Tabakwaren Mächtig Dampf

Lange übten die Tabak- konzerne in Deutschland Zurückhaltung bei der E-Zigarette. Jetzt machen zwei Big Player Dampf. Auf den LEH kommen neue Herausforderungen zu.

Donnerstag, 31. August 2017 -
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Mächtig Dampf
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Hätten Sie das gedacht? Der Anteil der Verwender von E-Zigaretten bewegt sich laut Reemtsma in einem „niedrigen einstelligen Prozentbereich“. Gemessen an der medialen Präsenz der Dampfer, ist dies eine ernüchternde Zahl. Allerdings glaubt der Verband des eZigarettenhandels (VdeH), dass sich die Dampf-Sticks bald aus der Nische erheben und zu einem im Verhältnis zur herkömmlichen Zigarette ebenbürtigen Produkt avancieren.

Immerhin: Innerhalb von fünf Jahren stiegen die Umsätze von 5 Mio. Euro 2010 auf 275 Mio. Euro 2015. Auch die Werbepower, die die Konzerne in Marken wie Vype (BAT), E-Lites (Japan Tobacco International), Be posh oder Red Kiwi stecken, zeugt von einem großen Selbstbewusstsein und einem Markt mit Potenzial , trotz weiterhin unsicheren rechtlichen Rahmenbedingungen.

Und nicht zuletzt ist da die Aussage, die in der Tabakbranche für größte Unruhe gesorgt hat: „Ich glaube, dass schon bald der Zeitpunkt kommen wird, an dem wir das Ende der Zigaretten-Ära einläuten werden.“ Ein Zitat von Philip Morris-Boss André Calantzopoulos gegenüber dem britischen Sender BBC.

Die Aussage hat natürlich ein gewisses Kalkül. Wenn Calantzopoulos von der Zukunft der Zigaretten-Alternativen spricht, dann meint der Konzern-Chef keineswegs die Auferstehung der klassischen E-Zigarette, sondern das eigene System Iqos. Die Marke ist seit Juni 2016 in Deutschland erhältlich. In sie wurden ein Jahrzehnt wissenschaftliche Entwicklungsarbeit und mehr als 3 Mrd. USD investiert. Anders als beim Rauchen einer Zigarette wird der Tabak dabei nicht verbrannt sondern auf Temperaturen unterhalb des Verbrennungspunktes erhitzt. Dabei entsteht Dampf.

Die eigentliche Besonderheit: Im Gegensatz zur klassischen E-Zigarette stellt Iqos eine neue Alternative dar, bei der noch immer der für die Konzerne so wichtige Rohstoff Tabak verwendet wird. Aromatisierte Liquids spielen bei Iqos keine Rolle. „Die Investition ist ein Meilenstein auf dem Weg in eine rauchfreie Zukunft“, erklärte Stacey Kennedy, Vorsitzende der Geschäftsführung der Philip Morris GmbH. Allerdings: Iqos ist erklärungsbedürftig und damit sicherlich zunächst für den Tabakfachhandel interessant.

Welche Rolle wird der LEH bei der Vermarktung spielen?
„Der erwachsene Tabakkonsument ist gewohnt, sich ohne große Umstände in seinem Umfeld mit Tabakprodukten versorgen zu können. Der Lebensmittelhandel zählt dabei zu den wichtigsten Verkaufsorten, und das werden wir natürlich auch bei der weiteren Planung der Distribution des Tabakerhitzers und den zugehörigen Tabaksticks Heets berücksichtigen“, sagt Guy Daniel Grobe, National Manager Food bei Philip Morris. Die zahlreichen Gespräche in den vergangenen Wochen mit den Handelspartnern hätten gezeigt, dass der Lebensmittelhandel der neuen Produktkategorie gegenüber durchweg positiv eingestellt sei. Der LEH erkenne die Möglichkeiten der Alternativen zu Zigaretten für die Verbraucher und die Chance, mit ihnen die Kategorie Tabakwaren in eine vielversprechende Zukunft zu führen. Wie ernst der Konzern es mit dieser neuen Zukunft nimmt, sieht man an den Investitionen. Kürzlich gab Philip Morris bekannt, dass in Dresden ein 320 Mio-USD teures Werk entstehen soll, in dem die für Iqos passenden Sticks hergestellt werden. Der Bau der 80.000 qm großen Anlage soll Ende 2017 beginnen und voraussichtlich Anfang 2019 abgeschlossen sein. Wenn das Werk vollständig in Betrieb genommen sein wird , sollen dort rund 500 Personen Arbeit finden

Früher noch als Philip Morris traute sich British American Tobacco (BAT) in Deutschland auf den Markt der Rauchalternativen. Der Vype ePen ist ein E-Zigaretten-System, das die Leistungsfähigkeit modularer E-Zigaretten mit der Einfachheit von Kapselsystemen kombinieren soll. Also eine Art E-Zigarette im Nespresso-Stil. „Sowohl der Gesamtmarkt als auch der Marktanteil der Marke Vype sind stark zunehmend und weisen ein großes Zukunftspotenzial auf“, erläutert Thorsten Treder, Head of Next Generation Products bei British American Tobacco Germany. Anders als Iqos, setzt Vype auf Liquids, die mit dem Stick verdampft werden. Über die rechtliche Bewertung und mögliche Gesundheitsschäden wird bis heute heftig und öffentlich debattiert. Laut einer BAT-internen Studie enthält Vype 95 Prozent weniger „bestimmter Schadstoffe“ als der Rauch einer Tabakzigarette.

Viele Konsumenten seien nach wie vor verunsichert. „Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, über das Ergebnis der Studie zu informieren. Der erste Schritt ist Außenwerbung. Zusammen mit dem Handel oder über unsere Website www.govype.de können sich Konsumenten dann umfassend informieren und Vertrauen in unsere Vype-Produkte gewinnen“, erklärt Treder.

Zurückhaltender als die Wettbewerber verhält sich noch Reemtsma. Zwar sind die Hamburger über die Konzernmutter Fontem Ventures mit der tabakfreien E-Zigarettenmarke „Blu“ bereits in den vier weltweit größten Märkten für E-Zigaretten aktiv. Für Deutschland liegt noch kein System vor, was an der noch geringen Marktbedeutung insgesamt liegen könnte. Trotzdem ist sich auch Reemtsma-Sprecherin Doreen Neuendorf sicher: „Der Markt für E-Zigaretten wird an Bedeutung zunehmen.“