Heimtierbedarf Marke muss es sein

Hunde und Katzen werden als Familienmitglieder von ihren Haltern verwöhnt. Während der Pandemie waren kaum Preisgrenzen gesetzt. Mit der Inflation kam das Umdenken – vor allem bei Bedarfsartikeln.

Freitag, 16. Juni 2023 - Sortimente
Matthias Mahr
Artikelbild Marke muss es sein
Bildquelle: Getty Images

Auch der Markt der Heimtierbranche ist inzwischen von der Inflation eingeholt worden. Die Zeiten, als die Bäume während der Pandemie quasi in den Himmel wuchsen, sind vorbei. Dennoch: Die Absatzzahlen beim Heimtierfutter bleiben konstant (siehe Grafik auf den Seiten 64 und 65), nur bei Bedarfs- und Zubehörartikeln halten sich die Verbraucher derzeit zurück. Der Umsatz ist hier marginal zurückgegangen.

Die deutsche Heimtierbranche hält nach Angaben des Industrieverbandes Heimtierbedarf (IVH) und des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe Deutschland (ZZF) das hohe Umsatzniveau der Vorjahre und entwickelt sich trotz der allgemein angespannten Wirtschaftslage weiterhin positiv, heißt es seitens der Interessensvertreter. Mit einem Gesamtumsatz von 5,126 Milliarden Euro verzeichnete der stationäre Fach- und Lebensmitteleinzelhandel im Jahr 2022 ein Umsatzplus von 7,1 Prozent, das größtenteils dem Preisauftrieb geschuldet ist. Hinzu kamen 1,203 Milliarden Euro über den Onlinehandel – eine Steigerung von 14 Prozent. Als Hauptabsatzweg für Heimtier-Fertignahrung behauptet sich der Lebensmitteleinzelhandel (einschließlich Drogeriemärkten und Discountern). Hier wurden 2022 mit einem Umsatzanteil von 62 Prozent 2,502 Milliarden Euro umgesetzt.

Katzen liegen im Futtersegment vorn
Mit einem Gesamtumsatz von 2,011 Milliarden Euro im stationären Handel und damit einem Plus von 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr blieb der Markt für Katzenfutter auch im Jahr 2022 das größte Futtersegment. Wachstumstreiber war 2022 jedoch der Markt für Hundefutter: Dieser erzielte in den klassischen Vertriebswegen mit 1,807 Milliarden Euro ein Umsatzplus von 7,8 Prozent. In diesem Segment gab es mit Blick auf das stärkste Wachstum eine Verschiebung in Richtung Feuchtfutter: Dieser Bereich legte mit 595 Millionen Euro und einem Plus von 13,4 Prozent am deutlichsten zu, gefolgt von Trockenfutter (516 Millionen Euro, plus 7,4 Prozent) und Snacks (696 Millionen Euro, plus 3,6 Prozent). Mit „Kaufmotiven im Heimtiermarkt“ hat sich 2020 die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn noch vor Corona auseinandergesetzt. Der LEH überzeugt demnach seine Kunden mit Zeitersparnis durch One-Stop-Shopping (68 Prozent) und dem Preis (49 Prozent). Der Onlinehandel kann, so heißt es in dieser Untersuchung, wesentliche Vorteile des Fachhandels und des LEH aus Sicht der Kunden vereinen: Spezielle Marken (69,9 Prozent), spart Zeit (64,9 Prozent), spart Geld (43,8 Prozent), Sortimentsvielfalt (24,3 Prozent) und Spezialnahrung (21,7 Prozent). Nur in der persönlichen Beratung kann der Onlinehandel natürlich nicht mit dem stationären Fachhandel mithalten.

Spannend ist die Frage nach den Gründen, warum von den Tierliebhabern nicht im LEH eingekauft wird: Nach Angaben der DHBW-Untersuchung meiden 71 Prozent wegen der fehlenden Marken und 62 Prozent wegen der geringer eingeschätzten Qualität der Produkte den LEH. Viele selbstständige Edeka-Kaufleute können die Studienergebnisse ganz aktuell bestätigen; die Folgen des Preiskampfes der Edeka-Zentrale und das Listungsaus für etliche Marken zeigen nämlich ihre Wirkung auf der Fläche der gelbblauen Genossen. „Katzen würden tatsächlich gerne Whiskas bei uns gekauft bekommen“, betont ein Kaufmann aus der Region Südwest. Er sagt: „Sogar meine Schwester geht jetzt zum Fressnapf, weil ihr Tiger nur Sheba frisst.“

Nicht nur im Südwesten liegen die „Gut & Günstig“-Alternativen im Vergleich zur Markenware aus dem Mars-Petcare-Universum fast wie Blei im Regal. Das ist auch bei Edekanern in Nordbayern der Fall. Der hier angesprochene Kaufmann greift vermehrt zu regionalen Produkten und gibt kleineren Anbietern damit eine Chance, um die Lücken in der Auslage zu schließen. Das machen viele Edeka-Genossen so. Das Kaufverhalten lasse sich bei Produkten für Haustiere – wenn überhaupt – nur langsam ändern. Marken wie Whiskas, Sheba, Frolic, Kitekat oder Catsan hätten sich deutlich schneller gedreht. Allerdings: Die Kaufleute stehen zur Entscheidung ihrer Zentrale und sehen im „gefräßigen“ Mars-Konzern den Buhmann.

Vom Versorger zum Umsorger
Fachhändler wie Fressnapf profitieren vom fehlenden Markenangebot der Edeka. Ein Fressnapf-Manager bestätigt: „Wir platzieren die Marken extra in Kopfhöhe. Die Nachfrage ist natürlich gestiegen.“ Fressnapf setzt auf Beratung durch Fachpersonal und möchte mehr als nur Versorger sein. Deutschlands größter Tierfachmarkt ist Umsorger und bietet deshalb verschiedenste Services wie einen Onlinetierarzt oder Hundesalons im Umfeld der Stores an. Zudem hebt Fressnapf auch seine 16 Exklusiv-Marken hervor. Diese Eigenmarken werden aber anders als die im LEH nicht als solche wahrgenommen. Sie sind als Premium-Angebot positioniert. Edeka scheitert mit seinen Handelsmarken bei den Tierliebhabern daran, dass diese die günstigeren Produkte meist als qualitativ minderwertiger ansehen. Haustierbesitzer haben eine hohe emotionale Bindung zu ihren Katzen sowie Hunden und treffen deshalb nach Aussagen der DHBW-Studie eine „limitierte Kaufentscheidung“, weil es selten oder nie zu Impulskäufen kommt.

Rewe mischt seit 2014 im Heimtiermarkt mit. Damals übernahmen die Kölner mit Zooroyal einen reinen E-Commerce-Anbieter. Inzwischen ist das Eigenmarken-Sortiment von Zooroyal online und stationär in vielen Rewe-Märkten vorzufinden. Zudem haben Rewe und Zooroyal nach Hamburg-Niendorf in Norderstedt einen zweiten stationären Tierfachmarkt eröffnet. Das Gemeinschaftsprojekt sei der nächste Schritt in den stationären Tierfachhandel, heißt es. Fressnapf nimmt den LEH eigentlich nicht als Wettbewerb wahr, der neu eröffnete Zooroyal-Store in Niendorf hinterlässt jedoch Eindruck in der Branche. Anders als Fressnapf arbeiten Zooroyal und Rewe mit einer vorgegebenen Wegführung. Besonders das große Know-how in der Flächennutzung seitens Rewe steche dort hervor.

Nachfragen bei Zooroyal und Rewe blieben unbeantwortet. Fest steht jedoch: Bei der Umsetzung des stationären Konzeptes sind Erfahrung und Expertise der Rewe im stationären Bereich mit der von Zooroyal verschmolzen. Tierfreunde kaufen mit hohem Vertrauen stationär im Fachhandel ein. Der Preis gehört laut DHBW-Studie nur für 12,2 Prozent der Befragten zu den wichtigsten Produktmerkmalen. Das verspricht gute Margen für Mutter und Tochter. Die Rewe stellt sich gut auf im Heimtiermarkt. Und anders als Wettbewerber Edeka bietet sie Markenvielfalt.

Wie Heimtierhalter ticken

90

der Befragten einer DHBW-Studie betonten: „Mein Tier ist ein Familienmitglied.“

49

gaben in der oben genannten Befragung an, dass sie Tiernahrung erst nach längerem Überlegen kaufen würden.

68

betonten laut DHB, im Fachmarkt zu kaufen, da es dort spezielle Marken gebe.

26

der Tierhalter sind nach Angaben von IVH und ZZF im vergangenen Jahr über 60 Jahre alt gewesen. Sie gehören damit der größten Gruppe der Heimtierhalter an.

Neue Produkte

Viel gelesen in Hersteller

HIT Produkte 2023

Im Gespräch - Hersteller