Interview Bilanz - IFS-Prozesse Mit einer Sprache - Seite 2

„Einmal auditiert, überall akzeptiert.“ Mit dieser Botschaft an die Industrie will der Handel auch international für noch mehr Produkt-Sicherheit sorgen.

Dienstag, 07. September 2010 - Management
Markus Oess

Wie weit reicht der internationale Arm des IFS?
Tromp: Der IFS wird mittlerweile in 90 Ländern auf allen Kontinenten angewendet, aber klar ist, dass wir in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz, Spanien und Polen die größte Nachfrage verspüren. Wir haben gerade in den USA einen Repräsentanten eingestellt, weil jetzt auch Wal-Mart IFS von seinen Lieferanten verlangt. Mit den Qualitätsstandards KAT und GGE treiben wir die Zertifizierung von IFS in Asien voran. Zudem arbeiten wir in internationalen Gremien wie GFSI mit.
Was ist mit den Ländern Osteuropas: Manche Märkte wie in Tschechien sind schon weiter entwickelt, können also andere Standards erfüllen, andere Länder wie Bulgarien sind noch nicht weit.

Entsprechend fallen die Durchschnitts-Qualitäten schlechter aus. Wie schaffen Sie diesen Spagat?
Matern: Ohne Lieferantenbewertung zur Frage Lebensmittelsicherheit geht im Eigenmarkenbereich gar nichts. Das heißt aber auch, dass wir in Ländern, in denen IFS & Co. nicht verfügbar sind, eigene Lösungen zur Sicherung des Sicherheitsniveaus nutzen. Die Metro hat dazu in Kooperation mit dem IFS ein abgestuftes Auditierungsverfahren entwickelt, mit dem die Leistungsfähigkeit unserer Lieferanten überprüft wird, und dies als „pre assessment“ in eine volle Zertifizierung nach IFS verstanden werden muss. Diese muss dann spätestens nach drei Jahren vorgelegt werden. Wir sehen dabei aber weniger die Anwendung für Lieferanten aus Ungarn oder Bulgarien, als vielmehr aus Russland und der Ukraine oder Georgien. Am Ende darf aber jeder Kunde in jedem Land erwarten, dass in unseren Regalen sichere Produkte liegen, und dass wir alles getan haben, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Herr Matern, Sie haben den Vorsitz im Board der GFSI von Ihrem Wal-Mart-Kollegen J.P. Suarez übernommen, welche Prioritäten werden Sie setzen?
Matern: Neben der schon erwähnten Mess- und Bewertbarkeit der im GMNFSI zusammengefassten Standards werden wir uns intensiver um die Abbildung der gesamten vertikalen Wertschöpfungskette kümmern, das schließt die Zertifizierung der Vorlieferanten unserer Lieferanten mit ein. Die Sicherheit unserer Lebensmittel wird nicht allein auf den letzten Stufen, also im Handel oder beim Hersteller, tangiert. Als dritten großen Block gehen wir die Integration des gesamten verfügbaren Know-hows an, also von Wirtschaft, Wissenschaft, Überwachung und NGOs. Mit diesen drei Schwerpunkten gehe ich ins Rennen und ich weiß den Rest des Boards hinter mir.

Wann steht der Fahrplan?
Matern: Am 10. Februar ist die Geschäftsstelle des GFSI in Düsseldorf zu Gast. Dann werden wir erste Gespräche führen. Mitte März treffe ich mich mit Mitgliedern des Boards und mit meinem Kollegen von Carrefour. Auf den China-Food-Safety-Days im April wollen wir dann bereits die Roadmap grob skizzieren. IFS hat den HDE als „Elternteil“, wie hoch ist der Anteil der Lobby-Arbeit innerhalb des IFS?
Tromp: Für die Lobby-Arbeit gegenüber den Gesetzgebern ist der HDE als Interessenvertreter zuständig, was die Erstellung der Gesetzesvorlagen betrifft. Für die Umsetzung derselben in Richtung der Branche sind wir zuständig. Allerdings betreiben wir auch Werbung und Aufklärungsarbeit für den IFS innerhalb der Branche.

Wünschen Sie sich ein milderes Verbraucherschutzgesetz oder schärfere Kontrollen?
Matern: Ich gebe generell privaten Initiativen den Vorzug. Dann wird nicht um Mindeststandards geschachert, sondern der Markt und der Verbraucher regeln das. Innerhalb der EU und in Deutschland haben wir aber im Grunde einen ordentlichen Mix aus gesetzlichen Vorgaben und privaten Initiativen.
Tromp: Einzig mehr Rückhalt im öffentlichen Raum würde ich mir wünschen, wenn immer wieder mal vermeintliche Skandale losgetreten werden, etwa bei der Pestizidbelastung. Der Handel versucht, die Pestizidbelastung zu minimieren, weil der Verbraucher so wenig Belastung wie möglich wünscht. Ganz ohne geht es aber auch nicht, so dass hier öffentliche Unterstützung gegen ungerechtfertigte Angriffe von NGOs sehr zu begrüßen wäre.

Wie lange wird es dauern, bis der europäische Handel hinsichtlich Qualität und Lebensmittelsicherheit eine Sprache sprechen wird?
Matern: Fragen Sie mich nochmal, wenn ich bei GFSI abtrete. Aber ich bin sicher, dass wir dann ein großes Stück des Weges hinter uns haben werden.

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Das komplette Interview finden Sie unter www.lpvnet.de/handel.

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„Bewertungsschema für alle internationalen Standards.“Hans-Jürgen Matern

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