Verpackungstest Keine Codes, keine Hinweise – so schlecht recycelbar sind manche Keksverpackungen

Hintergrund

Einigen Schokokeks-Herstellern fällt es schwer, Verpackungen recyclinggerecht zu gestalten. Im Susycheck fällt etwa Ferrero negativ auf.

Freitag, 02. Mai 2025, 05:40 Uhr
Matthias Mahr
Nachhaltige Verpackung bei Schokokeksen – diese Marken schneiden am besten ab
Ansprechend und funktional: Ferrero weiß, wie Verpackungen funktionieren. Bei der Nachhaltigkeit herrscht Nachholbedarf. Bildquelle: Susycheck, Mahr

Mit der auf EU-Ebene be­schlos­­senen Packaging and Packaging Waste Regu­lation (PPWR) steigen bis 2030 die 
Recyclinganforderungen an Verpackungen beträchtlich. Besonders Kunststoffverpackungen sind betroffen. Der aktuelle Susycheck nimmt 17 Schokokeks-Produkte von zwölf Marken in den Blick. Das Ergebnis zeigt: Viele Marken- und Handelsmarkenhersteller haben noch Hausaufgaben zu erledigen, weil sie beim Verpackungseinsatz auf Materialien setzen, die nur schlecht oder gar nicht recycelbar sind.

Erstmals haben die Susycheck-Tester einen Scanner des BASF-Tochterunternehmens Trinamix eingesetzt, der mittels Nah-Infrarot-Technologie (NIR) das Verpackungsmaterial eindeutig identifizieren kann. Der Scanner funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie Geräte, die in den industriellen Sortieranla­gen eingesetzt werden.

Präzise Ermittlung der Kunststoffe

Christian Leu, Geschäftsführer bei Sustainable System und Kopf hinter dem Susycheck, erklärt: „Mit dem Scanner konnten wir präzise ermit­teln, aus welchen Kunststoffen die getesteten Verpackungen bestehen – ob PE, PP, PS, HDPE, LDPE oder andere gängige Kunststoffe.“ Resultat der Analyse: Viele Verpackungen sind derzeit nicht recyclingfähig.

Unter den getesteten Produkten waren Schokokekse der Marken Gut & Günstig, Schär, Biscotto, Brandt, Leibniz, Bahlsen, Lambertz, Griesson, Ja!, Mondelez, Alnatura sowie Ferrero. Im Test überzeugten nach Ansicht der Prüfer lediglich drei Verpa­ckungen, die vier oder fünf Sterne erzielten. An der Spitze steht der Standbeutel aus PP-Monomaterial, wie ihn Griesson für die Prinzen-Rolle Cremys verwendet. Besonders punktet der Beutel mit einfacher Recycelbarkeit und praktischer Wiederverschließbarkeit. „Eine tolle Lösung“, sagt Leu, „weil sie komplett ohne Aluminiumbe­schich­tung auskommt und damit gut im Kreislauf zu führen ist.“ Im Gegensatz dazu steht Ferrero mit seinem neuen Produkt Kinderini trotz moderner Verpackung, weil die Innenseite nach Angaben der Tester metallisiert ist. Leu kritisiert: „Ferrero hat sich damit ins Abseits manövriert. Warum nicht komplett auf Monomaterial setzen?“ Diese Frage ließ der italienische Süßwarenriese auf Nachfrage der Lebensmittel Praxis unbeant­wortet.

Metallisierte Folien bereiten Probleme

Acht der getesteten Artikel verwenden innen metallisierte Folien. „Diese Folien landen meist in der Müllverbrennung, da sie in Sortieran­lagen kaum erkannt und getrennt werden können“, weiß Leu. Selbst eine gute CO2-Bilanz – wie bei Oreo – helfe nicht weiter, wenn am Ende die Verpackung in der Müllverbrennung lande. Leu betont: „Der CO2-Ausstoß allein ist nicht aussagekräftig genug, denn letztlich zählt die Kreislauffähigkeit.“

Manche Hersteller verwenden Verpackungen aus Trays mit metallisierter Flexfolie, die trotz reduziertem Materialeinsatz den Testern zufolge nicht kreislauffähig sind. Leu äußert Kritik: „Es mangelt an echten Innovationen und konsequenten Lösungen zur Kreislauffähigkeit.“ Bei Lambertz stößt das durchschnittliche Susycheck-Ergebnis gerade hinsichtlich der Kreislauffähigkeit auf Verwunderung, „da uns eine kompetente Verpackungslizenzierung durch ‚EKO-Punkt‘ des im Susycheck getesteten Produktes mit einem Optimalergebnis von 99,7 Prozent vorliegt“, entgegnet Lisa Lotte Lösch, Leiterin der Zentralen Qualitätssiche­rung.

Nicht allein der CO2-Fußabdruck ist entscheidend

Alternative Materialien im Test

Lambertz arbeitet nach eigenen Angaben parallel an nachhaltigen Verbesserungen von bereits recyclingfähigen Materialien, indem diverse alternative Papier- anstatt Kunststoffmaterialien getestet werden. „Hierbei darf für uns jedoch keinesfalls die Funktio­na­lität der Verpackungen und die Sicherheit des Lebensmittels außer Acht gelassen werden“, hebt Lösch hervor. Ein wichtiges Argument, das praktisch alle Hersteller auf LP-Nachfrage vorbringen. „Ja!“ zeigt einen positiven Ansatz durch den Ersatz von Kunststofftrays durch Karton, doch insgesamt reichen diese Ansätze nach Aussagen von Leu nicht aus.

Nachhaltigkeitsexperte Leu kritisiert eine generelle Zurückhaltung vieler Unternehmen bei Nachhaltigkeitsthemen. „Es herrscht eine gefährliche Tendenz, Nachhaltigkeit aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage nach hinten zu schieben“, sagt er. „Das wird zum Problem, wenn die PPWR-Richtlinie mit erheblichen Anforderungen 2030 alle Nachhaltigkeits- und Kreislaufziele verbindlich einfordert.“ Die Susycheck-Ergebnisse offenbaren Defizite bei der Verbraucherinformation: Mehr als die Hälfte der getesteten Produkte, darunter die Cookies von Milka und Kinderini von Ferrero, habe weder Trennhinweise noch Recyclingcodes auf der Verpackung. Ein Zustand, den Leu als „unglücklich“ bezeichnet, da Kreislauffähigkeit bereits bei der richtigen Mülltrennung anfange. Deshalb müsse der Verbraucher darauf bereits gezielt auf der Verpackung hingewiesen werden.

 Weiteres Manko ist der nahezu vollständige Direktdruck der Verpackungen, was auch bei Marken wie Schär und Oreo auffalle. Der Susycheck-Geschäftsführer erklärt: „Je stärker Kunststoff bedruckt wird, desto schlechter ist das Material recycelbar. Das resultierende Rezyklat ist grau und kaum wiederverwertbar, es sei denn die Farben sind abwaschbar.“ Die Hersteller verspielten hier Potenziale zur echten Kreislauffähigkeit. Leu sieht dringenden Handlungsbe­darf bei der Wahl und Verarbeitung der Materialien. Die Frage sei, ob eine Verpackung immer im vollen Umfang bedruckt werden müsse, wenn Farbe die Wiederverwertbarkeit einschränke.

Fazit: Einige Hersteller haben nachhaltige Lösungen bereits erfolgreich umgesetzt, während andere die Themen noch zögerlich behandeln. Es ist höchste Zeit, Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit nicht länger aufzuschieben, denn gesetzliche Vorgaben und gesellschaftliche Erwartungen lassen sich nicht aufhalten.

Die ganzheitliche 
Betrachtung zählt

Die Nachhaltigkeit von Verpackungen gehört zu den wettbewerbsrelevanten Themen der Markensteuerung der Hersteller und Händler von Konsumgütern. Susycheck hat sich als eines der führenden Instrumente etabliert, wenn es um die ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeit von Verpackungen geht.

Grundlage für die Ergebnisse ist ein Prüfalgorithmus, der vier Kernbereiche entlang des gesamten Produktlebenszyklus analysiert – von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung. Die Methodik kombiniert nach Angaben ihrer Entwickler wissenschaftliche Präzision mit praktischer Anwendbarkeit, um Greenwashing zu unterbinden und vergleichbare sowie transparente Nachhaltigkeitsaussagen zu ermöglichen.

Die wissenschaftliche Leitung über den Algorithmus, der in Kooperation mit verschiedenen Forschungs­einrichtungen entwickelt wurde, liegt bei der Fjol GmbH. Dadurch ermöglicht der Susycheck nach Angaben der Central Agency for Green Commerce eine rechtssichere Bewertung.

Diesmal standen 17 Verpackungen für Schokokekse auf dem Prüfstand. Getestet wurden Händlermarken von Rewe, Edeka, Alnatura und Aldi Süd sowie Industriemarken von Bahlsen, Oreo, Brandt, Lambertz, Schär, Ferrero, Milka und Griesson. Erstmals wurde ein Scanner zur Analyse des Verpackungsmaterials eingesetzt.

Herausforderungen bei den Schokoladenkeksen:

  • Die Schokoladenkekse benötigen einen Barriere- und Produktschutz gegen Eindringen von Feuchtigkeit, Sauerstoff, externen Gerüchen.
  • Sie dürfen nicht von außen beschädigt werden (sind sehr brüchig), Luftpolster.
  • Die meisten Unternehmen arbeiten mit PE-Flexfolien/PP-Flexfolien (in Verbindung mit metallisierten Beschichtungen).
  • Die Produkte werden in der Regel in „stabile Trays“ eingesetzt.
  • In vielen Fällen werden die Produkte durch zusätzliche Faltschachteln ummantelt.
  • Annahme der Bewertung: Die metallisierten PE-/PP-Flexfolien gehen in die Verbrennung.

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