Kohlensäure In Zeiten des Mangels

Kohlensäure-Engpässe sind in den Sommermonaten normal. Doch die Energiekrise führt zu einem Mangel von bisher unbekanntem Ausmaß. Getränkehersteller schlagen Alarm.

Montag, 10. Oktober 2022 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild In Zeiten des Mangels
Bildquelle: Getty Images

„An einzelnen Stellen wurde die Produktion schon zurückgefahren“, sagt Tobias Bielenstein zur aktuellen Situation der Mineralwasser-Hersteller in Deutschland. Der Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen erklärt den Zusammenhang zwischen explodierenden Gaspreisen und einem Mangel an CO2 in der Getränkeindustrie. Die Düngemittelproduktion wurde wegen der explodierenden Kosten stark gedrosselt.

Ein Nebenprodukt dieses Industriezweigs ist CO2. Der Zusammenhang ist also: weniger Düngemittel gleich weniger Kohlendioxid gleich weniger Kohlensäure. Im Sommer, wenn weniger Dünger hergestellt wird, habe es immer mal Phasen mit Engpässen bei Kohlensäure gegeben, sagt Bielenstein. Aber diesmal sei es deutlich schlimmer. „Wenn das so weitergeht in den nächsten Wochen, dann spitzt sich die Lage zu“, warnt der Verbandssprecher. „Dann sind weitere Produktionsrückgänge zu erwarten.“ Nach Schätzungen der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie seien aktuell nur noch 30 bis 40 Prozent der üblichen CO2-Liefermengen verfügbar. Auch die Brauer haben mit diesem Problem zu kämpfen. Das geht so weit, dass sogar die Politik intervenieren will. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger will Kohlenstoffdioxid aus Zementwerken als Rohstoffquelle für Brauereien nutzen. Es gebe in Bayern Werke, die bisher täglich Hunderttausende Tonnen CO2 über die Schornsteine als Abfallprodukte in die Luft abgäben, betonte der Freie-Wähler-Chef.

Einige Hersteller gut aufgestellt
Nicht jeder Hersteller ist allerdings bedroht durch die aktuellen Engpässe. Der Bio-Brauer Neumarkter Lammsbräu beispielsweise will konventionelle Düngemittelproduktion nicht unterstützen und gewinnt daher einen Teil seiner Kohlensäure für beispielsweise Limonaden über eine Anlage, die Gärungskohlensäure aus der Bierproduktion auffängt und wieder aufbereitet. Die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe berichtet Ähnliches: „Da wir vornehmlich Gärungskohlensäure aus unserer eigenen Produktion in unseren Brauereien einsetzen, sehen wir kurzfristig kein Ausfallpotenzial.“ Eine Entwarnung sollten diese Beispiele aber nicht darstellen, findet Holger Eichele vom Deutschen Brauer-Bund. „Uns erreichen täglich neue Hilferufe aus der Branche“, sagt er.

Die Bundesregierung müsse dringend Maßnahmen ergreifen, um die bevorzugte Belieferung der Ernährungsindustrie mit bezahlbarem Kohlendioxid sicherzustellen. „Bekämpft werden muss die eigentliche Ursache des CO2-Engpasses – die explodierenden Energiepreise.“ Der Bayerische Brauerbund rät von Bier-Hamsterkäufen in der aktuellen Situation ab. Dies sei zusätzlich wegen Leergutmangel schlecht für die Brauer.

Neue Produkte

Viel gelesen in Hersteller

News in Getränke