Lebensmittel-Patente Biologische Vielfalt in Gefahr? - Meinung Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter

Patente schützen das geistige Eigentum des Erfinders. Doch nicht nur auf Technologien werden Patente erteilt, sondern auch auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere – und damit Verbote im europäischen Recht unterlaufen. Dies wirft eine Menge Fragen zu den Folgen auf.

Dienstag, 09. Juni 2015 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Biologische Vielfalt in Gefahr? - Meinung Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter
Bildquelle: Shutterstock

Dr. Petra Jorasch, stellvertretende Geschäftsführerin Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V.

1. Welche Vor- und welche Nachteile bietet die Patentierung von Pflanzen und Tieren für Züchter, Landwirte und Verbraucher aus Ihrer Sicht? (auch z. B. im Vergleich zum Sortenschutz)
Darauf gibt es keine Pauschalantwort. Es geht hier nicht um Schwarz-/Weißmalerei.  Generell herrscht unter den Pflanzenzüchtern große Einigkeit darüber, dass gerade in der Züchtung der Schutz geistigen Eigentums für Innovationen notwendig ist. Denn Saatgut trägt die Kopiermaschine quasi in sich. Man muss es nur in den Boden stecken.  Es geht also darum, einen ausgewogenen Schutz geistigen Eigentums zu schaffen, der Schutz auf der einen Seite und Zugang auf der anderen Seite sicherstellt. In diesem Zusammenhang sollte der Wirkungsbereich von Patenten auf technische Erfindungen beschränkt werden. Die natürlich vorkommende Genetik, also konventionell gezüchtete Pflanzen müssen von der Patentierbarkeit ausgenommen werden. Hier haben wir den Sortenschutz als das angepasste und wirkungsvolle Schutzrecht. Die großen Erfolge in der Pflanzenzüchtung, die nicht zuletzt durch die über 3000 in Deutschland zugelassenen Sorten dokumentiert werden, belegen dies. Im Bereich von technischen Erfindungen ist eine Patentierung aber durchaus sinnvoll. Hier ergänzt das Patentrecht den Sortenschutz vorteilhaft, denn Unternehmen, die viel in die Entwicklung neuer Technologien investieren, ermöglicht der Patentschutz einen „Return on Investment zu generieren“. Die Züchtungsausnahme im Patentrecht, für die der BDP sich eingesetzt hat, stellt sicher, dass nur die technische Erfindung Patentschutz genießt, dass aber die natürliche Genetik der Pflanzen weiter frei  für die Züchtung zur Verfügung steht.

2. Können kleine und mittelständische Züchter / Firmen es sich leisten, Patente anzumelden? Droht deren Verdrängung durch die Big Player?
Die administrativen und finanziellen Hürden für die Anmeldung von Patenten sind höher als die Beantragung eines Sortenschutzrechtes. Kleinere Unternehmen werden sich hier naturgemäß schwerer tun als große bzw. müssen sehr genau auswählen, auf welche Erfindungen sie Patente anmelden. Entscheidend ist aber, dass am Ende ein Patentrecht nicht dazu führt, dass es als Verbietungsrecht genutzt wird, um andere vom Markt auszuschließen, sondern dass grundsätzlich Zugang zu neuen Erfindungen gewährt wird. Das haben auch die „Big Player“ erkannt. Im Bereich Gemüse hat sich dort eine so genannte Lizenzplattform gebildet, in die die Unternehmen ihre Patente einbringen. Jeder kann Mitglied in der Plattform werden und Zugang zu den dort eingestellten Erfindungen erhalten. Im Gegenzug verpflichten sich alle Mitglieder ihre eigenen Erfindungen einzustellen. Eine solche Plattform könnte auch im Bereich der landwirtschaftlichen Züchtung interessant sein. Im Bereich der technischen Erfindungen könnte so ebenfalls ein ausgewogenes System zwischen Schutz und Zugang geschaffen werden. Solche Initiativen sollen einerseits Anreiz für Investitionen geben und andererseits Zugang, Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Der BDP sieht seine Aufgabe auch darin, solche innovativen Systeme zum Wohle der gesamten Branche zu unterstützen.

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