Getränke Sommermärchen trotz WM-Aus

Wochenlang Sommer – das macht durstig. Händlern wie Herstellern von alkoholfreien Getränken freut´s. Doch es gibt auch Wermutstropfen. Wir ziehen Bilanz für den Getränkesommer 2018.

Mittwoch, 26. September 2018 - Getränke
Friederike Stahmann
Artikelbild Sommermärchen trotz WM-Aus
Bildquelle: Getty Images

Die Getränkehersteller wussten es im Voraus: 2018 würde für sie ein Sommermärchen. Vier Wochen lang Fußball-WM – und wir – ganz klar die Favoriten. Eine Steilvorgabe sondergleichen. Neben Snacks, Partyzubehör und Grillgut sollte sich also auch Bier und alkoholfreie Getränke wie von selbst verkaufen, so die Erwartung. Stimmt im Prinzip auch. Das erwartete, erhoffte, prognostizierte Konsum-Highlight blieb aber aus. Als nicht einmal vierzehn Tagen nach Beginn die eigene Vier-Sterne-Mannschaft schon nach Hause fuhr, blieben neben Bierkisten auch alkoholfreie Alternativen in den Regalen stehen. Vor allem die extra WM-gelabelten Dosen und Flaschen degradierten zu Ladenhütern. Sommermärchen ade. Kurzfristig. Denn der Superstürmer „Wetter“ kam in den vergangenen Wochen in Fahrt. Und wie. Der Deutsche Wetterdienst vermeldete: „Fast fühlte man sich ans Mittelmeer versetzt, denn Hitze, Niederschlagsarmut und viel Sonne erreichten diesmal in Deutschland Dimensionen wie in südlichen Urlaubsländern“. In Zahlen lässt sich der Sommer 2018 so beschreiben: 19,3 Grad C bundesweite Durchschnittstemperatur und damit zweitheißester Sommer seit Beginn der regelmäßigen Messungen 1881. Mit 770 Stunden gehört der diesjährige Sommer zu den drei sonnenscheinreichsten überhaupt. Nur der Supersommer 2003 konnte dieses Ergebnis toppen. Und vor allem, scheint er auch kein Ende zu nehmen. Gartenlokale, in denen sich Gäste bis in die späten Abendstunden tummeln und Freibäder, die die Saison bis auf weiteres verlängert haben – wir schreiben Mitte September.

Ab einer bestimmten Temperatur nimmt der Durst nicht mehr zu
Abkühlung tut Not. Doch wer ist Trumpf: Bier oder Wasser? Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es eine Grenztemperatur gibt, bei der der Durst nach Bier nicht weiter zunimmt, sondern sogar abnimmt. Dieser Wert liegt bei 27 Grad C. Und von diesen Temperaturen hatten wir im Sommer 2018 mehr als genug. Die kam vor allem den alkoholfreien Durstlöscherkategorien zugute. Dazu gehören: klassisches Mineralwasser – in Deutschland Durstlöscher Nr. 1 – sowie im aromatisierten Segment Sportgetränke, Energy Drinks, Limonaden und Bittergetränke.

Hitze macht durstig. Wenn auch zu Beginn des Sommers erst einmal moderat. „Das deutlich höhere Erfrischungsbedürfnis im diesjährigen Juli hat ein Mengenplus von insgesamt vier Prozent zur Folge“, erläutert der Experte der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Robert Kecskes, die Situation für das AfG-Segment. Zahlen, die die Monate August und September mit ihren Traumsommertemperaturen sicher noch toppen werden. Auswertungen liegen jedoch noch nicht vor.

Was die Nürnberger Konsumforscher aber jetzt schon wissen: im Zeitraum von Januar bis Juli legten die alkoholfreien Getränke ein Umsatzplus von 5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hin.


Discountwasser hat an Attraktivität verloren
Mehr Durst auf mehr Klasse? Die Zeiten, in der das 1,5-Liter Sprudel-Gebinde am besten nur 19 Cent kosten durften, scheinen angezählt. Geiz ist nicht mehr geil. Angesichts niedriger Zinsen und guter wirtschaftlicher Lage haben die Deutschen wieder Spaß am Geld ausgeben, wie das Institut für Demoskopie Allensbach herausfand. Mehr als 58 Prozent der gesundheitsbewussten Generation Y leben lieber jetzt und hier als im Rentenalter über ein dickes Sparkonto zu verfügen. Eine Entwicklung, die man so auch beim Markenbrunnen Hassia spürt. „Auffälligste Trends im AfG-Bereich sind eine steigende Wertschätzung und die Nachfrage nach hochwertigen Produktkonzepten“, so Stefan Müller für das Unternehmen.

Produktinnovationen und –differenzierungen werden vom Kunden angenommen: ob es eine vierte Sorte im Bereich des Mineralwassers ist, zuckerreduzierte oder zuckerfreie im Limonadensegment, Near-Water-Getränke, Produkte mit gesundheitlichem Zusatznutzen oder eine Premiumisierung mit Hilfe von Bioqualitäten. Bei den Gebinden sind sowohl To-go-Größen und -materialien gefragt wie auch nachhaltige Verpackungen. Zudem erleben wir derzeit eine „Glas-Renaissance“. Was Gebinde für Mineralwasser betrifft, bestätigt sich, dass vor allem im Premiumbereich – also im Preissegment ab 40 Cent je Liter – eine wachsende Beliebtheit zum Glas-Mehrweg zu erkennen ist. „Die Popularität der modernen, markenspezifischen Gebinde ist nicht zuletzt Ausdruck des zunehmenden Bedürfnisses der Konsumenten nach Individualisierung“, ist sich Unternehmenssprecherin Heike Görres von Gerolsteiner sicher.

Markenbrunnen auf einer Welle des Erfolges
Brunnen mit einem Markenkonzept gewinnen daher überproportional. So konnte der Markenbrunnen Gerolsteiner über die Sommermonate im zweistelligen Prozentbereich zulegen. Und zwar sowohl bei den kohlensäurehaltigen Varianten als auch beim stillem Mineralwasser. Auch Thomas Hess, Geschäftsführer bei Thüringer Waldquell, ist mit dem Sommergeschäft zufrieden. Man konnte zweistellige Zuwächse verbuchen. Bei Danone spricht man für die Marke Volvic von einer starken Performance mit einem Umsatzwachstum in mehreren Segmenten. Für den Hansa-Mineralbrunnen teilt Nicole Freudenberger auf Nachfrage mit: „Vor allem der Mineralwasser-Absatz der Marke Hella ist im Vergleich zum Vorjahr außergewöhnlich gestiegen“.

Neben Wasser wird der Durst gern auch mit Eistees gelöscht. So konnte man sich auch bei Pfanner über ein Wachstum im zweistelligen Prozentbereich freuen. Hohe Temperaturen sind dagegen eher kein „Saft-Wetter“. Vom mittelständische Safthersteller Beckers Bester hört man aber: „Der Sommer ist alles in allem überraschend gut verlaufen“, so Geschäftsführer Sebastian Köppel. Als Wachstumstreiber für sein Unternehmen sieht er den Direktsaft im Tetrapack, die klassische 1-Liter-Mehrwegflasche und das 0,33-Liter-Sortiment von „Die Schor!e“ mit denen man sich vom Markt absetzt.

Leergutproblematik hat das Wachstum ausgebremst
Doch da wäre noch mehr Luft nach oben gewesen. Wenn, ja wenn, da nicht die Leergutproblematik gewesen wäre (siehe Interview mit Dietmar Griessinger). Leergut wurde knapp, nicht zuletzt, weil sich die Individualisierung der Gebinde im Jahrhundertsommer 2018 als Hemmschuh erwies. Knapper Frachtraum und Fahrermangel verschärften die Situation. Anfang August brachen die Dämme. Aufgrund der dauerhaft hohen Nachfrage im AfG-Sektor kam es auch zu Lieferengpässen einzelner Anbieter, die dann zu erhöhten Abverkäufen anderer Hersteller führten. Regale blieben leer. Mit Radiospots, Anzeigen und Aufrufen in den sozialen Medien baten die Brunnen die Kunden ihr Leergut zeitnah zurückzubringen. Was aber nur zum Teil Erfolg zeigte.

Was hat man aus dem Sommer 2018 gelernt? Logistik und Effizienz in der Produktion gehören auf den Prüfstand. Hinzu kommt, dass „eine weitere Transparenz in der gegenseitigen Bestandsführung für alle Beteiligten zu einer deutlichen Verbesserung im Managen von solchen Ausnahmesituationen führt“, ist sich Heike Görres sicher. Thomas Hess hat einen weiteren Vorschlag: „Um eine schnellere Abfertigung der Lkws zu gewährleisten, sollte vermehrt die „Sprinterspur“ genutzt werden. Hier werden ähnlich wie bei der Schnellkasse im Supermarkt, diejenigen Kunden schneller bedient, die nur wenige und sortenreine Artikel bestellt haben“.


Interview mit Dietmar Griessinger - „Viele konnten nicht liefern“

Über Engpässe im Hitze-Sommer sprach die Lebensmittel Praxis mit Dietmar Griessinger, Hausleitung bei Kaufland Bad Dürrheim. Friederike Stahmann.

Mega-Sommer, Mega-Hitze. Wie viel mehr haben die Südschwarzwälder für Sprudel, Saft und Co. bei Kaufland in Bad Dürrheim ausgegeben?
Dietmar Griessinger: Ab Mitte Juli konnten wir eine deutliche Umsatzsteigerung von bis zu 30 Prozent zum Vorjahr verbuchen. Dies hielt mit der Hitzewelle bis Mitte August an. Auch danach – die Temperaturen blieben hoch – lagen die Umsatzsteigerungen noch bei bis zu 10 Prozent.

Welche Wochen waren besonders absatzstark?
Vor allem in den Kalenderwochen 30 und 31, in denen wir stetig Temperaturen von bis zu 36 Grad C hatten, kamen wir kaum hinterher mit dem Auffüllen.

Griffen die Kunden vermehrt zu PET oder Glas?
Wir konnten nicht feststellen, dass mehr PET oder Glas bevorzugt wurde. Der Abverkauf nahm in allen Bereichen stark zu.

Hatten die Kunden es in diesem Sommer mehr als sonst satt, Sprudelkisten zu schleppen und haben vermehrt Wassersprudler gekauft?
Ja, auch auf die Alternative „Sodastream“ hat sich die Hitzewelle dieses Jahr ausgewirkt. Zu unserem Umsatzplus in der AfG-Abteilung stiegen auch die Abverkaufszahlen im Bereich „Sodastream“. Hier konnten wir im Vergleich zum Vorjahr bis zu 40 Prozent mehr verkaufen.

Mussten Sie mit Lieferschwierigkeiten kämpfen?
Mit der andauernden Hitze konnten uns viele Lieferanten nicht mehr ausreichend oder zum Teil gar nicht mehr mit Ware beliefern, da diese mit der Produktion schlichtweg nicht mehr hinterher kamen.

Haben Sie die Leergutproblematik auch gespürt?
Vor allem Lieferanten von günstigen Preiseinstiegssprudeln hatten Probleme mit dem Leergut. Viele Kunden kauften auf Vorrat, vor allem dann, wenn die Ware im Angebot war. Einmal zehn Kisten gekauft, brauchte es, bis die wieder zurückkamen. Und dann meist auf einmal. Die Hersteller reagierten: Unser direkter Nachbar, der Bad Dürrheimer Mineralbrunnen, schaltete Zeitungsanzeigen und rief die Kunden auf, ihr Leergut nicht zu horten, sondern zeitnah abzugeben. Aber selbst überregional ausgestrahlte Radiospots, konnten nicht dafür sorgen, dass das benötige Leergut zurückkam und die benötigten Mengen abgefüllt werden konnten.

Wie kann der AfG- Sommer 2019 besser laufen?
Genau wie dieses Jahr werden wir 2019 im engen Kontakt mit den jeweiligen Vertretern stehen, um gegebenenfalls Zweitplatzierungen abzustimmen, um damit den ersten Kundenansturm zu kanalisieren und mögliche Engpässe zu umgehen. Unsere große Getränkesaisonstraße als Zweitplatzierungsmöglichkeit, eine 20 Paletten umfassende Freifläche direkt im Markt, wird wieder dabei helfen den extremen Abverkauf zu bewältigen. Zusätzlich wird es aber auch von Nöten sein, zusätzliches Personal in unserer Getränkeabteilung zu planen.

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