Rund 1,5 Millionen Hektar Agrarflächen gehen pro Jahr durch die Versalzung von Böden verloren, warnt die Welternährungsorganisation (FAO). Die Überschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen in Meeresnähe nehmen zu, vielerorts wird das Grundwasser salziger, und unsachgemäße Bewässerungspraktiken tragen zum Problem bei. Alleine 20 bis 50 Prozent der bewässerten Flächen weltweit sind von Versalzung betroffen, heißt es im Bodenatlas 2024 der Heinrich-Böll-Stiftung. Wie sich von Versalzung betroffene Böden dennoch für die Lebensmittelproduktion zurückgewinnen und resiliente Wertschöpfungsketten aufbauen lassen, daran forschen Wissenschaftler wie die „Salz-Doktoren“ aus den Niederlanden. Sie nutzen salztolerante Gemüsesorten und schulen Farmer in nachhaltigen Anbaumethoden.
„Der örtliche Salzgehalt, das Klima und der Markt bestimmen, welche Kulturen am besten geeignet sind“, erklärt Dr. Arjen de Vos, Gründer und Direktor des Sozialunternehmens „The Salt Doctors“, der Lebensmittel Praxis. Alle Rüben seien sehr salztolerant, Karotten, Kartoffeln, Tomaten und Blumenkohl eigneten sich ebenfalls gut. „Neben den Kulturen geht es in der salinen Landwirtschaft um den Boden und die Bewässerungssteuerung. Da die Böden salzbefallen und degradiert sind, ist die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit sehr wichtig“, sagt er. Organisches Material, eine gute Fruchtfolge und der Einsatz von Gründüngungspflanzen tragen dazu bei.
Mittlerweile haben er und seine Kollegen in mehr als 20 Ländern gearbeitet. In einem dreijährigen Projekt in vier Küstendistrikten Bangladeschs schulten sie rund 5.000 Kleinbauern, um versalzte, bislang brach liegende Böden wieder nutzbar zu machen. 76 Prozent der Bauern bewirtschafteten zum Ende des Projekts ihre Böden auch in der trockenen Jahreszeit. Das Haushaltseinkommen wuchs um durchschnittlich 34 Prozent.
Zum Konzept
Saline Landwirtschaft ist ein Anbausystem, das darauf abzielt, landwirtschaftliche Flächen in Salzwasserregionen sowie degradierte Böden nutzbar zu machen, um die Lebensmittelproduktion zu steigern und die Resilienz von Lieferketten zu erhöhen, indem es die Abhängigkeit von Süßwasser reduziert.
Auch erste Großkonzerne zeigen laut de Vos Interesse: „HZPC, einer der weltweit größten Kartoffelzüchter, hat die Bedeutung des Themas erkannt und züchtet Sorten, die salztolerant sind.“ In einigen Fällen sei es gelungen, eine völlig neue Anbausaison einzuführen, wodurch Landwirte ihre Ernten verdoppelten. Durch die Einführung toleranterer Pflanzensorten und einer nachhaltigen Bodenbewirtschaftung erzielten die Farmer im Projekt im Durchschnitt Ertragssteigerungen von bis zu 40 Prozent.
Der Salz-Doktor wünscht sich ein schnelleres Vorankommen. Die Vorführung auf dem Feld wäre sehr wichtig, aber: „Derzeit wird viel Zeit und Geld in die Politik und die akademische Forschung gesteckt, jedoch ändert das nichts in den landwirtschaftlichen Betrieben.“ Herausfordernd: Viele Projekte umfassten nur eine Schulung oder eine Anbausaison − zu kurz, um den Mehrwert von ökologischen Betriebsmitteln zu zeigen. Das Ziel: ein globales Netzwerk von Demonstrationsstandorten, die sich auf die praktischen Aspekte der Salzwirtschaft konzentrieren. „Wenn die Landwirte davon überzeugt sind, dass es sich um eine risikoarme und erschwingliche Lösung handelt, werden sie auch in diese investieren“, ist sich der Niederländer sicher.