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Spannende Neuheiten und Ausblicke auf den Einzelhandel der Zukunft gab es auf der Düsseldorfer Eurocis wieder zuhauf. Die Messe konnte endlich wieder in Präsenz stattfinden, und so konnte das Fachpublikum die neuen Technologien selbst in Augenschein nehmen. Für uns Grund genug, auch im Nachgang einige der Innovationen zu zeigen.
Fazit I: Zentral für das Einkaufserlebnis der Zukunft wird das Smartphone. Es dient nicht nur an der klassischen Supermarktkasse als digitale Geldbörse (siehe auch Seite 30) – es könnte die Kasse in vollautomatischen Märkten sogar ersetzen. Aber auch beim klassischen Bezahlvorgang ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft.
Fazit II: Doch nicht nur der vermehrte Einsatz von Verbraucherelektronik wird das Einkaufserlebnis der Zukunft prägen. Auch die Robotik – bisher vor allem im verarbeitenden Gewerbe zu finden – dürfte Einzug in die Supermärkte halten. So können Roboter eingesetzt werden, um Kunden zu gesuchten Produkten zu führen oder um die Filiallogistik effizienter zu gestalten.
Fazit III: Einzelhandel wie Hersteller von moderner Retail Technology tasten sich so langsam vor in ein neues Zeitalter des Einzelhandels. Das Tempo des Wandels wird freilich nicht allein von diesen beiden Taktgebern bestimmt – auch der Kunde muss mit den Veränderungen Schritt halten können.
Retail Technology nahm auch auf der diesjährigen Eurocis einen zentralen Platz ein und zog das Publikum zu entsprechenden Vorträgen.
Smartphone statt Scanner
Die Frage nach der Kasse der Zukunft versucht die Firma GK Software mit dem Format GK Go zu beantworten: Auf der Eurocis präsentierte das Unternehmen einen Scanless Store, der autonom oder als Erweiterung des Geschäfts betrieben werden kann. Der Clou dabei: Das Scannen von Artikeln und auch das Anstehen für die Bezahlung entfallen. Der Kunde benötigt lediglich sein Smartphone, auf dem er nach der Registrierung am Eingang jederzeit sieht, was sich im Einkaufswagen befindet und wie hoch der aktuelle Einkaufswert ist. Naomi Jaguttis, Client Solution Executive, erläutert dazu: „Wir können uns für die GK-Go-Technologie vor allem Containerformate vorstellen, um kleine und unerschlossene Flächen zu erschließen, zum Beispiel Parkplätze.“ Dort könne dann ein begrenztes Sortiment für spezielle Zielgruppen angeboten werden. Es seien jedoch auch andere Store-Konzepte möglich, zum Beispiel als Teilbereiche in größeren Läden, ob mit oder ohne Personal.
Filiallogistik optimieren
Die Filiallogistik macht fast die Hälfte der gesamten Kosten der Handelslogistikkette aus. Dennoch sind besonders Prozesse in den Filialen wie der Aufbau einer Filiale, die Bestückung der Regale oder der exakte Produktbestand häufig intransparent und oft nicht digitalisiert. Das hat das Start-up Ubica zum Anlass genommen, autonome, mobile Scanroboter, die mittels künstlicher Intelligenz und Bildverarbeitung digitale Filialzwillinge erstellen. Diese repräsentieren tagesaktuell den Aufbau der Filialen sowie die Bestückung der Regale und verknüpfen diese mit Stammdaten der Händler. Sie ermöglichen es Händlern, Prozesse zu optimieren und sich mit strategischen Optimierungen einen klaren Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Für ihre Arbeit wurde Ubica Robotics auf der EuroCIS mit dem Wissenschaftspreis 2022 geehrt.
Grifflücken auf der Spur
Electronic Shelf Labels (ESL) stellen die digitale Zukunft am Regal dar. Einen Schritt weiter als mit den elektronischen Etiketten geht man mit den Captana ShelfEyes, drahtlosen Minikameras, die Aktionen am Verkaufsregal in Echtzeit erfassen und analysieren. Durch eine regelmäßige Scannung der Waren werden Fehlplatzierungen, Regallücken und Leerstände erkannt und durch entsprechende Konfigurationen automatisierte Nachbestellungen ausgelöst. Alle Informationen wandern vom Verkaufsregal sofort in eine Cloud, in der eine Software die Bilder innerhalb von Sekunden in strukturierte Daten umwandelt und eine optimale Warenverfügbarkeit gewährleistet.
Elektronischer Wegweiser
Ein Blickfang in jedem Markt ist der ShelfiePro Robot der belgischen Firma DeDuCo International. Er zeichnet sich durch ein bewegliches Display aus, das mit Aktionen und Informationen bespielt werden kann. Sein 360-Grad-LED-Bildschirm ist aus jedem Winkel zu sehen. Der Roboter führt Kunden nicht nur zu den gewünschten Produkten, sondern versorgt sie auf Wunsch auch mit weiteren Informationen. Dem Händler ermöglicht er eine digitale Sortimentsverwaltung, da er die Produkte in Regalen und Aktionszonen automatisch scannt und Fehlbestände an den Verantwortlichen meldet.
Bezahlen per QR-Code
Das Schweizer Unternehmen Bluecode glaubt an das Bezahlen per Smartphone – allerdings nicht daran, Apple an dem Geschäft zu beteiligen. Bezahlt wird bei Bluecode daher nicht wie üblich über den von Apple kontrollierten NFC-Chip und die Wallet, sondern über die Handykamera. Diese liest an der Kasse einen QR-Code ab. Die Lösung kann in Händler- und Banking-Apps integriert werden. Der Kunde muss sich zuvor einmalig mit seinem Girokonto registriert haben. Damit ist die Verbindung zur Bank hergestellt, und die Beträge werden per Lastschriftverfahren abgebucht. Bluecode ist in Österreich bereits weit verbreitet. In Deutschland bieten beispielsweise die Drogerieketten Rossmann und Müller das Verfahren an.