Heißgetränke Kaffee und Tee als Ritual

Insbesondere in hektischen und turbulenten Zeiten wünschen sich viele Menschen besondere Ruhepole in ihrem Alltag. Genau diese verspricht der schon fast rituelle Genuss von Kaffee und Tee. Das ist im Markt der Heißgetränke gerade im Trend.

Donnerstag, 02. Dezember 2021 - Sortimente
Stefanie Aue
Artikelbild Kaffee und Tee als Ritual
Bildquelle: Getty Images

In der Europäischen Union wird weltweit der meiste Kaffee getrunken, vor den USA und Brasilien. Da wundert es nicht, dass auch in Deutschland eine ganze Kultur rund um das Kaffeetrinken entstanden ist. „Immer mehr Kaffeetrinker beschäftigen sich intensiv mit dem Produkt Kaffee“, beobachtet Andrea Mohr, Leiterin Produktmanagement im Geschäftsbereich Kaffee von Melitta. Von der Herkunft über die Röstung bis hin zur Zubereitung sollten daher alle Schritte transparent und hochwertig sein, so Mohr. „Kaffee und vor allem Kaffeespezialitäten, zum Beispiel in Form von Microlot- oder Farmkaffees, werden so zum Lifestyle-Faktor“, verrät sie. Vor allem werde auch Transparenz über die Herkunft des Kaffees verstärkt erwartet. So werde unter anderem die Möglichkeit, etwas über die Herkunft der Bohnen beispielsweise über einen QR-Code zu erfahren, relevanter. Darüber hinaus sollte die Röstung so individuell wie die Bohnen selbst sein. „Die Röstung sollte langsam und am besten per Hand erfolgen“, meint Mohr, denn die Zubereitung des Kaffees sei bereits Teil des Genussrituals. „Kein Wunder also, dass die Handfiltration eine immer beliebter werdende Zubereitungsart ist.“

Tatjana Rossberg, Marketing Director beim Instant-Produzenten Krüger, sieht viele unterschiedliche Trends im Markt der Heißgetränke. Vor allem habe sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten dahingehend geändert, dass sie seltener einkaufen gingen, dafür aber größere Mengen aus dem Supermarkt mitnähmen. Ebenso tränken die Verbraucher ihren Kaffee nunmehr vermehrt zu Hause, sodass der In-Home-Konsum angestiegen sei. Auch könne man ein überproportionales Wachstum von E-Commerce im Lebensmittelbereich beobachten, so Rossberg. Das Bewusstsein für Umwelt, soziale Gerechtigkeit und Verantwortung sei weiter gewachsen. Insbesondere Millennials unterstützten zunehmend Purpose-Marken. Und Nachhaltigkeit, Bio und Veggie/Vegan boomen auch im Heißgetränke-Segment, so Rossbergs Fazit.

„Das Kaffeewissen der Konsumenten ist gestiegen, und auch wir beobachten den Trend schon seit einigen Jahren, dass sich unsere Konsumenten vermehrt dafür interessieren, welchen Kaffee sie trinken, wo er herkommt und welches Nachhaltigkeitsengagement hinter dem Kaffee steht“, sagt Dirk Friedrichs, Unternehmenssprecher DACH bei Jacobs Douwe Egberts. So engagiere sich das Unternehmen im Rahmen seines Nachhaltigkeitsprogramms Common Grounds in 40 Projekten in den Kaffeeanbauländern weltweit. Auf diese Weise will man bei Jacobs Douwe Egberts die Lebensbedingungen von Kaffeebauern und ihrer Gemeinden verbessern.

Im Tee-Sortiment werden vor allem Qualität und Natürlichkeit an Bedeutung gewinnen, meint Annemarie Leniger, Geschäftsführerin der Ostfriesischen Tee Gesellschaft (OTG). „Tee hat bereits das Premiumsegment erreicht und wird ähnlich wie andere Lebensmittel zum Ausdruck von Lifestyle, Lebensqualität und Wohlstand“, gibt sie zu verstehen. Viele Verbraucher wünschten sich wenige, aber hochwertige Inhaltsstoffe, die frei von künstlichen Zusätzen sind, und seien auch bereit, dafür etwas mehr Geld auszugeben. Darüber hinaus seien Bio-Tees ein zentraler Wachstumstreiber im deutschen Teemarkt.

„Die Suche nach Möglichkeiten, einen gesunden Lebensstil in den Alltag zu integrieren, ist längst unser täglicher Begleiter geworden. Tee passt perfekt zu diesem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein und erfreut sich deswegen ungebrochener Beliebtheit“, meint auch Jesper Petersen, Leiter Marketing/PR beim Düsseldorfer Unternehmen Teekanne. Neben dem Megatrend Gesundheit profitiere der Teemarkt zusätzlich von der zunehmenden Bedeutung der Nachhaltigkeitsentwicklung. So könnten aktuell die Bio-Tees deutlich zulegen und machten inzwischen mehr als 20 Prozent des Umsatzes im Teemarkt aus. Davon fühlten sich gerade junge Teetrinker angesprochen. So wüchse die Marke Teekanne Organics ebenfalls sehr dynamisch.

Nachhaltigkeit immer relevanter
„Nachhaltigkeit wird immer relevanter“, meint Tatjana Rossberg. 68 Prozent der Verbraucher fänden es wichtig, dass Produkte plastikfrei sind, 45 Prozent bevorzugten nachhaltige Produkte. „Nachhaltigkeit hat dabei verschiedene Facetten: von der Verpackung über die Inhaltsstoffe bis hin zur ressourcenschonenden Produktion und Umweltschutz“, gibt Rossberg zu bedenken. Die noch junge Marke Honest Bean des Unternehmens Krüger sei dementsprechend konzipiert: Der Bio-Kakao sei Fairtrade-zertifiziert und erfülle damit besondere ökologische, ökonomische und soziale Standards. Außerdem enthalte er nur wenige Zutaten und verzichte auf künstliche Zusätze sowie Industriezucker, so Rossberg. Und die Verpackung? Die 400-g-Boardio-Dose besteht aus FSC-zertifizierten Rohstoffen – davon 89 Prozent Papier – und ist über das Altpapier recycelbar.

Diesen Trend kann auch Axel Kampmann, Vorstand bei Darboven, bestätigen. „Wir sehen den klaren Trend zu allen Heißgetränken, die nachhaltig und zertifiziert sind – also Bio-und/oder Fairtradekaffees“, so Kampmann. Mit den neuen Länderkaffees aus Peru und Honduras bietet die Marke Café Intención neben beiden Zertifizierungen (Bio und Fairtrade) nun auch mehr Transparenz. Die beiden sortenreinen Neuprodukte bedienen das gestiegene Verbraucherinteresse an der Herkunft von Produkten. Gleichzeitig sei seit vergangenem Jahr das Bewusstsein für Nachhaltigkeit gestiegen: „Die Pandemie hat gezeigt, dass wir nur gemeinsam Krisen bewältigen können“, sagt Kampmann. „Dieses Bewusstsein führt beim Konsumenten auch zu einer höheren Bereitschaft, nachhaltige Produktkonzepte, die in der Regel ja auch höherpreisig sind, verstärkt nachzufragen.“

Auch bei der Ostfriesischen Tee-Gesellschaft legt man Wert auf nachhaltige Produkte, die es ermöglichen, Genuss mit einem guten Gewissen zu verbinden. Bis 2030 will das Unternehmen mit der Marke Meßmer seinen Anteil an Tees aus zertifiziertem Anbau (zum Beispiel Rainforest Alliance, Fairtrade) von derzeit 70 Prozent auf 100 Prozent steigern. „Wir wollen die Entwicklung zu einer nachhaltigen und verantwortungsbewussten Teebranche aktiv vorantreiben“, proklamiert Annemarie Leniger. Als Familienunternehmen sei dem Unternehmen die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Teeanbauer und ihrer Familien dabei besonders wichtig. Dafür hat das Unternehmen unter anderem eine Sonderedition kreiert: Mit jedem Packungskauf von „Women for women“ unterstützen die Verbraucher so das gemeinsame Projekt von OTG und World Vision in Tansania, das die Lebenswelt afrikanischer Frauen und ihrer Familien verbessern will.

Corona und Konsum
In den vergangenen 1,5 Jahren hat sich das Konsumverhalten der Verbraucher aufgrund der allgemeinen gesellschaftlichen Einflüsse gewandelt. „Der Außer-Haus-Konsum in der Gastronomie, aber auch am Arbeitsplatz, hat sich spürbar auf die eigenen vier Wände verlagert“, beschreibt Dirk Friedrichs die gegenwärtige Situation. Für viele Menschen habe Kaffee während der Pandemie eine veränderte Funktion eingenommen. „Für die einen ist er nach wie vor das Getränk zum Muntermachen, für andere ist er auch vermehrt das Getränk zur Stressbewältigung oder zum Überkommen von Langeweile während des Lockdowns geworden“, so Friedrichs. Zudem seien Konsumenten mittlerweile aufmerksamer, wodurch sich Nachhaltigkeits- und Gesundheitstrends beschleunigt hätten.

Auch Tatjana Rossberg bestätigt den In-Home-Konsum. Im Jahr 2020 beobachtete sie ein intensitätsgetriebenes Wachstum, das aus dem größeren Mengenkonsum der Verbraucher resultierte. Dies ginge mit dem gestiegenen In-Home-Konsum einher. 2021 hingegen sei die Intensität leicht zurückgegangen (-2,9 Prozent). Dafür steige jedoch die Käuferreichweite an. „Insgesamt greifen mehr Menschen zu löslichen Kaffee-Spezialitäten als 2020“, so Rossberg. Der Zuwachs betrug in diesem Zeitraum 1,8 Prozent.

„Der Konsum von Kaffee zu Hause hat sich durch das Arbeiten im Homeoffice natürlich deutlich erhöht“, bestätigt auch Andrea Mohr. Mit dem steigenden Verbrauch stiege aber auch der Anspruch an die Qualität des Kaffees. „Wir beobachten, dass die Investitionsbereitschaft, beispielsweise in einen Vollautomaten, größer geworden ist“, so Mohr. Viele Konsumenten hätten sich – auch aufgrund ausbleibender anderer Investitionen – diesen Alltagsluxus gegönnt. Infolgedessen würden verstärkt Ganze-Bohne-Produkte nachgefragt werden, was dieses Segment schnell wachsen ließe.

Ähnlich wie beim Kaffee machte sich der heimische Verzehr auch im Teesegment bemerkbar. Tee wird von vielen Verbrauchern nicht nur als genussvoll, sondern auch als gesund, wohltuend und heilsam wahrgenommen. So ist es kein Wunder, dass Tees in einer dynamischen und hektischen Zeit verstärkt nachgefragt werden. „Die Verbraucher haben den Wunsch, sich auch im Kleinen etwas Gutes zu tun, sich einen Moment Auszeit vom Alltag zu nehmen und zu entschleunigen“, gibt Annemarie Leniger Einblick in die Bedürfnisse der Kunden. Das sei auch der OTG zugutegekommen: „Die gesteigerte Nachfrage seitens des Handels spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen wider. Die Ostfriesische Tee-Gesellschaft konnte ihren Umsatz im Jahr 2020 auf 257 Millionen Euro steigern. 2019 betrug der Umsatz 250 Millionen Euro“, so Leniger.

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