KI für afrikanische Kleinbauern Wie ein digitaler Mentor Sprachbarrieren überwindet und für bessere Ernten sorgt

Hintergrund

Das Tech-Unternehmen Farmerline aus Ghana hilft Kleinbauern, ihre Ernten zu steigern. Der Schlüssel: die Sprache.

Dienstag, 06. Mai 2025, 05:40 Uhr
Bettina Röttig
Alloysius Attah will Wohlstand für Farmer in Afrika mithilfe von KI-Lösungen ermöglichen. Bildquelle: Farmerline

Kränkeln meine Pflanzen? Steht Regen an? Wann ist der ideale Zeitpunkt auszusäen, wann sollte ich düngen? Zu welchem Zeitpunkt Kleinbauern diese Fragen beantwortet bekommen, entscheidet mit über eine gute Ernte und die Ernährungssicherheit. In den Anbauregionen Afrikas, wo Internetzugang und Smartphones seltener sind, kommt die nötige Antwort selten zur richtigen Zeit, und sprachliche Hürden erschweren die Umsetzung. Die Lösung: ein digitaler Mentor für Kleinbauern in der eigenen Muttersprache.

Diese Idee hat Alloysius Attah, Sohn von Kleinbauern aus Ghana, mit seinem Tech-Unternehmen Farmerline und der Lösung Darli AI umgesetzt. „Ich bin auf einer Farm aufgewachsen, habe erlebt, wie hart die Bedingungen sind, und wollte etwas verändern“, erzählt er im Gespräch mit der Lebensmittel Praxis. Technologie und künstliche Intelligenz haben das Potenzial, Wissen zu demokratisieren und Sprachbarrieren zu überwinden. Auf diesem Gedanken gründete er 2013 sein Unternehmen „nach einem Bootcamp für Kodierer und mit nur 600 Dollar“. Sein Ziel: westlicher Wohlstand auch für Kleinbauern in Entwicklungsländern. „In Afrika liegen 60 Prozent der weltweiten Ackerflächen und wir haben die jüngste Bevölkerung. Es gibt absolut keinen Grund, diese Möglichkeiten nicht zu nutzen“, sagt er.

Der digitale Mentor Darli AI lehrt Methoden, mit denen Landwirte ihre Erträge steigern und gleichzeitig die Umwelt schützen können. Bisher waren Kleinbauern auf den Besuch von Beratern angewiesen, die von Dorf zu Dorf reisen, „was effektiv, aber sehr teuer ist“, sagt Attah. Darli soll ergänzend Soforthilfe leisten. „Darli AI nimmt verfügbare Informationen, bereitet diese verständlich auf und stellt sie in der jeweiligen Muttersprache des Farmers zur Verfügung, wann auch immer er sie benötigt“, erklärt er. Für die Nutzung des Dienstes ist keine aktive Internetverbindung notwendig. Die Farmer müssen nicht lesen oder schreiben können, der Austausch ist über Voice-Messaging auch in seltenen Sprachen möglich.

Wenn Hilfe hörbar wird

Wie genau das funktioniert? „Der Landwirt wählt einen Code, in Ghana ist es die 399, und stellt seine Frage, und die KI antwortet in seiner lokalen Sprache“, erklärt der Gründer. Egal ob es um das Wetter geht, um Informationen zum Mulchen oder zu Zwischenfrüchten. „Auch Schulungen zu Themen wie Entwaldung oder dazu, wie sie Kinderarbeit vorbeugen können, werden auf diese Weise vermittelt“, zählt er auf. Sein Unternehmen trackt dabei zudem, ob Nutzer die Erkenntnisse auch umsetzen.

Die Interaktion ist aktuell in 20 afrikanischen Sprachen wie Luganda (Uganda), Twi (Ghana) oder Yoruba (Togo und Nigeria) möglich. „Wir wollen so auch seltene Sprachen bewahren“, sagt Attah. Zudem werden die großen Weltsprachen unterstützt. Durch den Einsatz von Satellitenbildern, Bodendaten und KI-gestützter Analytik bietet Farmerline Nutzern Informationen in Echtzeit zu Bodengesundheit, Wetterbedingungen und Leistung der Kulturen. In Kombination mit lokalisierten Wettervorhersagen helfen diese Tools den Landwirten, ihre Aktivitäten besser zu planen. Wer ein Smartphone nutzt − bisher sind dies laut Attah vor allem große Farmer –, kann auch Bilder der eigenen Pflanzen einsenden und bekommt eine schnelle Analyse, ob diese von einer Krankheit befallen sind und was zu tun ist.

„Unser Überwachungssystem deckt derzeit 3,2 Millionen Hektar mit einer Genauigkeit von über 94 Prozent ab“, sagt Attah sichtlich stolz. Bisher seien Projekte in 50 Ländern weltweit umgesetzt worden, mit 2,3 Millionen Farmern und 4,5 Millionen Hektar Anbaufläche. Nach Angaben des Gründers konnten Kleinbauern mit Unterstützung von Farmerline ihre Ernten um das 2,5-Fache, ihre Einkommen um das Dreifache erhöhen. Die durchschnittliche Größe eines Haushalts seien fünf Personen, somit profitierten rund 10 Millionen Menschen, antwortet Attah auf die Frage nach dem Einfluss auf die Kommunen. „Wir haben zudem Entwaldung verhindert. Unsere Plattform überwacht 280 Millionen Hektar Wald und alarmiert die Leute, wenn sie etwas unternehmen müssen.“ 51 Prozent der Nutzer seien Frauen. „Bei Vor-Ort-Schulungen erleben wir, dass Frauen immer als Erste kommen, aber sobald die Männer erscheinen, dominieren diese, während die Frauen verstummen. Über Darli können Frauen sich zu Wort melden und am Wissen teilhaben.“ Bis 2030 will Attah 15 Millionen Farmer zu mehr Wohlstand verholfen haben.