Interview mit Rüdiger Kasch „Wir klopfen uns nicht selbst auf die Schulter“

Bereits seit 115 Jahren existiert die Coop in Kiel. Der größte private Arbeitgeber Schleswig-Holsteins sieht seine Tradition und festen Wurzeln in Norddeutschland.

Freitag, 19. September 2014 - Management
Tobias Dünnebacke
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Bildquelle: Luchterhand

Die LEBENSMITTEL PRAXIS sprach mit Rüdiger Kasch, Chief Operating Officer Einkauf, Vertrieb und Marketing, über regionale Verantwortung und den vielfältigen Nutzen einer nachhaltigen Unternehmensstrategie.Die Coop eG ist Deutschlands größte Konsumgenossenschaft im Lebensmittel-Einzelhandel und betreibt mehr als 200 Märkte. Unter dem Namen Plaza sind die Bau- & Gartencenter angesiedelt. Unter dem Sky-Logo firmieren Sky-city, Sky-Verbrauchermärkte, Sky-center sowie Sky-XXL-Märkte. Insgesamt hat die Genossenschaft rund 53.000 Mitglieder. Rüdiger Kasch (51) ist seit Mai 2014 zum Vorstandsmitglied bestellt und für Einkauf, Vertrieb und Marketing verantwortlich. Kasch war zuvor als CEO für Lidl, Italien, und anschließend in der Funktion des COO für das italienische Handelsunternehmen Esselunga SPA tätig. Der gebürtige Norddeutsche hat erste berufliche Schritte bei Aldi Nord absolviert.

Die Bezeichnung „regional“ wird heutzutage sehr weit gefasst. Die Coop führt unter der Eigenmarke „Unser Norden“ beispielsweise auch Kaffee, der nicht in Norddeutschland angebaut wird. Wie definiert die Coop Regionalität?
Rüdiger Kasch: Die Heimat der Coop ist Norddeutschland. Zu unserem Ausbreitungsgebiet gehören die Bundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen. Wir sind in diesen Regionen verankert, was sich beispielsweise über unsere Eigenmarke „Unser Norden“ zeigt, die es mittlerweile schon seit zehn Jahren gibt. Die Definition war bisher, dass die Produktion, Weiterverarbeitung oder Veredelung in unserem Einzugsgebiet stattfinden muss. Darüber hinaus stehen für uns die Förderung der regionalen Produzenten, die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie die Stärkung der regionalen Wirtschaft im Vordergrund. Diese Philosophie wird von unseren Kunden anerkannt.

Ist etwas Neues geplant?
Wir sind gerade dabei, unsere Regionalmarken zu schärfen. In Zukunft sollen zusätzlich zur Verarbeitung auch alle wertbestimmenden Bestandteile aus der Region kommen. So werden einige Produkte aus dem „Unser Norden“-Sortiment rausfallen, viele aber neu hinzukommen. Wir werden außerdem in Kürze mit einer neuen Eigenmarke „coop“ starten, in die wir zum einen einige der „Unser Norden“-Produkte überführen werden. Zum anderen werden wir viele neue, qualitativ hochwertige Produkte anbieten. Daneben führen wir noch unser Markenfleischprogramm „Landklasse“. Mehr als 60 streng kontrollierte Höfe liefern hier Schweine-, Rind- und Lammfleisch. Die regionale Verankerung bietet auch hier viele Vorteile. Beispielsweise ist die Rückverfolgbarkeit in den Betrieben ausnahmslos gegeben.

Einer Ihrer Wettbewerber musste sich vor Kurzem dem Vorwurf stellen, dass eine als regional beworbene Marke Rohstoffe aus Südamerika enthält. Rücken solche Skandale die Bemühungen des Handels in ein falsches Licht?
Das war für die Verbraucher natürlich eine harte Nuss. Wir haben allerdings keine negativen Reaktionen von unseren Kunden bekommen. Über Audits stellen wir sicher, dass die Herkunft unseres Fleisches rückverfolgbar ist.

Wenn man wie Sie Rohstoffe aus der Region bezieht und nicht auf den internationalen Märkten einkauft, werden die Produkte aber in der Regel teurer. Ist der Kunde bereit, mehr Geld auszugeben?
Die höheren Rohstoffkosten sind in den Preis mit einkalkuliert. Allerdings wollten wir uns mit „Unser Norden“ nie im Preiseinstiegsbereich bewegen. Mit einer solchen Marke kann man nicht über den Preis, nur über die Qualität punkten.

Abgesehen von den Produkten, die Sie produzieren und verkaufen: Warum ist die Coop ein regionales Unternehmen?
Wir möchten die Nahversorgung in unserem Vertriebsgebiet sichern. Das geschieht über unsere Vertriebslinie Sky. Darüber hinaus gibt es in kleinen Gemeinden bzw. im ländlichen Bereich die selbstständig geführten Topkauf-Märkte und Markttreffs mit kleineren Verkaufsflächen. Der kleinste Topkauf hat eine Verkaufsfläche von 150 qm. Auch bei den Zulieferern passen wir uns den lokalen Gegebenheiten an: Wir arbeiten etwa mit lokalen Lieferanten zusammen, die in der Region bekannt sind und eine begrenzte Anzahl von Märkten beliefern. Wir verstehen uns als „Frische-Nahversorger“, gerade bei Obst und Gemüse sowie Fleisch. Das ist für uns als Genossenschaft eine Selbstverständlichkeit.

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Bild öffnen „Energie wird in Zukunft noch teurer werden, und wir müssen auf nachhaltige Konzepte setzen.“ Rüdiger Kasch
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