Roundtable Spirituosen Zwischen Preisdruck und anspruchsvollen Kunden - Listung von Marken-Spirituosen bei Aldi

Eine Spirituosen-Abteilung stellt für den Händler nicht nur Chance, sondern auch Herausforderung dar. Auf Einladung der LP diskutierten in Neuwied Experten über die anspruchsvolle Warengruppe.

Freitag, 16. Januar 2015, 18:57 Uhr
Tobias Dünnebacke
Bildquelle: Hoppen

Welche Auswirkung wird die Listung diverser Marken-Spirituosen bei Aldi haben?
Glück: Jede Mücke sticht, also kostet jede bei Aldi verkaufte Flasche Umsatz. Wir haben aber einen fachlichen Vorteil und kennen die Geschichten hinter den Produkten. Ein Riesenvorsprung, den Aldi & Co. nicht leisten können. Wenn allerdings Markenspirituosen im Discount auftauchen, wird das ein Fall für den zentralen Einkauf der großen Handelshäuser. Und dann schauen wir mal...

Fischer: Der klassische Lebensmittel-Einzelhändler hat trotz knapper Zeit noch immer den Vorteil, zwei bis drei Sätze zu den Produkten sagen zu können. Das finden die Kunden bei Aldi nicht.

Nicolay: Wir verhandeln mit Aldi wie mit jedem anderen Händler auch. Rein theoretisch kann Verpoorten auch bei Aldi verkauft werden. Allerdings wäre uns wichtig, dass dies keinen Einfluss auf das Aktionsgeschäft hat. Wir wollen maximal viermal im Jahr in der Aktion sein. Unser Fokus liegt eher auf den Verbundplatzierungen, beispielsweise mit Kaffee, Erdbeeren oder Eis. Dort wo die Ware am emotionalsten inszeniert wird, kommen die Kunden wie die Motte zum Licht.

Welche Rolle spielen das Aktionsgeschäft und Verbundplatzierungen?
Glück: Ich wundere mich immer wieder, warum wir dann, wenn wir verkaufen können, Preissenkungen machen. Im Sommer ist es das Wasser und zu Weihnachten der Champagner. Das war schon immer so, aber genau hier sollten wir umdenken. Das Aktionsgeschäft, sprich Handzettel, ist bis auf wenige Ausnahmen immer zentralseitig eingestellt.

Nicolay: Unsere Erfahrung zeigt: Impuls schlägt jeden Preis.

Glück: Das kann ich für Eierlikör bestätigen. Ich habe ein regionales Produkt, das lief in der Spirituosenabteilung überhaupt nicht. Mit einer Platzierung bei den Eiern, muss ich einmal die Woche nachfüllen. Ein anderes Beispiel ist ein Williams-Brand, den man mit zwei Kisten Birnen in der Obstabteilung präsentieren kann. Man muss eine Geschichte erzählen. Ich experimentiere gerne auch mal und durchbreche Gewohnheiten im Einkaufsablauf der Kunden. Ich möchte dort auf Dinge aufmerksam machen, wo er nicht damit rechnet. Je extremer, desto besser bleibt es im Kopf. Ich hänge schon mal einen Weihnachtsbaum verkehrt herum an die Decke, platziere ein Display Bacardi bei Persil oder verkaufe Wein neben der Tiernahrung. Ein Kollege sagte schon mal „du spinnst“, aber es funktioniert: Überraschungsmarketing.

Kirner: Unsere Aufgabe ist, eine Geschichte zu erzählen. Der Außendienst muss Stories, Ideen und Impulse liefern. Das ist beim selbstständigen Einzelhändler natürlich einfacher, denn hier fällt die Entscheidung für einen Aufbau leichter. Tendenziell lässt sich sagen, dass die Händler schon Interesse haben und Ideen annehmen. Man muss Vertrauen aufbauen und sich beweisen. Wenn man eine Idee hat, die Ware aber nach zwei Wochen noch immer steht, hat man als Außendienstler beim nächsten Mal schlechtere Chancen. Wichtig ist, dass wir aber auch dann eine partnerschaftliche Lösung finden.

Fischer: Häufig können Verbundplatzierungen aber schlicht aus Platzgründen nicht realisiert werden. Es ist nicht immer einfach den richtigen Weg zu gehen. Die Aufgabe des Händlers ist es auch, Aktionen attraktiv darzustellen. Wir müssen uns immer neu erfinden und den Kunden überraschen. Ich gebe mir diese Mühe auch für mich selbst: Da, wo ich arbeite, muss es mir gefallen. Von dem, was uns von der Industrie angeboten wird, bin ich oft enttäuscht. Ich wünsche mir mehr Kreativität und Spielraum. Häufig wird mir als Zweitplatzierung einfach eine bedruckte Pappe angeboten. Das ist langweilig. Wenn ich eine Marke hätte, würde ich das anders angehen. Ich kann aber auch nicht für jeden Vertreter mitdenken. Ein anderes Problem: Viele Außendienstmitarbeiter stellen sich mir gar nicht richtig vor.

Kirner: Entscheidend ist, was der Kunde will. Er muss sich wohl fühlen und die Ware finden.

Nicolay: Das ist ein Ansatz, den wir schon seit Jahren verfolgen. Sowohl beim Eis als auch bei Backzutaten, Desserts oder Kaffee. Wir gehen dorthin, wo der Verbraucher unsere Marke als Impulsartikel positiv aufnimmt.

Ist Diebstahl bei Spirituosen noch ein Thema?
Glück: Ein Riesenthema. Marken wie Jack Daniel’s oder Champagner stehen da weit oben. Oft ist es Beschaffungskriminalität, aber was dramatisch zunimmt, ist Bandendiebstahl. Wenn dann was fehlt, ist es direkt viel, und das wird meist sehr teuer. Dagegen kann man sich nur wehren, indem man teuere Spirituosen in einer Glasvitrine wegschließt.

Über Hochprozentiges sprachen (v. l.): Peter Nicolay (Vertriebsleiter Verpoorten), Tobias Dünnebacke (LP-Redakteur), Reiner Mihr (LP-Chefredakteur), Tobias Fischer (Abteilungsverantwortlicher Events bei Getränkemarkt Rewe Tönnies ) und der Rewe-Händler Michael Glück.

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