Fripa „Arbeiten an der Zukunft der Hygienepapiere“

Toilettenpapier rückte durch die Pandemie ins Rampenlicht. Rund 80 Prozent des Marktes beherrschen die Handelsmarken. Eigenmarkenhersteller Fripa wagt nun den Schritt ins Markengeschäft.

Freitag, 17. Februar 2023, 07:07 Uhr
Matthias Mahr
Artikelbild „Arbeiten an der Zukunft  der Hygienepapiere“
Bildquelle: Adobe Stock

Toiletten- oder Klopapier? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Andreas Jörn, Geschäftsführer Marke und neue Geschäftsfelder bei der Fripa Papierfabrik Albert Friedrich, kann bei dieser Fragestellung einen interessanten Hinweis geben. „Der Verbraucher sucht im Netz ganz umgangssprachlich nach Klopapier“, weiß er. Seit August 2021 ist der ehemalige Migros-Manager beim Eigenmarkenhersteller tätig. Das Rampenlicht mögen sie in Miltenberg eigentlich nicht. Wo der Main sich sanft zwischen Spessart und Odenwald in die unterfränkische Ebene schlängelt, ist das 1911 in Berlin gegründete Unternehmen der Papierverarbeitung seit 1948 ansässig. Im Markt der Hygienepapiere ist Fripa ein bekannter Mitspieler, wenn es um Eigenmarken des Handels geht. Das Unternehmen behauptet sich im Umfeld der großen Player durch langjährige Erfahrung, Entwicklungsarbeit und tiefe Kenntnis der Anforderungen und Zielgruppen in diesem Segment.

Doch auch Alltagsprodukte unterliegen dem Zeitgeist. Mit „Oecolife“ betritt Fripa erstmals die Markenbühne. Der Brand des bis dato reinen Eigenmarkenherstellers steht nach Aussagen von Geschäftsführer Jörn für nachhaltiges Denken, Wirtschaftlichkeit und Lifestyle. Zudem: Mit dem Eintritt ins Markengeschäft verlassen die Unterfranken erstmals ihr angestammtes Terrain im Hygienepapierbereich. Auch neue Reinigungs- und Kosmetiksortimente begleiten diesen Markteintritt und erfahren eine stetige Erweiterung, verspricht Jörn.

3.651

Toilettenpapier verbrauchen Deutsche in ihrem Leben

92 %

der Konsumenten wünschen sich nach Angaben einer GfK-Studie, dass ihr Toilettenpapier besonders sanft ist.

Fehlende Planungssicherheit
Doch blicken wir zunächst zurück: Toilettenpapier ist seit drei Jahren ein Mysterium für den Verbraucher. Im Zeitalter der Krisenpermanenz mit Pandemie, Krieg in der Ukraine und Inflation bewegten sich die wirtschaftlichen Szenarien rund um dieses Verbrauchsprodukt von leer gefegten Regalen bis hin zu exorbitant steigenden Kosten für die energieaufwendige Produktion der Toilettenpapiere oder Hygienetücher bei den Herstellern. Als die Verbraucher zu Beginn der Pandemie das Toilettenpapier zu Hause horteten und damit einen bis dato nicht gekannten Nachfragehype auslösten, liefen die Papierfabriken heiß. Die Produktion wurde bei Fripa hochgefahren, um mit Sonderschichten die deutlich gestiegenen Abverkaufsmengen der Handelspartner bedienen zu können. Doch wer sich bei den Hamstern auskennt, weiß: Irgendwann räumen die kleinen Nager ihr Lager wieder.

Dieses Phänomen bekam auch die Hygienepapierbranche zu spüren. Denn nach dem Hype kam die Flaute. Die Verbraucher bauten ihre Lagerbestände ab und kauften nicht mehr nach. Nach den Sonderschichten folgte die Kurzarbeit.

Als sei das noch nicht genug, folgte mit dem Krieg in Osteuropa ein zusätzlicher Einschnitt: Die mehrfache Kostensteigerung für Energie belastete die gesamte Papierbranche enorm, auch die Hersteller von Hygienepapieren liefen mit ihren Preisen der Kostenentwicklung hinterher. Zudem verteuerten sich auch Rohstoffe wie Zellulose markant und die Logistik ging in die Knie. Die ukrainischen Lkw-Fahrer wurden jetzt nämlich in der Heimat benötigt und fehlten dem deutschen Transportwesen. Die angespannten Lieferketten kamen hinzu und machten sich in der Produktion bemerkbar, weil hier und da wichtige Bauteile fehlten. Torsten Bahl, als Geschäftsführer Vertrieb/Marketing/Absatzlogistik für die Eigenmarken bei Fripa verantwortlich, bringt die Situation im LP-Gespräch auf den Punkt: „Uns fehlte in den zurückliegenden drei sehr extremen Jahren die Planungssicherheit.“ Inzwischen gibt es erste Signale, dass die Preise für Energie sinken. Aktuell sind aber immer noch mehrfach höhere Energiekosten im Vergleich zu 2022 zu zahlen. Trotz massiven Kostendrucks habe sich Fripa in den zurückliegenden drei Jahren als Partner des Handels bewährt, immer produziert und keine Maschine aus der Produktion genommen, erklärt Bahl. Die Mainfranken sind stolz darauf, dass sie die vergangenen drei Jahre unter Stressbedingungen im Volumengeschäft der Eigenmarken-Blockbuster bestehen konnten. Jetzt folgt also der Schritt ins Markengeschäft.

Marken brauchen langen Atem
In etwa 80 Prozent des Toilettenpapiers in Deutschland werden als Handelsmarke angeboten. Um die verbleibenden 20 Prozent des Marktes kämpfen Anbieter wie Essity, Kimberly-Clark, Hakle, Metsä Tissue oder Wepa mit ihren Brands. Alle Hersteller ringen mal mehr, mal weniger mit den gestiegenen Erzeugerpreisen und die Verbraucher inflationsbedingt mit immer knapper werdenden Geldbeuteln. Toilettenpapier ist ein wahrer Schnelldreher, ein Volumenartikel, der viel Platz auf begrenzten Handelsflächen einnimmt. Die Frage muss gestellt werden: Sind das die Rahmenbedingungen für den Eintritt in das Markengeschäft - zumal der Aufbau einer Marke viel Geld sowie Zeit frisst und einen langen Atem braucht?

Das Eigenmarkengeschäft ist sehr fordernd. Wer hier besteht, kann Effizienz und lebt Innovation. „Wir haben Produkte im Markt eingeführt, die Standards gesetzt haben“, sagt Bahl. Die stehende 10er-Packung Toilettenpapier mit Facing zum Kunden und Tragegriff ist eine beispielhafte Entwicklung der Hygienepapierspezialisten vom Main. Aber nicht jede Innovation ist gleich tauglich für den Massenmarkt. „Wir beschäftigen uns mit den Hygienepapieren der Zukunft“, betonen Bahl und Jörn unisono, es gehe darum, diesen Bereich durch Forschung und Entwicklung voranzubringen. Die verfügbaren Altpapiermengen gehen seit Jahren zurück. Dieser wichtige Baustein bricht weg und muss durch Alternativen ersetzt werden. Gleichzeitig ist das Thema Nachhaltigkeit längst auch bei Klopapier, Küchenrollen oder Taschentüchern mit Macht als Zukunftsthema angekommen. Gras als Rohstoff wurde bei Fripa verworfen, Stroh und Bambus wiederum sind noch keine Zellstoffe für Blockbuster. Auch deshalb konzentriert sich Fripa bei Stroh und Bambus auf die Artikel der eigenen Marke.

Die Individualisierung auf der Käuferseite schreitet auch bei Alltagsprodukten voran. Die Oecolife-Toilettenpapiere wurden für die Zielgruppe der sogenannten Lohas entwickelt, also Personen, die einen nachhaltigen Lebensstil pflegen und besonderen Wert auf die Aspekte Gesundheit, Umwelt und Soziales legen. Dabei sind diese meist gut ausgebildet und verfügen über ein überdurchschnittliches Einkommen. Entsprechend werden die Oecolife-Produkte über Drogeriemärkte und Vollsortimenter sowie den eigenen Online-Shop vermarktet. Bei Tegut und in ausgewählten Rossmann-, Rewe- und Hit-Märkten ist die neue Fripa-Marke, so der Geschäftsführer, bereits gelistet.

Oecolife mit Materialneuheiten
Bei den Marken-Toilettenpapieren aus Miltenberg gibt es laut Jörn gleich mehrere Materialneuheiten: „Am spektakulärsten dürften die hohen Anteile von Stroh beziehungsweise Bambus sein. Bei uns liegt der Anteil bei 60 Prozent, einige Mitbewerber setzen wesentlich weniger alternative, also schnell nachwachsende Faserstoffe ein. Außerdem gibt es ungebleichten Rollen mit dem PEFC-Siegel und solche aus 100 Prozent Altpapier, die mit dem Blauen Engel ausgezeichnet sind“, hebt er hervor. Die jeweils sechs Rollen sind in einem einzigartigen, stabilen Kraftpapierbeutel verpackt, der zu 20 Prozent aus Recyclingmaterial besteht. Hier sei es das Ziel, den Recycling-Anteil weiter zu erhöhen. Der Kraftpapierbeutel lässt jedoch höhere Kosten in der Produktion entstehen, da weniger schnell verpackt werden kann als zuvor. Aber das Besondere sei eben der vollkommene Verzicht auf Plastik bei allen Produkten im Oecolife-Sortiment (siehe Kasten).

Wachsendes Sortiment

Das Toilettenpapier-Sortiment erfährt durch passende Drogerieartikel für Bad und Küche eine Erweiterung. Feste Seifen und plastikfreie Lippenpflege-Sticks sind ebenso im Angebot wie nachhaltige Reinigungstabs für Bad, Küche und Glas. Alle Produkte sind nach Angaben von Geschäftsleiter Andreas Jörn vegan und tierversuchsfrei hergestellt. Dabei setzt der Hygienepapierhersteller erstmals auch auf den Zukauf von Handelsware, um ein rundes Lifestyle-Sortiment anbieten zu können. Nachhaltig feilt das Team um Jörn an der Nachhaltigkeitsmarke. Zug um Zug sollen weitere Produkte den Markenauftritt abrunden. Wert legen die Miltenberger auf Produkte „Made in Germany“. Das Markengeschäft soll zur dritten Säule im Geschäftsmodell des Hygienepapierherstellers werden und weiter wachsen. Erste und zweite Säule bilden der Eigenmarkenstrang und das Geschäftsfeld „Away from home“. Aktuell arbeiten die Markenstrategen an Line Extensions wie einer 12er-Box Toilettenpapier, die mit Nachhaltigkeitsmotiven Strahlkraft erzeugen sollen. Aber auch weitere neue Produkte werden in den kommenden Monaten die Sortimentsrange erweitern. Öko-Putzsteine sowie -Schwammtücher sowie neuartige Waschmittelstreifen stehen bereits in den Startlöchern bereit. Die Zielsetzung am Untermain ist klar umrissen: Mit trendigen Artikeln, die zu den Hygienepapieren komplementär passen, sollen neue Zielgruppen erschlossen werden. Der eigene E-Commerce-Kanal ist für das Gelingen ein guter Gradmesser.

Unter www.oecolife.com bietet Fripa vom Premium-Set bis zum Toilettenpapier-Abo eine Produktvielfalt, die von einem „Papiermacher“ so nicht zu erwarten wäre. Nach Aussagen vor Jörn bleibt es spannend, viele Ideen seien noch in der Pipeline.

Moderne und attraktiv designte Papierverpackungen runden dieses Markenkonzept ab. Auf jeder Packung befindet sich das Logo der Plastic Bank. So verbindet das Team um Jörn ökologisches mit sozialem Engagement. Zum Hintergrund: Plastic Bank richtet Sammelstationen für Kunststoffabfälle in Ländern mit einer hohen Armutsquote und ohne funktionie-rende Abfallwirtschaft ein. Im Tausch gegen Plastikabfall können die Menschen vor Ort digitale Wertmarken einlösen, zum Beispiel für medizinische Versorgung, Lebensmittel oder Wi-Fi-Minuten für das eigene Telefon. So vermeidet die Organisation, dass Plastik in den Meeren landet, und gibt Menschen die Möglichkeit, einer entlohnten Beschäftigung nachzugehen. Das Oecolife-Sortiment wächst beständig und hält unterschiedliche Sets für jede Haushaltsgröße bereit.