Diversa Volle Kraft voraus

Wer davon ausging, dass Diversa mit der Trennung von Rémy Cointreau geschwächt sein würde, wird dieser Tage eines Besseren belehrt. Die Rheinberger konnten sich organisatorisch neu aufstellen und wachsen sowohl wert- als auch absatzmäßig. Dem Handel werden zahlreiche Neuheiten geboten.

Sonntag, 12. September 2021 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Volle Kraft voraus
Bildquelle: Diversa

Die Diversa Spezialitäten GmbH, eines der führenden deutschen Distributionshäuser für nationale und internationale Spirituosen, navigiert bisher erfolgreich durch die derzeitigen Krisen und Herausforderungen des Marktes. Die aktuelle Performance: ein mengenmäßiger Zuwachs von 24,3 Prozent sowie ein Plus von 18,8 Prozent beim Umsatz (MAT KW 26/2021, Vorjahresvergleich). Damit können sich die Rheinberger (in Nordrhein-Westfalen nahe Duisburg) besser als der Markt entwickeln, der beim Absatz stagniert und nur im Wert leicht zulegen kann. „Die aktuellen großen Treiber des Diversa-Wachstums sind Underberg, Asbach, Pitú und das RTD-Geschäft, Ouzo of Plomari, Southern Comfort und Amarula“, erklärt Geschäftsführer Thomas Mempel (Foto) gegenüber der Lebensmittel Praxis.

Trotz dieser Zahlen herrscht bei Diversa die Devise „Ärmel hochkrempeln“. So konnten die Analysten im Zuge der Covid-19-Pandemie zwar deutliche Impulse für den LEH ausmachen. Zu Jubelarien führte das in der Vorstandsetage in Rheinberg aber nicht. Insbesondere der Gastro-Vertrieb litt erwartungsgemäß unter dem Lockdown sowie bis heute anhaltenden Restriktionen. „Der veränderte Artikelmix hat zu weit niedrigeren Umsätzen geführt, und uns fehlen die Impulse in der Gastronomie. Diese ist nicht nur Mengenträger, sondern auch ein wichtiger Kanal für Wertschöpfung und Markenerlebnisse“, erklärt Mempel. Events und dazugehörendes Catering kann ein Supermarkt in der Regel nicht bieten. „Uns fehlen Monate aus diesem Absatzbereich, die nicht kurzfristig aufholbar sind. Dazu kommen additiv noch der Ausfall der Exporte, die notleidende Schifffahrt und monatelange Ausfälle im Travel Value im Underberg-Geschäft“, so der Diversa-Geschäftsführer.

Beim Blick nach vorne setzt Mempel vor allem auf Markttrends und will die Nachfrage nach natürlichen Produkten mit einem alten Klassiker bedienen: Underberg. „Fast die Hälfte der Shopper kauft heute nach unserer Einschätzung vermehrt umweltfreundliche Produkte mit natürlichen Zutaten. Neben dem neuen Design der Jubiläums-Packungen profitiert der Kräuterklassiker von seinen zeitgerechten Produktattributen (Underberg enthält Kräuter, Alkohol, Wasser – und sonst nichts) und seiner ikonischen Portionsflasche, die hygienisch von Strohpapier umhüllt ist“, erklärt Mempel. Die Sirup-Linie Riemerschmid Soda Syrup setzt auf Glaskleingebinde und ein zuckerreduziertes Mischergebnis. Pitú Ipanema bedient als alkoholfreier Ready-to-Drink gleich zwei Trends, und mit dem Bio-zertifizierten Energydrink Nova Organic will man nicht nur bei den Inhaltsstoffen auf Nachhaltigkeit setzen, sondern bietet auch ein ausgeklügeltes Verpackungskonzept von 100 Prozent recycelten und wiederverwertbaren Aluminium-Dosen und Packstoffen.

Das Unternehmen habe seit Jahren nicht mehr so intensiv in Werbemaßnahmen für Marken wie Underberg, Asbach, Amarula, Pitú und Southern Comfort investiert. Diversa sei aktuell mit mehreren Marken im TV, mit spürbaren Rotationseffekten am PoS, auch zugunsten der Handelspartner.

Trennung von Rémy Cointreau wird als Chance gewertet
2019 war bekannt geworden, dass Diversa, eigentlich ein Joint Venture von Rémy Cointreau und Semper Idem Underberg, komplett von Letzterem übernommen wurde. Die Vertriebsrechte des französischen Konzerns sind mittlerweile bei Eggers & Franke (Rotkäppchen-Mumm) gelandet. Zu dieser Entscheidung sagte der damalige Underberg-Vorstand Ralf Brinkhoff (heute Griesson de Beukelaer): „Für Underberg eröffnet die Übernahme der Diversa Spezialitäten GmbH neue Freiheiten, um das Sortiment richtungsweisend auszubauen und gestärkt zu wachsen.“ Marketingchef Tim Nentwig sieht durch den Abgang des Rémy-Portfolios keine negativen Auswirkungen, beispielsweise durch den Verlust von Marken mit besonders hoher Marge wie dem Cognac Louis XIII. „Starke, bekannte Marken haben aus unserer Sicht aktuell ein Revival. Wir sind davon überzeugt, dass vor allem die Marken im LEH Potenzial haben, die in einem Bereich liegen, den wir ‚Mainstream+‘ nennen – und Premiummarken, die im Preis-Leistungs-Verhältnis erschwinglich sind, wie unser Asbach 8 Jahre, Koskenkorva, Law Gin oder Bunnahabhain 12, also ein Preisbereich von 15–50 Euro“, so Nentwig. Luxusmarken werde es immer geben, man sehe hier jedoch insbesondere für den LEH nicht das Potenzial in der Breite.

Bereits 2019 hatte das Unternehmen begonnen, auf sogenannte hybride Vertriebsmodelle zu setzen, das heißt einen Stamm aus festen und freien Mitarbeitern aufzubauen, unter anderem, um saisonale Spitzen besser umsetzen zu können. Teil der strategischen Neuausrichtung ist auch eine Kooperation mit der Other Guys GmbH aus Erfurt, einem Vertriebsspezialisten für die Szene-Gastronomie. Ganz aktuell wird das Marketing in zwei Bereiche geteilt: die Einheiten „Channel Management“ (Vertrieb PoS) sowie „Brand Management“ (internationale Strategie, Markenführung und Neuproduktentwicklung). „Wir haben das Ziel, noch intensiver Consumer Insights zu beleuchten, über nationale Marktforschung hinaus globale Trends über unsere Kontakte aus den Importmärkten sowie Gastronomietrends zu analysieren, Innovationen in unserem Sortiment zu treiben und im Sinne unserer Kunden mit Power an den PoS zu bringen“, so Geschäftsführer Mempel zur neuen Diversa-Struktur.

Was bewegt den Spirituosen-Markt?

Der Spirituosen-Markt in Deutschland entwickelt sich stabil und wird gemäß den Analysten von International Wines and Spirits Record (IWSR) bis 2025 moderat wachsen. Die Shopper-Trends werden insbesondere die Kategorien Premix und Aperitif beflügeln.

Grundsätzliche Markttrends:
Größere Einkaufskörbe als vor Corona: 20 Prozent der Shopper kaufen neuesten Untersuchungen zufolge 2021 mehr ein.
One Stop Shopping und Discount-Relevanz: Einkaufsverhalten zu Beginn 2021 noch extremer als im Mai und Oktober 2020.
Ungebrochenes Gesundheitsbewusstsein: weniger Alkohol, weniger Zucker, weniger Kalorien.

Alkoholkonsum in den eigenen vier Wänden: Die, die trinken, trinken mehr. Mehr Zeit und gemeinsamer Konsum im Haushalt treiben den Konsum von alkoholischen Getränken zu Hause an. Homeoffice reduziert die Berufspendler, was zu verändertem Konsum zu Hause führt.

Reichweitenverluste in jungen Zielgruppen: Die Konsumentenreichweite jüngerer Altersgruppen wird weiter zurückgehen. Vor allem die abnehmende Zahl der 18–29-Jährigen wird nach IWSR-Prognosen die Spirituosen ihrer mit aktivsten Verbraucher berauben. Wachstumsmöglichkeiten: Premix sowie alkoholfrei.

Cachaça?
Die wenigsten Otto Normalverbraucher könnten auf Anhieb erklären, was genau diese Spirituose ausmacht. Das liegt sicher auch daran, dass die EU-Spirituosenverordnung diesen Begriff gar nicht vorsieht und Cachaça demzufolge hierzulande als „brasilianische Spirituose“ oder „Zuckerrohrbrand“ vermarktet wird. Zum verwandten weißen Rum gibt es einen entscheidenden Unterschied: Cachaça wird aus Zuckerrohrmost des frisch geernteten und danach gekelterten Zuckerrohrs hergestellt. Beim Rum ist der Rohstoff meistens die qualitativ minderwertigere Rohrzuckermelasse. Laut Daten von Information Resources fristet der südamerikanische Brand ein Dasein weit abgeschlagen in der LEH-Absatzstatistik, konnte aber im vergangenen Jahr ein bemerkenswertes Wachstum von 21,4 Prozent auf rund 1,5 Millionen Flaschen (LEH ohne Fachhandel und Aldi) verbuchen.

Bei den Cash-&-Carry-Märkten lief es erwartungsgemäß schlechter: Laut den Marktforschern von Nielsen gingen hier rund 40 Prozent Umsatz verloren. Unterm Strich bleibt aber eine leicht positive Entwicklung für den Cachaça-Markt. „Bei Cachaça sehen wir ein klares Revival von Pitú, und zwar außerhalb aller Kategorie-Grenzen. Während der Cachaça-Markt im ersten Halbjahr umsatzmäßig um 3,6 Prozent wächst, hat sich Pitú mit plus 10,4 Prozent überproportional gut entwickelt“, erklärt Tim Nentwig, Marketing Director der Diversa Spezialitäten GmbH zur derzeit wachstumsstärksten Marke im Portfolio. Nicht einbezogen ist hier die Dynamik am Ready-to-Drink-Markt. So habe sich die fertig gemischte Caipi unter der Dachmarke Pitú mit einem Plus von 57,4 Prozent (Absatz) besonders stark entwickelt.

Premixe und Alkoholfreie seien laut Diversa die Trends der Zeit, die man auch aktiv bedienen will, beispielsweise mit „Pitú Ipanema“, der ersten fertig gemischten alkoholfreien Caipirinha in der Dose auf dem Markt. „Die ersten Indikatoren nach dem Launch zeigen, dass wir mit dieser neuen SKU den Trend voll getroffen haben. Gemeinsam mit unseren Handelspartnern ist es gelungen, die Ipanema in kurzer Zeit flächendeckend zu distribuieren und mittels PoS-Aktionen und intensiver werblicher Unterstützung aus dem Stand heraus attraktive Rotationswerte zu erzielen“, so Nentwig. Die Empfehlung für den Handel: Die Pitú-Cocktailbar als Fertig-Display, die sowohl den Klassiker Puro wie auch Ready-to-Drinks enthält. Man wolle den Marktführer in Handel und Gastronomie weiter konsequent als Dachmarke ausbauen.

Dazu zählt ein erhöhter Werbedruck in Print, TV und in den sozialen Netzwerken. Zu dem Paket gehört auch eine Gewinnspielkooperation mit Mydays, bei der Grillabende verlost werden. „Premixe werden aus unserer Sicht im Warenkorb des Verbrauchers langfristig ihren Platz haben, sie sind für den Handel wertschöpfende und für den Verbraucher conveniente Artikel“, sagt Marketing Director Nentwig. Alkoholische Premixe würden im Regal des Handels aber nur Sinn ergeben, wenn sie von vorverkauften Spirituosen-Marken mit entsprechender Stärke aufgelegt werden und dem Handel Umschlag, Marge und entsprechenden Werbesupport bieten.

Die aktuellen Displays für Pitú sind auch mit einer Bestückung von nur 48 Dosen erhältlich. Durch die kleine Grundfläche des Display-Sockels sei eine effektive Platzierung auch auf kleinerer Handelsfläche möglich.

Für die Premixe Caipirinha und Ipanema werden zudem erstmals breit angelegte, nationale TV-Kommunikationskampagnen gestartet, die den Abverkauf im Handelsregal beflügeln sollen.

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