Interview mit McCain Ein teurer Rohstoff

Vertriebs-Chefin Gabriele Pichler-Hammerschmidt und Marketing-Managerin Sabine Weber von McCain über trendiges Fingerfood.  

Mittwoch, 06. Dezember 2023 - Sortimente
Andrea Kurtz
Artikelbild Ein teurer Rohstoff

Im TK-Segment klaffen Umsatz und Absatz derzeit bei vielen Herstellern auseinander. Wie entwickelt sich der Markt für McCain? 

Gabriele Pichler-Hammerschmidt: „Kurz zusammengefasst: Unsere Kategorie wächst, aber McCain wächst noch deutlich stärker. Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau (MAT Juni 2019) konnten wir unsere Absätze 5 Jahre später (MAT Juni 2023) deutlich um 37,7 Prozent steigern (Quelle: IRI Handelspanel), was neben der Beliebtheit unserer Klassiker wie beispielsweise McCain 1.2.3 Frites Original, Golden Longs oder Frites Deluxe sowie Innovationen durch einen nachhaltig starken Inhome-Konsum begründet ist. Die Kategorie Tiefkühlkartoffelprodukte wuchs im gleichen Zeitraum um 13,8 Prozent. Die Covid-Zeit war ein Booster für TK-Kartoffelprodukte, insbesondere Pommes. Durch diesen Inhome-Fokus konnten viele neue Konsument:innen für die Kategorie und insbesondere die Marke McCain gewonnen werden, wovon ein großer Anteil nachhaltig der Marke McCain treu bleibt. Die Marke McCain ist mittlerweile erstmalig in mehr als zehn Millionen deutschen Haushalten vertreten (GfK Haushaltspanel, Tiefkühlkartoffelprodukte und Fingerfood). Da sich zwischenzeitlich auch der Außer-Haus-Konsum nicht nur erholt hat, sondern auch deutlich wächst, haben Pommes in Summe deutlich in der Gunst der Konsument:innen und im „Share of Stomach“ gewonnen.

Ihre Prognose für 2023/2024?

Pichler-Hammerschmidt: Einerseits gibt es für die Marke McCain noch weitere Potenziale zu erschließen, andererseits ist das inflationsbedingte Trading Down im Verhalten der Konsument:innen deutlich sichtbar. Wir planen mit einer leichten Steigerung für die kommenden 12 Monate.

Was planen Sie in Sachen Werbung und Aktionen für den LEH?

Sabine Weber: Erst im März haben wir unsere neue emotionale McCain Dachmarken-Kampagne „Born to Share“ gestartet, die den Markenkern „Togetherness“ und die Momente zum Teilen mit dem Grundgedanken „McCain bringt Menschen zusammen“ kommuniziert. Auf diese Weise haben wir die prägnante Markenbotschaft klar definiert und diese konsequent an verschiedensten Stellen über TV und digitale Formate angeknüpft. Erfolgreiche Post-Tests sowie unser wachsender Marktanteil zeigen, dass die neue emotionale Kommunikationsplattform online wie offline bei unseren Pommes-Fans sehr gut ankommt. Anfang September startete bereits die nächste Welle unserer Dachmarkenkampagne. Hinzu kommen die Kampagnen rund um unsere neue Fingerfood-Marke Pickers. Nach einer sehr erfolgreichen Kampagne im letzten Jahr wuerd die Range auch in diesem Jahr ab November medial durch eine reichweitenstarke 360-Grad-Kampagne unterstützt. Dabei liegt der Fokus auf den relevanten Fingerfood-Momenten wie den Weihnachtstagen, Silvester oder auch dem Super Bowl. Im Rahmen der Kampagne wurden auch die beiden neuen Pickers-Produkte (Chili Cheese Nuggets und Mini Emmental Sticks) kommunikativ unterstützt. Die Maßnahmen reichen von digitalen und sozialen Medien über Aktivierungen am PoS hin zu Couponing-Aktionen, die Konsument:innen attraktive Anreize bieten, die neuen Sorten zu testen. 

Welche Zielgruppe hat denn Pickers?  

Weber: Unsere McCain-Konsument:innen sind insgesamt sehr divers und breit aufgestellt, da wir unterschiedliche Zielgruppen mit unseren Produkten und Konzepten ansprechen. Unsere Pommes-Klassiker sind besonders bei Familien sehr beliebt. All unsere Produkte fördern gut gelaunte Genussmomente für gemeinsame Zeit mit Freunden oder der Familie. Mit unseren Pickers hingegen sprechen wir eine jüngere Zielgruppe und vor allem die Fingerfood-Community mit neuen Fingerfood-Varianten an.

Haben Sie Platzierungsempfehlungen für die Truhe?

Pichler-Hammerschmidt: Unsere McCain-Shopper-Studie zeigt, dass sich aus dem Kaufentscheidungsverhalten und der Suchlogik der Shopper:innen die optimale Platzierung für TK-Kartoffelprodukte ableiten lässt: Nach dem Motto „Produktart liebt Marke“, sollte die Platzierung zunächst nach Segmenten stattfinden, innerhalb der Segmente jeweils im Markenblock. McCain als Ankermarke der Kategorie empfehlen wir zur optimalen Orientierung jeweils vorne zu platzieren. Danach folgen die weiteren Marken sowie die Handelsmarke. Ein zusätzliches Herausstellen von Neuprodukten und besonderen Produkten fördert die Wertschöpfung der gesamten Kategorie.

Wie würden Sie Trendprodukte platzieren?

Pichler-Hammerschmidt: Im richtigen Umgang mit den Trendprodukten liegt großes Potenzial. Denn TK-Fingerfood ist aus Sicht der Shopper:innen eine eigene Kategorie (die ohne Beilagen auskommt) und markenübergreifend zusammen im Block platziert werden sollte. Die Kund:innen achten hier vor allem auf Qualität, ein prägnantes Packaging und den Geschmack. Gerade Markenprodukte wie Pickers können diese Erwartungen am besten erfüllen. TK-Fingerfood ist sogar überdurchschnittlich häufig der Grund, ein bestimmtes Geschäft aufzusuchen. Promotions mit finanziellem Vorteil wie Overfills, Rabatte oder Coupons verstärken die Kaufabsicht.

Wie ist die Entwicklung bei den Rohstoffen? Wie gehen Sie damit um?

Pichler-Hammerschmidt: Die Kartoffel als unser bei Weitem wichtigster Rohstoff unterliegt einer sehr deutlichen Inflation von 35 bis 37 Prozent in den Kontraktabschlüssen mit den Landwirt:innen für die Ernte 2023. Hier befinden wir uns in einem starken Wettbewerb um jeden Hektar Anbaufläche und konkurrieren mit aufwandsärmeren und ertragreichen anderen Feldfrüchten. Es ist die zweite massive Kontaktpreissteigerung innerhalb von zwei Jahren (nach 20 Prozent im Vorjahr). Diese steigenden Kosten können unsererseits nicht aufgefangen werden und müssen daher weitergegeben werden. Die Ernteergebnisse der Kartoffeln haben unmittelbar hohen Einfluss auf unseren Geschäftsverlauf.

Preiserhöhungen: Wie reagieren die Kunden darauf?

Pichler-Hammerschmidt: Momentan ist im Bereich Food aufgrund der inflationsbedingt angespannten Lage vieler Haushalte ein Trading Down zu beobachten: Dies äußert sich in steigenden Discount- sowie Handelsmarken-Anteilen wie auch Promo Shares. Etwas anders verhält es sich in unserer Kategorie, den Tiefkühlkartoffelprodukten: Da hier im letzten Jahr maßgeblich die Handelsmarken die Preissteigerungen trieben, wurden diese im Vergleich weniger attraktiv für Konsument:innen, und ihr Marktanteil sank (minus 1ppt, MAT Juni 23 vs. MAT Juni22, IRI Handelspanel). In den letzten drei Monaten stellte sich eine Stabilisierung auf plus minus null ein. McCain dagegen konnte unter anderem mit attraktiven Promotions den mengenmäßigen Marktanteil ausbauen (plus 1,1ppt, MAT Juni 23 vs. MAT Juni22, IRI Handelspanel).

Welchen Stellenwert räumen Sie trotz der Kostensteigerung der Nachhaltigkeit ein?

Pichler-Hammerschmidt: Grundsätzlich wählen wir nicht nur die besten Kartoffeln in den geeigneten Regionen Europas aus, sondern verfügen auch über sehr erfahrene Spezialist:innen dafür. Landwirt:innen, Agrarwissenschaftler:innen und viele weitere Personen arbeiten hart daran, jeden Tag die bestmögliche Qualität zu produzieren. Zudem hat sich McCain ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, als Pionier zur nachhaltigen Revolution der globalen Landwirtschaft an vorderster Front beizutragen und verpflichtet sich, bis 2030 regenerative Landwirtschaftsmethoden auf 100 Prozent der McCain-Kartoffel-Anbaufläche weltweit (fast 150.000 Hektar) einzusetzen. Regenerative Landwirtschaft bedeutet, die Regeneration des Erdbodens maßgeblich voranzutreiben und zu priorisieren. Denn nur ein gesunder Boden kann dem Klimawandel erfolgreich begegnen und die Erträge für die kommenden Jahrzehnte bewahren. Der Erdboden ist zudem das weltweit größte CO₂-Reservoir. Diesen wieder in den Mittelpunkt des Anbauprozesses zu stellen und die Menge der organischen Substanz im Erdboden zu erhöhen, verbessert die Aufnahme von CO₂ und ist somit ein exzellenter Weg, den Klimawandel zu bekämpfen. Die regenerative Landwirtschaft ist ein agronomischer Ansatz, Einfluss auf den gesamten Kreislauf und die Ernte zu nehmen. Eine Reihe von Anbautechniken (wie beispielsweise erhöhte Diversität bei Pflanzen und Tieren durch Wiesenstreifen, reduzierte Tiefe der Bodenbearbeitung, Schutz vor Erosion durch Bodendeckerpflanzen etc.) unterstützen die regenerative Landwirtschaft, um die Ernte und Rohstoffbeschaffung möglichst effizient und nachhaltig zu gestalten. 

Weber: Unser Vorhaben, bis 2030 alle Anbauflächen für Kartoffel auf regenerative Landwirtschaft umzustellen, ist ein Meilenstein und ein Beitrag zur Gesundung der Böden in der globalen Landwirtschaft. Wir sind hier sicherlich eine der global führenden Food-Marken. Dies führen wir in unserem kürzlich erschienenen Nachhaltigkeitsbericht detailliert aus. Wir sind ein Familienunternehmen; wir verfolgen vor allem die Werte Familie, Authentizität, Qualität und Vertrauen.

Fachkräftemangel: ein Problem? Welche Lösungsansätze haben Sie dafür?

Pichler-Hammerschmidt: Die richtigen Mitarbeitenden zu finden ist eine Schlüsseldisziplin, für die wir aus gutem Grund sehr viel Zeit und Energie verwenden. Denn unsere Mitarbeitenden bestimmen maßgeblich unseren Erfolg mit. Der Markt ist umkämpft und die Zeit, die verstreicht, bis man die richtige Person für die Rolle gefunden hat, hat sich verlängert. Bei uns können Mitarbeitende in einem leistungsstarken, ergebnisorientierten, sehr menschlichen Team arbeiten. Sie profitieren von einem offenen, transparenten Klima auf Augenhöhe mit dem Ziel, jeder und jedem die persönliche „Best Performance„ zu ermöglichen. Bei allen Herausforderungen und täglichen Anstrengungen arbeiten unsere Teams sehr gerne miteinander, schätzen einander und stehen als Menschen zusammen. Mit diesem Ansatz finden wir auch die richtigen Leute, die hier „dabei sein wollen“.

Welche Pläne haben Sie für Deutschland beziehungsweise Europa?

Weber: Bei den TK-Kartoffelprodukten sowie auch TK-Fingerfood steht seitens der Konsument:innen ganz klar „Genuss zum Teilen„ an erster Stelle, aber auch bewusstes, verantwortungsvolles Einkaufen wird in diesen Segmenten immer wichtiger. Vegan, glutenfrei und auch der Nutri-Score – die Inhaltsstoffe der Produkte stehen bei den Kaufentscheidungen mehr und mehr im Fokus. Hinzu kommen Aspekte der Nachhaltigkeit mit Blick auf Anbau, Rohware und Produktion. Konsument:innen wollen wissen, was hinter den Produkten steht.

Welche Marktforschung für Innovationen führen Sie durch?

Weber: Wir legen großen Wert darauf, unsere Verbraucher:innen und ihre Bedürfnisse wirklich gut zu kennen und zu verstehen. Nur so können wir sicherstellen, dass wir ihnen heute und in Zukunft die passenden Produkte für ihren Alltag und all die vielfältigen Genussmomente anbieten können. Dafür arbeiten wir je nach Forschungsfrage mit verschiedenartigen Marktforschungs-Tools: internationale und lokale Studien, qualitativ-explorative sowie quantitative Marktforschung, Online-Marktforschung und Home-Use-Tests, usw. Diese Tools werden nicht nur in der Neuproduktentwicklung, sondern auch im Bereich Kommunikation sowie Shopperverhalten eingesetzt, um sicherzustellen, dass wir unsere Handelspartner mit unserer Kategorie- und Shopper-Expertise jederzeit gut beraten können.

Und im direkten Kontakt mit den Kunden stehen Sie auch ...

Weber: ... aber ja, ebenfalls wichtig ist uns der direkte Kontakt mit den Pommes-Fans über unsere Social Media Kanäle, da wir dort direkte und ungefilterte Rückmeldung von unseren Konsument:innen erhalten und diese in die Markenführung einfließen lassen können. Dies kann sich auf Ernährungsfragen beziehen, auf Neuprodukte oder auch auf unsere CSR-Initiativen, wie beispielsweise die Umstellung auf regenerative Landwirtschaft. Dabei beantworten wir gerne die Fragen der Verbraucher:innen und nehmen das Feedback auf, um es in unsere aktuellen Projekte einfließen zu lassen.

Wie genau sind diese Vorhersage? Gab es dabei schon mal einen wirklichen Flop?

Weber: Selbstverständlich gibt es in der FMCG-Branche recht hohe Flopraten – Studien sprechen von bis zu 70 Prozent. Aus meiner Sicht ist es aber wichtig, Dinge zu wagen, Neues auszuprobieren, mutig zu sein, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Nicht alles wird für zehn Jahre im Markt bleiben, was langfristig gesehen auch absolut okay ist. Natürlich gab es auch bei McCain schon Produkte, die nur zwei bis drei Jahre im Markt waren. Grundsätzlich liegt unsere Erfolgsquote aber definitiv über dem FMCG-Durchschnitt.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Optimistisch ins neue McCain-Jahr: Gabriele Pichler-Hammerschmidt (Sales Director Retail DACH & CE, l.) und Sabine Weber (Marketing-Managerin Retail DACH & CE).

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