Mit Innovationen will die Rügenwalder Mühle ihre Position im Markt für Fleisch- und Wurstalternativen festigen. Gerade gab es grünes Licht von der Europäischen Kommission für die Mehrheitsbeteiligung der Familienholding Pfeifer & Langen Industrie-und Handels-KG an dem Unternehmen. Die Rügenwalder Mühle werde organisatorisch an die „The Nature’s Richness Group“ angebunden, erklären die Partner. Die Holding bündelt alle Aktivitäten von Pfeifer & Langen rund um die Herstellung von Fleisch- und Fischalternativen aus Pflanzenprotein.
Welche Konsequenzen die Neuaufstellung für die Innovationsstrategie hat, ist noch offen. Patrick Bühr, Head of Research and Development bei der Rügenwalder Mühle, und Chief Marketing Officer Steffen Zeller sehen Kooperationen als wichtigen Faktor in der Produktentwicklung. „Wir sind lange genug im eigenen Saft geschwommen“, gibt Bühr zu. „In unserem Team geht es auch viel um Kooperationen mit Start-ups sowie Forschungsarbeit mit Universitäten.“ Neben der eigentlichen Entwicklung von neuen Endverbraucherprodukten mit Fokus auf Geschmack, Textur und Erlebnis sei auch die Entwicklung von energieeffizienteren Prozessen und mehr Automation bedeutend für die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Sichtbares Ergebnis seines Teams waren im vergangenen Jahr rund 20 neue Produkte – allesamt vegan. „Letztes Jahr haben wir eine Innovationsrakete gezündet, um zu sehen, was der Laden kann“, sagt Bühr. Dabei handelte es sich um wenige Line Extensions, sondern hauptsächlich um Neuprodukte. In Zeiten der Inflation sowie dem gleichzeitigen Markteintritt von Handelsmarken sei Umsatzwachstum schwieriger, gerade für Marktführer. „Umso wichtiger ist es, mit echten Innovationen Zusatzumsätze zu generieren“, betont CMO Zeller. Nach einigen Jahren der Entwicklung wurden beispielsweise mit dem „Veganen Hauchschnitt“ Alternativen zu Geflügelaufschnitt gelauncht und ein neues Segment im Markt der veganen Produkte eröffnet. „Gleichzeitig war dies außerdem der erfolgreichste Produktlaunch in der Kategorie in 2023. So konnten wir On-top-Umsätze einfahren und neue Käufer gewinnen, so Bühr. Kannibalisierungseffekte seien ausgeblieben.
Konkurrenz macht die Rügenwalder Mühle neuerdings der Vegan-Marke Greenforce im Trockensortiment. Gemeinsam mit der Marke Koro und dem Food Harbour Hamburg wurden Ende 2023 erstmals Trockenfertigmischungen für veganes Hack, Frikadellen und Bacon Bites mit Co-Branding in die Regale des Handels gebracht. „Erfolgreiches Co-Branding scheitert oftmals an den Egos der Marketeers, aber wir haben es hinbekommen“, so Zeller. Über die Kooperation habe Rügenwalder Zugang zur jungen Zielgruppe von Koro sowie zum E-Commerce des Start-ups bekommen.
Kooperationen und Kollaborationen sieht der Leiter der Produktentwicklung als wichtige Treiber der weiteren Innovationsleistung. Als etablierter Hersteller könne Rügenwalder jungen Unternehmen viel Erfahrung und Marktzugang bieten. Umgekehrt gewinne das Traditionsunternehmen durch die Zusammenarbeit mit Start-ups an Geschwindigkeit.
Ein bedeutender Faktor. Bereits wenige Wochen nach dem Launch der Mix&Fertig-Range standen Me-too-Produkte in den Regalen von Aldi. „Wenn Händler auf ein Produktsegment aufspringen, hilft dies in der Regel, es ist ein Zeichen, dass die Kategorie bedeutend genug ist“, meint Zeller. Die Aufgabe der Marke sei es, die sensorisch beste Qualität und Gelingsicherheit zu gewährleisten, verdeutlicht Bühr und ergänzt: „Ich gebe Produkte nur frei, wenn wir eine signifikante Verbesserung im Vergleich zum Wettbewerb erreicht haben oder unsere ambitionierten internen Benchmarks auch in externen Test bestätigen können.“
Junge Zielgruppe und Eltern im Fokus
Erstmals hat das Unternehmen gekühlte vegane Produkte speziell für die Zielgruppe der 4– bis 17-Jährigen auf den Markt gebracht, die beim Zucker-, Salz- und Fettgehalt den Nährwertempfehlungen der WHO für Kinder entsprechen. Die „Vegane Abenteuer Mortadella“ und der „Vegane Abenteuer Streich“ kommen nach Angaben von Bühr mit nur 1,2 Prozent Salz und ohne Zuckerzusatz und Geschmacksverstärker aus, bringen höhere Ballaststoff-Anteile mit und sind cholesterinfrei. Es gehe nicht darum, eine vegane Ernährung für Kinder zu propagieren, sondern Alternativen zu bieten, die auch dazu beitragen können, die Geschmacksgewohnheiten zugunsten weniger süßer und salziger Noten zu prägen, erklärt Zeller. Schon jetzt kündigen die Manager weitere Produkte für Kinder an.