EuroShop Show der Visionen - Gegen das Bauchgefühl

Die Welt des Handels ist im Umbruch. Im Lebensmittel-Einzelhandel sind die Veränderungen jedoch noch weniger spürbar. Aber auch hier wird die Bedeutung des E-Commerce zunehmen. Die Messe Euroshop zeigt, mit welchen Technologien und Investitionen sich der stationäre Handel darauf vorbereiten kann.

Donnerstag, 16. Februar 2017 - Management
Martin Heiermann
Artikelbild Show der Visionen - Gegen das Bauchgefühl
Tcpos zeigt auf der Messe die ganze Customer Journey.
Bildquelle: Carsten Hoppen, Messe Duesseldorf / ctillmann
Gegen das Bauchgefühl

Lebensmittelhändler wollen keine Regallücken, aber auch möglichst wenig Abschriften haben. Zuweilen ein schmaler Grad. Abhilfe versprechen auf künstlicher Intelligenz basierende Lösungen.

Das mit den Vorhersagen ist so eine Sache. Meistens kommt dann die Realität dazwischen und macht Prognosen vollkommen zunichte. Das kann im Lebensmittelhandel zum Beispiel eine unerwartete Wetteränderung oder der plötzliche Ansturm auf einen bestimmten Artikel sein, oder die Intuition des Händlers, die ihn fälschlicherweise veranlasst hat, zu viel oder zu wenig Ware zu bestellen. Die Folge: Es entstehen plötzlich Regallücken oder hohe Abschriften, was sich negativ auf die ohnehin schon schmalen Margen im LEH auswirkt.

Im Spannungsfeld zwischen Aldi und Amazon können sich Supermarktbetreiber solche Fehlkalkulationen nicht mehr leisten, davon ist Michael Feindt, Gründer von Blue Yonder, überzeugt. Das Unternehmen hat Algorithmen entwickelt, mit denen u. a. die Warendisposition und die Preisgestaltung im LEH automatisiert und optimiert werden können. „Unsere Machine-Learning-Technologie ist in der Lage, aus historischen internen Daten wie Abverkäufen, Lagerbeständen und Preisen sowie externen Daten wie Wetter, Feiertagskonstellationen oder den Preisen der Wettbewerber Vorhersagen über den Absatz zu machen, in Form einer Wahrscheinlichkeitsverteilung“, erklärt Feindt. Das Bauchgefühl, nach dem laut einer Umfrage von Blue Yonder immerhin 52 Prozent der Führungskräfte im deutschen LEH noch disponieren, funktioniere einfach nicht mehr. Ebenso wenig wie das manuelle Festlegen der Preise, das noch 34 Prozent praktizieren.

Bei Tests mit der Blue-Yonder-Technologie bei der Disposition von Frischwaren in deutschen Handelsunternehmen sind nach Aussage von Feindt „die Abschriften um die Hälfte und Out-of-Stock-Situationen um den Faktor zehn reduziert“ worden.

Ralph Dausch, Mitglied der Geschäftsleitung bei Kaufland und dort für die Prozesskette Frischfleisch zuständig, lobt die Zusammenarbeit mit Blue Yonder. Die Prozesse seien „signifikant“ optimiert worden. „Im Ergebnis haben wir höhere Frische bei niedrigeren Abschriften – unter Beibehaltung guter Warenverfügbarkeit.“

Kaufland steuere in einem modernen Fleischwerk die Fleischdisposition, in dem aufgrund der Blue-Yonder-Prognosen auf Abruf geschlachtet wird. So brauche Kaufland dort kein Zwischenlager mehr, und es sei eine um einen Tag längere Haltbarkeit erreicht worden, erläutert Feindt, der am 22. Februar beim Deutschen Fleischkongress der Lebensmittel Praxis über automatisierte Fleisch-Disposition spricht. Eines ist für ihn klar: „In Zukunft werden Machine-Learning-Algorithmen die Gewinner von den Verlierern im LEH trennen.“ Schlechte Zeiten also für diejenigen, die noch auf ihr Bauchgefühl vertrauen.

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Bild öffnen Abschriften um die Hälfte, Outof- Stock um Faktor zehn reduzieren: Das können Händler mit Machine- Learning- Algorithmen laut Blue-Yonder- Gründer Michael Feindt erreichen.