Schaumweine Zwischen Edelmarke und Preiseinstieg

2021 hat der Verbraucher vermehrt zu höherwertigem Schaumwein gegriffen. In diesem Jahr gibt es genug Gründe, das nicht mehr zu tun.

Dienstag, 24. Mai 2022, 20:04 Uhr
Elena Kuss
Artikelbild Zwischen Edelmarke und Preiseinstieg
Bildquelle: Henkell-Freixenet

2021 knallten die Korken: Besonders umsatzstark waren dabei die Edelmarken der Sekthäuser. Während Rotkäppchen-Mumm in seinem Kerngeschäft mit preiswertem Schaumwein mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hatte, trumpften die Edelmarken Geldermann und Ruggeri auf.

Ein ähnliches Bild spiegelt sich in den Zahlen des Konkurrenten Henkell-Freixenet. Die Sekt-, Wein- und Spirituosen-Sparte der Geschwister Oetker Beteiligungen KG schloss das Geschäftsjahr 2021 mit einem Rekordumsatz ab: Plus 11 Prozent auf 1.326 Millionen Euro inklusive Verbrauchsteuern. Besonders stark gewachsen ist bei Henkell-Freixenet die Schaumweinsparte.

Alexander Tacer, Geschäftsführer beim Deutschen Sektverband, erklärt den Trend zum hochwertigen Schaumwein: „Mit anhaltender Pandemie veränderte sich das Lebensgefühl und der Wunsch, sich etwas zu gönnen, spiegelte sich im Laufe des Jahres 2021 in der verstärkten Nachfrage nach höherpreisigen Sektprodukten wider. Diesen Trend zur Premiumisierung haben wir auch zur Hochzeit des Schaumweins zum Jahresende wahrgenommen.“
Auch die jüngsten IRI-Daten zeigen, dass die Absatzmenge bei Sekt und Schaumwein 2021 in Deutschland zwar erneut stagnierte, aber der Umsatz sich um 5 Prozent erhöhte. Oliver Gloden, Vorstandsmitglied Schloss Wachenheim, wundert das nicht: „Gerade in unsicheren Zeiten greift der Verbraucher zu etablierten Marken mit hohem Qualitätsversprechen.“ Wenn das Paket aus Qualität, Herkunft und Authentizität passe, dann sei der Konsument auch bereit, einen höheren Preis dafür zu zahlen.

Die Chance: Champagner
Die Lieferungen aus der Champagne nach Deutschland zogen im Vorjahresvergleich um 10,4 Prozent an: 11.174 Millionen Flaschen wurden 2021 über den Rhein geliefert. 2020 waren es 10.122 Millionen Flaschen. Noch deutlicher als der Absatz wuchs der Umsatz. Ein Plus von 20,6 Prozent konnten die Champagner-Häuser auf dem deutschen Markt erwirtschaften. Christian Josephi vom Bureau du Champagne sieht neben einem Nachholeffekt nach zwei Jahren Pandemie einen weiteren Grund für das Rekordjahr: „Wir hatten ein Jahrzehnt ohne Inflation: Viele haben 2021 ihre Lager gefüllt.“

Davon profitierte auch die Rotkäppchen-Mumm-Marke Geldermann, die im Sinne der französischen Tradition die Flaschengärung pflegt. Sie verzeichnete nach Unternehmensangaben 2021 ein Umsatzwachstum von 31 Prozent. Auf die Angabe der abgesetzten Flaschen verzichtete das Haus in diesem Jahr erstmalig.
Auch die Premium-Sekt-Marke Fürst von Metternich von Henkell-Freixenet verzeichnete in Deutschland mit einem Plus von 18 Prozent abermals einen Rekordabsatz von 13,6 Millionen Flaschen.

Perspektive Prosecco Spumante
Jan Rock, Global Head Corporate Henkell-Freixenet, beobachtete 2021 eine Verschiebung im Verbraucherverhalten: „Die Konsumenten haben sich mehr für Herkünfte interessiert.“ Das kam auch der geschützten Ursprungsbezeichnung Prosecco Spumante zugute. Die Prosecco-Marke von Henkell-Freixenet Mionetto konnte insgesamt um beachtliche 33 Prozent auf 35 Millionen Flaschen zulegen.

Im Unterschied zu französischem Champagner wird der italienische Prosecco Spumante oft nicht in der Flaschengärung, sondern in Tankgärung hergestellt. Gemeinsam haben die hochwertigen Schaumweine, dass die Kohlensäure bei der Gärung entstehen muss.

Mit Ruggeri hat auch Rotkäppchen-Mumm einen Premium-Prosecco im Portfolio. Mit dem Erfolg in der Gastronomie im Rücken machte das Sekthaus den Prosecco nun auch für Privatpersonen zugänglich. Für zu Hause können die Produkte der Traditionsmanufaktur, die seit 2017 Teil von Rotkäppchen-Mumm ist, online über das Weinhaus Ludwig von Kapff bestellt werden. Seit Herbst 2021 gibt es auch eine neue Linie für den Lebensmitteleinzelhandel, allerdings vorerst nur im Heimatland von Ruggeri und in Süddeutschland.

Herausforderung 2022
Die durch die anhaltende Corona-Pandemie ohnehin schon schwierige Situation auf den Rohstoffmärkten spitzt sich durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine weiter zu. Die Preise sind in fast jedem Bereich gestiegen. Die Erwartungen wurden nicht nur in der Schaumweinbranche deutlich gedämpft. Tacer vom Deutschen Sektverband bleibt vage: „Wie stark sich die volatile Marktsituation auf die Sektpreise und die Wahl der Konsumenten auswirkt, lässt sich nach dem ersten Quartal noch nicht eindeutig feststellen.“

Rock von Henkell-Freixenet prognostiziert: „Dem Erfolg von Champagner, Prosecco und höherwertigem Schaumwein steht gegenüber, dass 2022 vielen Verbrauchern weniger Geld zur Verfügung steht und entsprechend umverteilt werden muss.“ Gleichzeitig dürfte es dem Konsumenten jedoch schwerfallen, auf den hochwertigen Genuss zu verzichten. „Der Trend ist insofern nachhaltig, da der Verbraucher sich im positiven Sinne an die höheren Qualitäten gewöhnt hat“, erläutert Rock.

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