Nachhaltigkeit Der Nachhaltigkeits-Rechner - Tegut

Lebensmittelhandel und -hersteller stellen hohe Summen bereit für Nachhaltigkeits-Projekte in den Bereichen Ökologie und Soziales. Was bringen die Maßnahmen den Unternehmen jedoch an ökonomischen Vorteilen? Die LP fragte nach.

Freitag, 19. September 2014 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Der Nachhaltigkeits-Rechner - Tegut
„Für mich ist es ein Fehler, in der Nachhaltigkeitsdiskussion die Kosten-Nutzen-Analyse in den Vordergrund zu stellen.“
Jan Niewodniczanski, Bitburger Braugruppe

Konkreter wird Tegut. Das hessische Handelsunternehmen hat nach eigenen Angaben in einem Zeitraum von 3 Jahren beispielsweise rund 3 Mio. Euro in die Nachrüstung von Glasdrehtüren, LED-Licht und Energiesparlüfter in den Kühlregalen für Molkereiprodukte und SB-Wurst in 100 Tegut-Märkten sowie in zwei eigene Fotovoltaik-Anlagen zur Eigenstromversorgung auf den Märkten in Schlüchtern und Marburg Cappel investiert.

„Bei Maßnahmen, die auf Energieeinsparung abzielen, gehen wir von einem Return on Invest von 3,5 bis 4 Jahren aus“, sagt Rainer Rausch, Leiter Marketing-Service bei Tegut. Bei kostenneutralen Maßnahmen könne man nicht im Detail nachvollziehen, was, wie und wann beim Kunden ankomme. „Das Bewusstsein der Kunden fußt auf vielen Eindrücken und Bestrebungen von Tegut im Bereich Nachhaltigkeit. Verringert man beispielsweise den CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte, lässt sich schwer ermitteln, ob ein Kunde aufgrund dessen bewusst mehr bei Tegut einkauft“, so Rausch.

Nachhaltiges Wirtschaften verankert die Bitburger Braugruppe aktuell Schritt für Schritt in allen Unternehmensbereichen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette von den Rohstoffen bis zum Verbraucher. Insbesondere das Investment in den Aufbau des strategischen Nachhaltigkeits-Management-systems lasse sich nicht in Zahlen fassen. Hier ginge es vornehmlich darum, Know-how im Unternehmen aufzubauen. Die Gruppe investiert regelmäßig in technische Neuerungen, die nach eigenen Angaben gleichermaßen auf ökologische und ökonomische Ziele einzahlen.

Für Jan Niewodniczanski, Geschäftsführer Technik der Bitburger Braugruppe und Vertreter der siebten Familiengeneration, ist es jedoch ein Fehler, in der Nachhaltigkeitsdiskussion die Kosten-/Nutzen-Analyse in den Vordergrund zu stellen, „da es sich hier lediglich um eine kurzfristige Betrachtungsweise handelt. Wir sind ein Familienunternehmen und denken langfristig. Für uns zahlt sich Nachhaltigkeitsengagement also dann aus, wenn wir in der sehr wettbewerbsintensiven Branche weiterhin erfolgreich bestehen und das Familienunternehmen an die folgenden Generationen übergeben können. Neben dieser langfristigen Sicherung des Unternehmenswerts werden wir daher auch weiterhin in Nachhaltigkeits-Aktivitäten der Säulen Ökologie und Soziales investieren. Das ist unser Beitrag, den wir auch für die Gesellschaft leisten möchten.“

Beispiele für Maßnahmen, die enorme Effekte auf das Nutzen-Konto haben, gibt Bitburger dennoch: Rund 25 Mio. Euro kostete eine 2012 eingeweihte Flaschenabfüllanlage in Wernesgrün inklusive Halle und Energiekonzept. Hier wurde ein Blockheizkraftwerk-Konzept mit einer Flaschenwaschmaschine einer Mehrweg-Abfüllanlage gekoppelt. Neben den ökologischen und ökonomischen Vorteilen, die aufgrund der hohen Wirkungsgrade der Kraft-Wärme-Kopplung vorhanden seien, senke die neue Abfüllanlage den Wasserverbrauch bei der Flaschenabfüllung um 130 ml je Flasche – das entspreche einer Ersparnis von 54 Prozent. Weitere 15 Mio. kostete eine neue Flaschen-Abfüllanlage am Standort Bitburg, die Anfang 2014 in Betrieb genommen wurde. Sie benötigt im Vergleich rund 40 Prozent weniger Wasser und Reinigungslauge. Der Wärmeverbrauch sei um 27 Prozent gesunken, der CO2-Verbrauch um 42 Prozent und der Strombedarf sogar um 48 Prozent. Soziale Maßnahmen, bspw. zur Gesundheitsförderung durch Gesundheitstage, Schutzimpfungen etc., ließen sich kaum in direkten Euro-Einsparungen darstellen, würden ihre Wirksamkeit nach und nach entwickeln und zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und Loyalität sowie zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität beitragen.

Für den Süßwaren-Hersteller Mondeléz sind Transparenz und Messbarkeit unternehmerischen Nachhaltigkeits-Engagements von großer Bedeutung. Rund 600 Mio. USD (rund 460 Mio. Euro) steckt der Konzern nach eigenen Angaben bis 2022 in deine Initiativen „Cocoa Life“ und „Coffee Made Happy“. Aktuell arbeite man daran, neue Standards in der Bewertung von Maßnahmen zu setzen und die Erfolge des eigenen Nachhaltigkeitsprogramms „Cocoa Life“ durch Drittparteien messbar zu machen, erklärt Mondeléz-Sprecherin Heike Hauerken. „Gemeinsam mit einem Forschungsteam der Universität Harvard und externen Partnern wie Care International erheben wir die Fortschritte im Rahmen unserer Initiative ,Cocoa Life’ anhand von klar definierten Kennzahlen.“ Noch in diesem Jahr sollen erste Ergebnisse vorliegen und künftig jährlich Daten erhoben werden.

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Jan Niewodniczanski, Bitburger Braugruppe
Bild öffnen „Der ökologische Nutzen lässt sich z. B. anhand von Energie- und CO2-Einsparungen ablesen, die soziale Dimension lässt sich schwieriger messen.“
Christhard Deutscher, Edeka Südwest
Bild öffnen „Verringert man z. B. den CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte, lässt sich schwer ermitteln, ob ein Kunde aufgrund dessen bewusst mehr bei Tegut einkauft.“
Reiner Rausch, Tegut