Inhaltsübersicht
Kann man zwei Systeme – nämlich Einzelhandel und Gastronomie – miteinander verquicken?
Aumann: Einzelhandel und Gastronomie sind zwei unterschiedliche Geschäftsmodelle. Ich muss mich entscheiden, welche Einflugschneise ich nehme: Bin ich Händler oder Gastronom? Es wird schwierig, wenn ich als Händler zwanghaft Ware aus dem Laden in die eigene Gastronomie bringe. Da stimmen oftmals Mengen und Zuschnitte nicht. Klar ist: Mit ausschließlicher Einzelhandelslogik funktioniert Gastronomie im Handel nicht.
Goerzen: Wir nehmen Produkte, die bei uns in der Werbung sind, auch ins gastronomische Angebot. Aber auch Ware, die wir zuviel bestellt haben, oder vom Ablauf bedrohte Ware.
Möhring: Der LEH setzt natürlich auf seine Sortimente. Aber die Gastronomie braucht darüber hinaus andere Ware und andere Qualitäten.
Aumann: Das ist die Praxis. Für den normalen Handel ist Gastronomie so kaum erfolgreich zu betreiben.
Goerzen: Ich will die Menschen in meinem Laden halten. Dafür tue ich eine Menge. Kinderbetreuung, Service und eben Gastronomie. Aber die Kunden entscheiden, was sie kaufen.
Was will denn der Kunde?
Goerzen: Meine Kunden möchten auch die Currywurst mit Pommes.
Saupe: Muss ja auch sein. Aber sie kann ja auch hochwertig sein. Sie zeigen dem Kunden, dass Currywurst auch mehr sein kann als Imbissbude. Und die „ehrliche“ Bratwurst oder Soße, die guten Pommes – das kommt an.
Hauschild: Wir hatten Frontcooking ohne Fritteuse geplant. Wir waren der Meinung, wir benötigen an der Stelle keine Pommes frites. Heute bereiten wir dort hochwertige Burger zu und benötigen als Beilage etwa Süßkartoffel-Pommes-frites, da fehlt die Fritteuse.
Saupe: Die Kunden haben heute ein ganz anderes Ernährungsbewusstsein. Das stellt die Gastronomie vor neue Herausforderungen. Ältere essen anders als Junge, Ostdeutsche anders als Westdeutsche, Männer anders als Frauen.
Rummler: Das muss intelligent kombiniert werden. Starre 3-Gänge-Menüs sind out, die Komponenten müssen vielseitig kombinierbar sein.
Wenn der Kunde doch Currywurst will, sollte der Händler ihm zeigen, wie geil Currywurst schmecken kann. Allerdings muss man die Leute dafür haben, die das können.
Goerzen: Was ich als erstes lernen musste: Köche sind besondere Menschen. Aber sie können nicht kommunizieren. Das ist im Lebensmittelhandel dann schwierig.
Hauschild: Köche sind Künstler. Frontcooking und direkter Kundenkontakt fallen vielen Köchen schwer.
Rummler: Da muss man die Herkunft sehen. Köche haben oft eine klassische Ausbildung, das ist Fachwissen wie in Stein gemeißelt. Aber heute bestimmen die Kunden, was sie wollen – gerade im Handel. Die Vorlieben des Gastes akzeptiert nicht jeder Koch. Aber es geht. Der größte Fehler: Wenn der Handel Gastronomie betreibt mit dem Ziel, abgelaufene Ware zu entsorgen.
Möhring: Der Einzelhändler muss einen Koch bei der Einstellung einschätzen, und das klappt oft nicht, weil dann die „Schauspieler“ zum Zuge kommen. Die haben schon alles gemacht und gekocht, aber noch nie von zeitentkoppelter Produktion gehört.
Thomas Kreuzer: Gute Leute muss der Händler doch aus der Gastronomie ziehen können. Sonntags frei – das ist doch ein tolles Argument. Kein Kaufmann kann einfach sagen, ich mach mal Gastro, und dann läuft das schon. Das geht nicht. Frage ist also, wie? Es braucht ein vernünftiges Konzept, also Antworten auf die Fragen Wie? Wo? Mit welchen Mitarbeitern? Will ich Sternegastronomie oder Currywurst? Da muss man früh einen Partner suchen, mit dem man ein Konzept entwickeln kann.