Die Tiktokerin Hannah Lena Groß sitzt auf ihrem Bett, die Decke über den Beinen. „Wenn du deine Tage hast oder sie bald zum ersten Mal bekommst, dann ist dieser Große-Schwester-Talk genau für dich“, sagt die Content-Kreatorin. Ihrem Profil Honeyyhanniii folgen knapp 800.000 Menschen auf Tiktok. Es gebe Binden, Tampons und Menstruationstassen, erklärt die Tiktokerin. „Das kann anfangs echt einschüchternd sein“, so Groß. Ihre Empfehlung: Periodenunterwäsche.
Der Wunsch nach einer Alternative zu Tampons und Binden wächst. Zahlen des Marktforschungsunternehmens NIQ zeigen in den vergangenen vier Jahren Verluste im Absatz bei allen Periodenprodukten mit einer Ausnahme: Periodenunterwäsche. Hersteller haben das Potenzial des Nischenprodukts erkannt. Die für Strumpfhosen bekannte Marke Nur Die stieg 2023 mit der Menstruationsunterwäsche „Alles geregelt“ in den Damenhygiene-Markt ein. Die Marke o.b. aus dem Hause Johnson & Johnson launchte im Sommer ihren Periodenslip.
Waschbar und wiederverwendbar
In Periodenunterwäsche sind saugfähige Materialien eingenäht, die Flüssigkeiten schnell aufsaugen. Nach Verwendung werden die Slips mit kaltem Wasser ausgespült und können dann gemeinsam mit anderer Wäsche in der Waschmaschine gereinigt werden. Die empfohlenen Temperaturen für den Waschgang unterscheiden sich. Die Periodenslips von o.b. können beispielsweise bei 60 Grad Celsius gewaschen werden. Nach dem Trocknen, was deutlich mehr Zeit beansprucht als bei üblichen Slips, kann die Unterhose erneut eingesetzt werden. Die Kategorie wächst rasant. Johnson & Johnson spricht auf LP-Anfrage von einem Umsatzwachstum von 35 Prozent in diesem Jahr. Auch der Blick ins Nachbarland sei vielversprechend: In Frankreich habe bereits jede zweite Frau Periodenunterwäsche getestet. In Deutschland sollen es laut Unternehmen bereits 30 Prozent sein.
Einige Tampon- und Bindenverwenderinnen scheinen auf die saugstarke Wäsche umzusteigen. Wesentlich dürfte aber der Umstieg von der Menstruationstasse auf Periodenunterwäsche sein. Laut den von NIQ erhobenen Zahlen schrumpfte der Marktanteil der Menstruationstasse bezogen auf den Umsatz von 1,2 Prozent im Jahr 2020 auf 0,6 Prozent 2023. Periodenunterwäsche wuchs im gleichen Zeitraum von 0,2 Prozent auf 1,7 Prozent an. Der Grund für das Scheitern der Menstruationstasse liegt, wenn man den zahlreichen Posts zum Thema auf Social Media glaubt, an der herausfordernden Anwendung.
Der Wunsch nach nachhaltigen Periodenprodukten bleibt. So gaben 23 Prozent der Verwenderinnen von Wegwerfprodukten während der Periode bei einer Forsa-Umfrage unter 1.355 Frauen an, noch nach einer passenden Alternative zu Tampons oder Binden zu suchen. Johnson & Johnson wirbt deshalb mit 85 Prozent weniger Plastikmüll in einem Zeitraum von vier Jahren bei einmaliger Verwendung des Slips pro Periode im Vergleich zu Binden mit normaler Saugstärke ohne Flügel.
Es ist eine Menge Müll, der durch Tampons, Binden und Slipeinlagen entsteht. Ein Rechenbeispiel: Frauen menstruieren durchschnittlich vom 12. bis 51. Lebensjahr. Dauert eine Periode dabei fünf Tage im Abstand von 28 Tagen, sind das 65 Tage im Jahr.
Laut einer Umfrage unter 1.000 Frauen von Plan International nutzen 71 Prozent der Frauen Tampons. 61 Prozent setzen auf Binden und 43 Prozent nutzen Slipeinlagen. Viele Frauen verwenden also auch mehrere Produkte, teilweise auch zum gleichen Zeitpunkt. Jeder Tampon sollte laut medizinischer Empfehlung spätestens alle sechs Stunden gewechselt werden. Für Binden gibt es ähnliche Empfehlungen. Vier Tampons oder Binden pro Tag sind demnach der Mindestbedarf. Dauert die Periode fünf Tage, sind insgesamt 20 Tampons beziehungsweise Binden notwendig.
15 Prozent zögern Wechsel hinaus
Die bereits zitierte Umfrage von Plan International zeigt jedoch, dass 15 Prozent der Befragten versuchen, mit möglichst wenigen Tampons, Binden oder Slipeinlagen zurechtzukommen. Und so machen Tampons, obwohl die Mehrheit der Frauen sie nutzt, nur 11,8 Prozent des Absatzes aus, während Slipeinlagen 45,8 Prozent und Binden 42 Prozent im Segment Damenhygiene abbilden. Der Rest entfällt auf Alternativen wie Periodenunterwäsche, Menstruationstassen oder -schwämme.
Die Tiktokerin Hannah Lena Groß ist jedenfalls von der Periodenunterwäsche als Alternative zu Wegwerfprodukten überzeugt: „Ich persönlich finde, die schützt wirklich besser als jede Binde. Und außerdem ist sie nachhaltig.“