bauer. Ja, gut geführte Markenprodukte seien in der Regel robuster gegen Preissteigerungen, wenngleich es auch da eine Obergrenze gebe, so die Erfahrung von Daniela Scholz von Nescafé.
Zu Beginn des Jahres ist die Molkerei Berchtesgadener Land mit zwei milchbetonten Sorten in den Kaffee-Drink-Markt eingestiegen. Der empfohlene Ladenverkaufspreis liegt bei 99 Cent für den 250-Gramm-Karton mit Schraubverschluss. „Die Preisfestlegung unter der Preisschwelle von einem Euro war und ist in der momentanen Phase sehr wichtig. Gerade derzeit sind Preisschwellen und attraktive Aktionspreise das A und O bei erfolgreichen Markenartikeln“, gibt Florian Zielinski, der für den Verkauf bei der Molkerei Berchtesgadener Land zuständig ist, zu bedenken.
Becher für den schnellen Genuss
Der „On the go“-Markt macht den Löwenanteil bei den kalten Kaffees aus. Der Ready-to-drink-Markt bietet zwar auch 1- und 1,5-Liter-Gebinde, aber die „Kleinen“ passen gut zur wachsenden Nachfrage nach mobilen Erfrischungsgetränken in Deutschland. Alles, was unter einem halben Liter Inhalt hat, taugt für den schnellen Genuss unterwegs und boomt. Als praktischste Variante vor Glasflasche, Dose und Plastikflasche favorisieren Kunden den Becher. Allein 126 Millionen Packungen davon landeten in den ersten fünf Monaten in den Einkaufswagen von LEH und Drogeriemärkten. „Unsere Kunden kennen Emmi Caffè Latte seit 20 Jahren in dieser Form und Verpackung und lieben das Produkt in dem praktischen To-go-Format“, so Katharina Enzmann vom Schweizer Eiskaffee-Hersteller.
Doch auch beim so conveniencefreundlichen Becher klopft das Thema Nachhaltigkeit an. Stülpdeckel: ja oder nein? Hochwald beispielsweise hat sich für seine Bärenmarke-Range der Umwelt zuliebe auf eine Ausgestaltung ohne zusätzlichen Plastikdeckel entschieden. Die Doppelplatine mit integrierter Trinköffnung soll nun einen hygienischen, tropfsicheren und nachhaltigen Genuss gewährleisten. Einen anderen Weg geht Mövenpick. Hier setzt man auf einen hochwertigen K3-Becher. Kartonbanderole und Kunststoffbecher können so voneinander getrennt, separat entsorgt und zu 100 Prozent recycelt werden. „Somit greift die Mövenpick-Iced-Coffee-Verpackung die Ansprüche einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft optimal auf“, ist sich Frank Mayerhofer sicher.
Nur jeder fünfte Eiskaffee to go wird in der PET-Flasche gekauft. Kartonverpackungen, Dosen und Glasflaschen sind zwar auf dem Markt erhältlich, spielen aber über den Absatzkanal LEH eine geringe Rolle. Anders sieht das an Tankstellen aus. Hier ist die Dose Trumpf. Senior Brand Managerin bei Nescafé Daniela Scholz weiß auch warum: „Die Aluminiumdose hat eisgekühlt eine angenehme Haptik.“
Von der Verpackung zum Inhalt: Das Ranking der beliebtesten Geschmackssorten führt seit Jahren die Sorte „Latte macchiato“ an. 40 Prozent des Marktes macht diese Variante aus. Danach folgt mit einem Marktanteil von knapp 18 Prozent „Cappuccino“. Klassischer Eiskaffee rangiert erst auf Platz 3. „An den Bundesautobahntankstellen ist die Sorte ‚Espresso macchiato‘ besonders beliebt“, beschreibt Scholz, welchen Kick Autofahrer für die nächsten 100 Kilometer brauchen.
Wie auch bei anderen Milchmischgetränken gewinnen zuckerreduzierte oder zuckerfreie Sorten. Inzwischen haben sie etwas über 7 Prozent am Gesamtabsatz. Ebenso können lactosefreie und High-Protein-Produkte ihren Absatzanteil erhöhen. Kalte Kaffees in Bioqualität fristen dagegen ein Nischendasein.
Vegan bleibt Nische
Pflanzliche Drinks sind in der heutigen Zeit ein fester Bestandteil der Supermarktregale. Das Segment verzeichnet in den letzten Jahren ein kontinuierliches Wachstum. „Eine Verschiebung hin zu veganen Eiskaffees ist jedoch nicht in gleichem Maße zu beobachten wie bei klassischer Milch“, weiß Thilo Pomykala, CSO bei Hochwald. Dem pflichtet Daniela Scholz, Nescafé, bei: „Der Großteil der Eiskaffees wird immer noch mit Kuhmilch hergestellt.“