Es gab einen Punkt an diesem Nachmittag in der Landesvertretung Niedersachsen in Berlin, an dem die Kluft zwischen Teilen der Politik und der Getränkeindustrie besonders deutlich wurde: Als Karin Binder, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, eine „ Limonadensteuer“ als Instrument der Ernährungspolitik vorschlug, konnten viele der Anwesenden nicht mehr an sich halten und machten ihrem Ärger lautstark Luft. Die Politik wolle immer nur über Verbote und Steuern regulieren, so der Grundtenor.
Auch Nicole Maisch, Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, schlug in eine ähnliche Kerbe wie Binder: Übergewicht sei ein großes Problem in der Gesellschaft und die Getränke-Industrie zum Teil mitverantwortlich. Es sei für den Verbraucher zu schwierig, die genaue Kalorien-Anzahl von beispielsweise Limonaden und Cola-Getränken zu erkennen. Die Rezepturen seien zudem zu zuckerhaltig. Wafg-Präsident Patrik Kammerer hingegen verwies auf die breite Palette an Zero- und Light-Varianten und nicht zuletzt die neue, kalorienreduzierte Coca-Cola Life, die der Forderung der Politik nach zuckerreduzierten Varianten nachkomme. Auch gebe es eine Vielzahl von unterschiedlichen Verpackungsgrößen, aus denen der Verbraucher auswählen könne.
Differenzierter als Binder und Heil äußerten sich bei der Veranstaltung Elvira Drobinski-Weiß (SPD) und Mechthild Heil (CDU). Während Drobrinski-Weiß zwar noch ein Werbeverbot für besonders zuckerhaltige Limonaden in den Raum stellte, verwies Heil vor allem auf die Eigenverantwortung der Verbraucher und einen generell gesünderen Lebensstil: „Man sollte sich nicht nur auf Lebensmittel fokussieren. Gibt es wirklich schlechte Lebensmittel in Deutschland? Ich glaube nicht. Es ist wichtig, dass sich die Menschen wieder mehr bewegen“, sagte die Abgeordnete, die durch ihre Anreise per Fahrrad mit gutem Beispiel voranging. „Es hat sich schon viel getan, die Menschen wollen gesünder leben und die Industrie greift diesen Trend mit zahlreichen Diet-Produkten auf“, lobt Heil.
Das zweite große Thema der Veranstaltung war das Fracking. Zwar hat das Bundeskabinett am 1. April über die Rahmenbedingung dieser umstrittenen Bohrmethode entschieden und grundsätzlich ein Schutz für die Einzugsgebiete von beispielsweise Mineralbrunnen formuliert. Die Industrie befürchtet aber einen „föderalen Flickenteppich“ (Kammerer) und fordert die Politik auf, sich weiterhin intensiv mit dem Thema auf Grundlage einer bundeseinheitlichen Regelung zu beschäftigen.
Die Keynote-Ansprache zu diesem Thema hielt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Florian Pronold. Pronold verwies darauf, dass Fracking nicht nur ein sehr emotionales, sondern auch kompliziertes Thema sei. So gäbe es die sogenannte konventionelle Bohrung schon seit 50 Jahren in Deutschland. Für die unkonventionelle, vor allem in den USA bekannte Gesteinsbohrung mittels eines Sand-Chemikalien-Gemischs, garantierte Pronold, abgesehen von wissenschaftlichen Tests, eine Unterbindung um die Mineralbrunnen und Brauereien zu schützen. Die Definition der Wasserschutzgebiete sei zwar noch immer Sache der Länder, aber er sei sicher, „den bestmöglichen Schutzstand vor Fracking zu erreichen“, sagte Pronold.
Kontaktfreudig
Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke vertritt die Brancheninteressen von Industrie und Handel. Der persönliche Kontakt zwischen Akteuren aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft sei dabei besonders wichtig, um neue Einsichten auf allen Seiten zu gewinnen. Um dieses Ziel zu erreichen, veranstaltet der Verband jährlich das Frühjahresmeeting in Berlin. Im Mittelpunkt stehe dabei laut Wafg die Möglichkeit, im Austausch über aktuelle Fragen bestehende Kontakte zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen.