Warenverkaufskunde Kuhmilch

Dass Kuhmilch nicht gleich Kuhmilch ist, zeigt das vielfältige Angebot in den Märkten. Doch worin unterscheiden sich die verschiedenen Sorten? Und wie gesund ist Kuhmilch tatsächlich? Informationen und Argumente für das Verkaufsgespräch.

Donnerstag, 30. November 2017 - Warenkunden
Hedda Thielking
Artikelbild Kuhmilch
Milch und Milchprodukte gehören zu einer ausgewogenen Ernährung für Kinder und Erwachsene.
Bildquelle: Getty Images, BVL, Peter Rees
Vielfältiger Klassiker

Das Kuhmilchsortiment hat sich im Laufe der Jahre enorm entwickelt: Zur traditionellen Frischmilch haben sich beispielsweise Bio-, Heu- und Weidemilch sowie Milch „Ohne Gentechnik” und laktosefreie Varianten dazugesellt. Ein Überblick.

Kuhmilch gehört zum klassischen Pflichtsortiment in jedem Markt. Immerhin kauft rund ein Drittel der Kunden hierzulande mindestens einmal pro Woche dieses Grundnahrungsmittel ein. Dabei haben die Verbraucher die Qual der Wahl – müssen sie sich zwischen zahlreichen Kuhmilchsorten von Marken-, Handels- und Premiumhandelsmarken entscheiden.

Auch wenn sich viele Milchsorten geschmacklich ähneln, gibt es sehr wohl Unterschiede. Diese liegen vor allem in der Milchproduktion und -bearbeitung.

Produzieren und bearbeiten
Im Jahr 2016 erzeugten mehr als 69.000 Milchviehhalter in Deutschland 32,7 Mio. t Milch. Unter Berücksichtigung des Eigenverbrauchs der Milcherzeuger und des Milchimports, verarbeiten die Molkereien in Deutschland insgesamt 33,8 Mio. t Milch, die zu Produkten der weißen und gelben Linie verarbeitet wird. Trinkmilch macht einen Anteil von 15 Prozent aus. Das entspricht ungefähr 5 Mio. t Milch im Jahr.

Gewinnung und Bearbeitung
In den Milchviehbetrieben werden die Kühe mindestens zweimal täglich gemolken. Die frische Rohmilch (s. Text rechts auf der Seite) wird automatisch über Rohrleitungen in den Kühltank des Betriebes geleitet und dort bei 4 bis 8 Grad C gelagert. Alle ein bis zwei Tage holt die Molkerei die Rohmilch ab. Bevor sie in einen Milchsammelwagen gepumpt wird, werden Geruch, Farbe und Temperatur der Rohmilch überprüft. Milchproben werden in einem unabhängigen Labor oder in der Molkerei untersucht. In der Molkerei finden mikrobiologische und chemisch-physikalische Kontrollen statt. Anschließend wird die Rohmilch in einer Zentrifuge gefiltert und vollständig in Magermilch und Rahm getrennt. Nach dieser Trennung können im Prinzip die verschiedensten Milcherzeugnisse hergestellt werden. So kann auch für Konsummilch je nach Mischungsverhältnis von Magermilch und Rahm der gewünschte Fettgehalt von 0,3 bis 3,8 Prozent eingestellt werden (s. Text rechts auf der Seite).

Wärmebehandeln
Weiter geht es mit dem Wärmebehandeln der Konsummilch, um sie haltbar zu machen. Man unterscheidet das Pasteurisieren (Kurzzeit- und Hocherhitzung) sowie das Ultrahocherhitzen. Je nach Verfahren erhält man wiederum verschiedene Milchsorten:

Pasteurisieren
Kurzzeiterhitzung : Die Milch wird für 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad C erhitzt und danach sofort wieder abgekühlt. Bei dieser Milch handelt es sich um klassische Frischmilch. Sie ist traditionell hergestellt. Gekühlt ist sie 7 bis 10 Tage haltbar. Der Nährstoffverlust dieser kurzzeiterhitzten Milch ist im Vergleich zu Rohmilch nur gering.

Hocherhitzung: Die Milch wird für 1 bis 4 Sekunden bei 85 bis 127 Grad C erhitzt und danach ebenfalls sofort abgekühlt. Mithilfe dieses Verfahrens entsteht die ESL-Milch (extended shelf life = längere Haltbarkeit im Kühlregal). Sie ist mit dem Zusatz „länger haltbar“ gekennzeichnet. Gekühlt und ungeöffnet gelagert, ist diese Milch ca. drei Wochen haltbar. In Bezug auf Inhaltsstoffe und Geschmack ähnelt die ESL-Milch der traditionell hergestellten Frischmilch.

Ultrahocherhitzen
Beim Ultrahocherhitzen (UHT) wird die Kuhmilch für einige Sekunden auf mindestens 135 Grad C erhitzt, wodurch alle vermehrungsfähigen Keime abgetötet werden. Dadurch ist die Milch praktisch keimfrei und noch länger haltbar. Nach diesem Verfahren wird H-Milch hergestellt (H=haltbar). Sie ist verschlossenen und bei Zimmertemperatur mindestens acht Wochen und bis zu drei Monate oder länger haltbar.

Durch das Ultrahocherhitzen ist der Gehalt der sehr hitzeempfindlichen Vitamine B12 und Folsäure etwas geringer als in der ESL-Milch. Zudem kann H-Milch aufgrund der veränderten Eiweißstruktur einen leichten Kochgeschmack aufweisen.

Homogenisieren
Nun folgt das Homogenisieren. Hier werden die Fetttröpfchen in der Milch unter hohem Druck (150 bis 300 bar) zerkleinert und dadurch gleichmäßig in der Milch verteilt. Das Homogenisieren verhindert, dass sich auf der Milch eine Rahmschicht bildet. Außerdem ist homogenisierte Milch besser verdaulich. Zum Schluss wird die Milch abgefüllt und in Kühltransportern an den LEH, Großverbraucher und die Industrie geliefert.

Weitere Milchsorten
Abgesehen von den Pasteurisierungsverfahren und Fettgehaltsstufen unterscheiden sich manche Milchsorten zusätzlich in der Tierhaltung und/oder Fütterung sowie in der weiteren Bearbeitung. Dazu zählen z. B. Bio-, Heu-, Weide-, Alpenmilch, laktosefreie Milch sowie Milch ohne Gentechnik.


Biomilch
Biomilch muss den Anforderungen der EG-Öko-Verordnung erfüllen. Sie regelt zum Beispiel die Haltung der Milchkühe und die Art der Fütterung. An Öko-Milchkühe dürfen beispielsweise nur ökologische/biologische Futtermittel verfüttert werden, vorausgesetzt, sie sind erhältlich. Zudem ist in der ökologischen Produktion Futter aus gentechnisch veränderten Pflanzen grundsätzlich verboten.

Qualitativ unterscheiden sich konventionelle und Biomilch nicht. Aufgrund der Fütterung hat Biomilch jedoch häufig einen etwas höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren.

Biomilch wird ebenfalls pasteurisiert, meistens auch homogenisiert und als traditionell hergestellte Milch, ESL oder H-Milch in verschiedenen Fettgehaltsstufen angeboten.

Heumilch
Der Begriff Heumilch ist hierzulande lebensmittelrechtlich nicht geregelt. Die EU hat hierzu auf Antrag Österreichs Regeln erlassen. Demnach stammt Heumilch von Kühen, die mit Heu, frischem Grünlandfutter und Getreide gefüttert werden. Silage und gentechnisch verändertes Futter sind nicht erlaubt.

Weidemilch
Auch der Begriff Weidemilch ist gesetzlich nicht geregelt. Die Tiere sollen zum Beispiel an mindestens 120 Tagen je sechs Stunden auf der Weide stehen (wenn es das Wetter zulässt). Diese Kriterien müssen auch auf der Packung angegeben sein. Das norddeutsche Label „Pro Weideland“ fordert verbindliche Kriterien für seine Milchviehbetriebe. Dazu zählt neben dem genannten Weideauslauf auch gentechnikfreies Futter.

Nach dem Öffnen kühl lagern

Traditionell hergestellte Frischmilch, ESLMilch und auch H-Milch sollten nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahrt werden und innerhalb von ca. drei Tagen verbrauchen. Übrigens: H-Milch verdirbt, ohne zu säuern. Man schmeckt nicht, wenn sie verdorben ist.

Alpenmilch, Landmilch
Für diese Begriffe gibt es keine gesetzliche Definition. Unter Alpenmilch verstehen Molkereien zum Beispiel Milch, die in den Alpen und dem Alpenvorland produziert wurde. Über die Haltung und Fütterung der Tiere sagt diese Bezeichnung nichts aus.

„Ohne Gentechnik“
Bei Milch mit dem Logo „Ohne Gentechnik“ muss drei Monate vor der Milchanlieferung auf genverändertes Futter verzichtet werden. Im Futter werden noch 0,9 Prozent genveränderte Bestandteile als zufällige oder technisch nicht vermeidbare Beimischungen toleriert

Laktosefreie Milch
Milch enthält Laktose (Milchzucker). Bei einer Laktoseintoleranz handelt es sich um eine Milchzucker-Unverträglichkeit. Ursache hierfür ist, dass dem Körper das Enzym Laktase fehlt oder zu wenig Laktase vorhanden ist, das den Milchzucker in seine Bausteine aufspaltet. Der Milchzucker gelangt unverdaut in den Dickdarm. Das führt zu Völlegefühl, Bauchkrämpfen, Blähungen und Durchfall.

In der laktosefreien Milch ist der Milchzucker bereits gespalten und somit für die Betroffenen besser verträglich. Sie schmeckt aufgrund der speziellen Bearbeitung süßer als herkömmliche Milch. Menschen mit einer Laktoseintoleranz müssen nicht zwingend komplett auf Milch und Milchprodukte verzichten. Häufig vertragen sie gewisse Mengen an Laktose.

Ob konventionelle oder Bio-Milch, ob Markenprodukt oder Handelsmarke – alle Sorten durchlaufen die strengen Kontrollen von der Milchproduktion bis zur Auslieferung.


Klartext für Milch

Wie gesund ist Kuhmilch tatsächlich? In manchen Medien wird Milch an den Pranger gestellt. Was ist dran an diesen Behauptungen? Fakten für die Kunden.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht hat Milch eine Menge zu bieten: Sie enthält hochwertiges Eiweiß, leicht verdauliches Fett und gut verwertbare Kohlenhydrate in Form von Laktose (Milchzucker). Des Weiteren liefert Milch viel Calcium, das ist ein wichtiger Mineralstoff für den Knochenaufbau. Erwachsene können ihren Tagesbedarf an Calcium beispielsweise schon mit einem viertel Liter Milch und zwei Scheiben (ca. 60 Gramm) Schnittkäse wie Gouda und Emmentaler decken. Hinzu kommt: In Milch stecken nennenswerte Mengen an B-Vitaminen, Vitamin A, Vitamin D sowie an den Mineralstoffen Jod, Zink und Fluorid.

Kuhmilchallergie

Bei einer Kuhmilchallergie reagieren die Betroffenen auf das Milcheiweiß in der Kuhmilch allergisch. Für sie bietet der Handel pflanzliche Ersatzgetränke z. B. aus Soja oder Mandeln. Laktosefreie Milch ist für diese Betroffenen keine Alternative

Mythen widerlegt
Seit einiger Zeit hört und liest man immer wieder, Milch sei ein „Dickmacher“, sie erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für Diabetes, Osteoporose und Krebs. Das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) hat mit Unterstützung des Max Rubner-Instituts (MRI) solche Behauptungen auf der Basis zahlreicher Studien auf den Prüfstand gestellt und wissenschaftlich bewertet. Demnach können kritische Äußerungen über die Milch nicht bestätigt werden.

So gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem Milchverzehr und der Körperfettmasse bei Erwachsenen und Kindern. Interessant ist außerdem, dass schon eine übliche Verzehrmenge von knapp 200 g Milch und Milchprodukte am Tag das Risiko für Herzkreislauferkrankungen und Diabetes sogar reduziert anstatt erhöht. Auch das Schlaganfallrisiko wird deutlich verringert. Eine ähnliche tägliche Verzehrmenge vermindert außerdem das Risiko für Dickdarmkrebs. Die Behauptung, Milch erhöhe das Brustkrebsrisiko, hat sich ebenfalls nicht bestätigt. Lediglich für Prostatakrebs geht ein sehr hoher Milchverzehr (mehr als 1,2 l pro Tag) mit einem erhöhten Risiko einher.

Fazit: Milch ist ein unerlässlicher Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung und wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und anderen wissenschaftlichen Institutionen empfohlen.

Woher kommt die Milch?

Auf der Milchverpackung muss - wie auf allen anderen verpackten tierischen Lebensmitteln – das Europäische Identitätskennzeichen stehen. Es dient der Lebensmittelüberwachung. In dem ovalen Zeichen steht der Betrieb, der das Produkt zuletzt bearbeitet oder verpackt hat., zum Beispiel: DE BY 103 EG.

Der dreiteilige Code besteht aus der Abkürzung für das Verarbeitungs- bzw. Verpackungsland, z. B. DE für Deutschlan die Zulassungsnummer des Betriebes, der die Milch zuletzt bearbeitet oder verpackt hat. Sie besteht aus der Abkürzung des Bundeslandes, in dem sich der Betrieb befindet (hier BY für Bayern), und einer drei- oder fünfstelligen Zahlenfolge, d. h. der Betriebsnummer (z. B. 103 für Molkerei Weihenstephan) die Abkürzung für die Europäische Union, bei deutschen Produkten EG.

Wissen checken

Wer aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen beantworten.

 {tab=Fragen}

  1. Warum wird Milch homogenisiert?
  2. Wie sollte eine geöffnete H-Milch gelagert werden und wie lange ist sie haltbar?
  3. Was steckt hinter dem Europäischen Identitätskennzeichen?

 {tab=Antworten}

  1. Damit sich auf der Milch keine Rahmschicht bildet.
  2. Geöffnete H-Milch sollte im Kühlschrank gelagert und innerhalb von ca. drei Tagen verbraucht werden.
  3. Anhand dieses Zeichens ist nachvollziehbar, wo und in welcher Molkerei die Kuhmilch zuletzt bearbeitet oder verpackt wurde.

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken dem Milchindustrie-Verband
e.V. (MIV) für den fachlichen Rat und das zur Verfügung gestellte Material.

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Bild öffnen Milch und Milchprodukte gehören zu einer ausgewogenen Ernährung für Kinder und Erwachsene.
Bild öffnen Ob konventionelle oder Bio Milch, ob Markenprodukt oder Handelsmarke – alle Sorten durchlaufen die strengen Kontrollen von der Milchproduktion bis zur Auslieferung.

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