Warenverkaufskunde Matjes

Matjes ist eine traditionelle Delikatesse mit einem saisonalen Verkaufshöhepunkt. Ein Produkt mit Hintergrund, das sich gut verkaufen verlässt.

Freitag, 11. April 2014 - Warenkunden
Dieter Druck
Artikelbild Matjes
Bildquelle: Gotte Struiksma/Jan Erkelenz

Ende Mai/Anfang Juni geht es in Holland darum, das erste Fass des Jahres mit Matjes in Scheveningen anzulanden. Die erste Tonne mit den „Hollandse Nieuwe“ geht traditionsgemäß an die Königin. Gleichzeitig ist das der Start für die Matjessaison, die bis Anfang Juli geht. In Deutschland startet in dieser Zeit die Tour de Matjes, bei der ebenfalls mit vielen Events, teilweise Stadtfesten, und PoS-Aktivitäten der Matjes zelebriert wird. Unabhängig davon, ist der Saisonstart ein umsatzträchtiges VkF-Thema, das heute an vielen Fischtheken umgesetzt wird. Dabei ist der Matjes ein Ganzjahresprodukt. Denn um sicher zu gehen, dass im Fleisch keine lebenden Nematoden (kleine Fadenwürmer, die bei Verzehr auf den Menschen übertragen werden können) auftauchen, regelte die niederländische Regierung in den 70er-Jahren per Gesetz, dass Matjeshering einmal in der Verarbeitung bis auf minus 45 Grad tiefgefroren werden muss. Dadurch werden die Nematoden abgetötet und Matjes durch die TK-Lagerung das ganze Jahr über verfügbar.

Aber trotzdem ist Saison: Im Frühjahr erwärmt sich das Meer, das Plankton (Kleinstlebewesen, die Nahrung des Herings) vermehrt sich rasend schnell, und die über den Winter abgemagerten Heringe finden ein überreiches Nahrungsangebot, nehmen schnell an Gewicht zu und ihr Fettgehalt steigt. Das Fleisch wird schmackhaft (leicht buttrig) und zart.

Der Begriff Matjes hat seinen Ursprung in der friesischen Fischerfangtradition und bedeutet soviel wie „junges Mädchen“. Auch heute noch wird Matjes als jungfräulicher Hering bezeichnet, was nicht ganz korrekt ist. Der Hering kann durchaus schon ein oder mehrmals gelaicht haben, entscheidend ist der Ernährungszustand: Die Fische haben noch keinen Ansatz von Rogen (Eier der Weibchen) oder Milch (Sperma der Männchen), aber schon einen für die anstehende Fortpflanzungsphase passenden hohen Fettgehalt (12 bis 25 Prozent). Matjes zählt somit zu den Fettfischen, ist reich an wertvollen Omega-3-Fettsäuren und einfach-ungesättigten Fettsäuren. Das erklärt auch die relativ kurze Fangzeit von Ende Mai bis Ende Juli. Das Hauptfanggebiet ist die zentrale Nordsee. Aber auch andere Gebiete werden befischt, z. B. die schottische Nordküste.

Nach dem Fang werden die Heringe direkt an Bord verarbeitet. Erster Schritt ist der sogenannte Kehlschnitt unterhalb des Mauls und zwischen den Kiemenbögen. Über diese Öffnung werden die Eingeweide entnommen. Danach wird mild gesalzen und der ganze Fisch in Fässern eingelagert. Rund eine Woche dauert das Ganze. Dabei bildet sich eine Salzlake, die zum Geschmack beiträgt. Früher wurde weitaus stärker gesalzen, um so den Fisch länger haltbar zu machen. Zum Verzehr musste er gewässert werden, um das Salz zu reduzieren.

Nach dem Kehlschnitt bleibt allein die Bauchspeicheldrüse im Fisch zurück. Sie enthält eiweißspaltende (proteolytische) Enzyme, die maßgeblich für Reifung und Aromabildung verantwortlich sind. Man spricht auch von biologischer bzw. natürlicher Reifung.


Trägt das Produkt den Hinweis „nordische Art“, handelt es sich um Filets, die mit Salz, Zucker, Säuerungsmitteln und unter Zugabe meist pflanzlicher Enzyme, den sogenannten Reifemitteln, hergestellt werden. Sie besitzen in der Regel eine etwas festere Konsistenz und sind normalerweise etwas niedriger im Preis. Der Fettgehalt liegt bei mindestens 12 Prozent, der Salzgehalt zwischen 3 und 8 Prozent je nach Hersteller. Die Produkte werden in Öl gelagert.

Bei „Heringsfilets nach Matjesart“ , treffender wäre die Bezeichnung „Heringsfilets, mild gesalzen“, wird meist Rohware mit geringerem Fettgehalt verarbeitet, die nicht zur Matjesproduktion geeignet ist. Außerdem kommen im Gegensatz zur „nordischen Art“ bei der Reifung keine Enzyme und Zucker zum Einsatz, sondern mit Säuren und Salz wird eine „Schnellreifung“ durchgeführt. Sie liegen geschmacklich zwischen Bismark- und Salzhering, sind also eher salzig-sauer und haben mit dem milden, cremigen Matjesgeschmack wenig gemein.

Und da dieser sehr mild ist, sollte man Matjes in der Theke nicht mit Zwiebelringen zusammenbringen. Ebenso tabu ist die Platzierung neben Räucherfisch, weil das Raucharoma schnell übertragen würde. Da Matjes ein empfindliches Produkt ist, sollte die Hygiene im Arbeitsbereich groß geschrieben werden. Schneidbretter, Messer, Schalen etc., die mit Matjes in Kontakt gekommen sind, sollten immer wieder gespült werden. Ein besonderer Service ist das Filetieren und Säubern vor den Augen der Kunden, so wie es z. B. in Holland beim Straßenverkauf an den Matjeskarren zu sehen ist. Das bringt einen zusätzlichen Verkaufseffekt. Deshalb sollten auch Verkaufsmaterialien eingesetzt werden, um die Aufmerksamkeit auf das Produkt zu lenken. Ebenso bietet sich ein Sonderverkauf (Matjes und Matjesbrötchen oder -baguette, Matjessalat) im oder vor dem Markt an. Und wer den größeren Rahmen liebt, der kann auch draußen ein Matjesfest aufziehen mit Matjeskarren, Bierausschank, Biergartengarnituren und allem Drum und Dran.

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis.
Wir danken für Fotomaterial und Infos dem Holländischen Fischbüro (Foto: Gotte Struiksma, Jan Erkelenz), Deutsche See und Transgourmet.

  • Matjes nicht wässern
  • nicht wieder einfrieren
  • essen Sie Matjes möglichst schnell nach dem Verkauf, spätestens am Tag danach
  • möglichst dunkel und kalt lagern (Kühlschrank)
  • Matjes nicht erwärmen oder garen
  • Matjes und rohe Zwiebeln passen gut zusammen, aber nicht zusammen lagern. Dies würde den feinen Geschmack stören. Zwiebeln getrennt reichen
  • beste Verzehrtemperatur: zwischen 5 bis 10° Celsius
  • Matjes ist eine gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren. Diesen besonderen Fettbausteinen wird insbesondere ein positiver Einfluss auf die
  • Blutfette zugeschrieben
  • nicht direkt auf echten Silbertabletts präsentieren
  • nicht mit Räucherfisch zusammenbringen, da dessen Geruch schnell auf den Matjes übergeht (gilt auch für die Theke)
  • für eine Portion rechnet man zwischen einem und drei (etwa 70 und 140 g) schweren Doppelfilets.
Wissenscheck

Wer diese Warenverkaufskunde aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen leicht beantworten.

{tab=Fragen}

1. Was bedeutet im Herstellungsprozess des Matjes das „Kehlen?

2. Wann ist die Saison?

3. Was bewirkt den „Reifungsprozess“?

{tab=Antworten}

1. Kehlen steht für einen Schnitt unterhalb des Mauls zwischen den Kiemenbögen, über den die Fische bis auf die Bauchspeicheldrüse ausgenommen werden.

2. In der Regel von Ende Mai bis Anfang Juli

3. Die beim Kehlen im Fisch verbliebene Bauchspeicheldrüse und die darin wirksamen, sogenannten proteolytischen Enzyme.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen
Bild öffnen
Bild öffnen Der Hering, der auch das Silber des Meeres genannt wird, ist Basis der Matjesproduktion
Bild öffnen In der Lake reift der Fisch für einige Tage. Salz und die Enzyme der im Fisch verbliebenen Bauchspeicheldrüse sorgen für Aroma und Geschmack
Bild öffnen Nach der Reifung wird die Ware per Hand gesäubert und filetiert.
Bild öffnen
Bild öffnen Qualitätskontrolle mit allen Sinnen.
Bild öffnen Kopf in den Nacken: die klassische Form des Verzehrs. Ob mit oder ohne Zwiebeln, das bleibt jedem selbst überlassen.
Bild öffnen

Weil Branchenbeste mehr erreichen!