Gastro Roundtable Gute Gastgeber gesucht

Kaum ein neuer Supermarkt kommt heute ohne ein gastronomisches Angebot aus. Dabei bringt die Gastronomie im Handel selten Gewinn, dafür Kundenfrequenz und Verweildauer. Wenn man es richtig macht. Experten diskutieren.

Donnerstag, 14. Dezember 2017 - Management
Reiner Mihr
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Bildquelle: Carsten Hoppen

Gastronomie im Supermarkt - lange ein Stiefkind und eher in den Niederlanden oder der Schweiz populär, hat sich mittlerweile auch hierzulande etabliert. Noch wird viel probiert und viel falsch gemacht. Wie es besser gehen könnte, diskutierten auf Einladung der LP Experten aus verschiedenen Segmenten der Branche.

Kaum ein neuer Lebensmittelmarkt, der heute ohne gastronomisches Angebot daher kommt. Muss das sein?
Michael Möhring: Auf dem Land ist die Gastronomie weitgehend ausgestorben. Die klassische Speisegastronomie gibt es kaum noch. Hier kann der Handel einspringen und ein Ort der Begegnung sein. Einzelhandel und Gastronomie – das ist eine Dienstleistung der neuen Form.

Hans-Georg Rummler: Der Klassiker ist doch, dass neben dem Geschäft eine Schule ist. Es kommen dann die Schüler zur Mittagszeit und wollen etwas essen. Das kann mehr sein als Pommes, Pizza oder Nudeln. Viele scheitern aber daran, dies qualitativ auszubauen.

Johannes Aumann: Gastronomie gehört nicht automatisch zum Lebensmittelhandel. Aber „Gastgeber sein“ wollen beide. Ein Betreiber muss also vom Kunden her denken und entsprechende Angebote schaffen.

Ist Gastronomie das geeignete Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb?
Möhring: Ja. Aber man muss schon fragen: Welche Konzepte passen zu meiner Philosophie und meinen Kunden?

Wie war das bei Porta?
Ralf Hauschild: Porta wurde 1965 gegründet. In den ersten Häusern wurde die Gastronomie zunächst selbst betrieben. Man ist dann sehr schnell auf Probleme in Sachen Rentabilität und Qualität gestoßen. Deshalb hat man das Geschäft an einen Systemgastronomen abgegeben. Nachdem mehr als zehn Restaurants entstanden waren, hat man das Geschäft in eine eigene Gesellschaft überführt, um mehr Einfluss auf die Gastronomie nehmen zu können. System ist eine gute Sache, solange man nicht versucht, den Gast zu systematisieren. Heute steuern wir immer noch zentral, haben aber mehr Freiräume für die einzelnen Restaurants vor Ort. Wir sind damals absolut preisaggressiv vorgegangen, weil wir die Leute in den Laden ziehen wollten. Aber auf Dauer sind die Ansprüche unserer Gäste immer weiter gestiegen, deshalb haben wir heute einen wesentlich höheren Anteil an Eigenproduktion und Front-cooking. In einigen Restaurants testen wir auch Semi-Service.

Rummler: Ist das ein Subventionsgeschäft?

Hauschild: Ja, von Anfang an war das ein Marketinginstrument, um die Menschen in die Märkte zu holen und sie dort zu halten.

Dirk Saupe: Das ändert sich aber, wir fahren die Zuschüsse schon gegen Null. Wir werten das Essen ja auch auf. Im Semi-Service wird frisch gekocht und bedient. Dieser Service wird vom Gast honoriert, und wir können den Mehrpreis für das zusätzliche Personal erzielen. Das kostet dann auch den einen Euro mehr.

Wie? Ein Nullsummenspiel? Kann man mit Gastronomie im Handel kein Geld verdienen?
Möhring: Das schaffen die wenigsten. Die Investition ist hoch: Einrichtung, Personal, Wareneinsatz. Und man muss auch daran denken, dass das Equipment, das ich für die Gastronomie im Handel brauche, abnutzt und ersetzt werden muss.

Aumann: Hinter der Theke muss alles stehen und stimmen. Davor kann ich ändern und anpassen. Also zuerst dran denken, was für ein Konzept habe ich, und welche Küchenausstattung benötige ich dafür. Eine gute Planung für die Küche ist das oberste Gebot. Denn Fehler kosten hier ein Vermögen.

Dirk Goerzen: Viele Lebensmittelhändler investieren in Gastronomie. Sie unterhalten eigene Kochschulen und tun Einiges. Was hier zum Teil investiert wird, kommt kaum wieder rein. Aber es geht nicht nur darum. Sondern es geht darum, die Menschen in die Läden zu holen.

Rummler: Selbst Sterneköche verdienen oft kein Geld. Die Gastronomie im Handel ist ein Frequenzbringer. Und wird es bleiben. Der Kunde soll auf gutem Niveau versorgt werden, er soll im Markt verweilen und einkaufen. Natürlich ist das auch eine Anforderung an die Industrie. Wir müssen Lösungen aufzeigen, die diese Kombination bietet: Frische zeigen, zubereiten und probieren! Wenn man die Frequenz hat und es richtig macht, kann man auch da Geld verdienen.