LP-Test - Service-Hotline Bei Anruf guter Rat?

Die LP-Testerin nahm die Service-Hotlines einiger Lebensmittelhersteller unter die Lupe. Von kompetenter Hilfe bis zum Verkaufsgespräch reichte die Palette.

Donnerstag, 26. August 2010 - Management
Silvia Schulz

Etwa 20 Prozent der Menschen haben hier zu Lande Probleme mit Pollen, Staub oder eben auch mit bestimmen Lebensmitteln oder Inhaltsstoffen der Nahrung. Tendenz: steigend. Viele Nahrungsmittelhersteller bieten eine Servicehotline an. Die Redaktion wollte wissen, wie gut die Auskünfte sind, die der Verbraucher dort erhält und initiierte einen so genannten Mystery-Call-Test. Getestet wurden Hotlines, also Beratung und Auskunft per Telefon. Unter die Lupe genommen wurde zudem die Kommunikationskompetenz der Mitarbeiter. Hier stand der LP-Testerin Sylvia Thiel zur Seite: Sie ist eine zertifizierte, langjährige Trainerin und Coach in der Dienstleistungsbranche. Die gute Nachricht zuerst. Die Testerin wurde nicht abgezockt und schmorte nicht in Warteschleifen. Geprüft wurden die Erreichbarkeit, die Kosten, Länge der Warteschleife, Beratungs- und Gesamtdauer. Wünschenswert ist natürlich eine gebührenfreie Hotline, doch die gibt es nur bei Lindt und Dr. Oetker. Ritter Sport, Danone und Lieken geben die anfallenden Kosten an. Schwartau und Ferrero halten das nicht für nötig.

Doch egal ob kostenpflichtig oder gebührenfrei – der Kunde wünscht sich einen kompetenten Ansprechpartner, der erreichbar ist, ihn versteht, ihm schnell weiter hilft und eine Lösung findet bzw. zufriedenstellende Antwort gibt. Was auch heißt, dass eine Hotline über die normalen Geschäftszeiten hinaus erreichbar sein sollte. So weit die Theorie. Ferrero, Danone, Schwartau und Lieken geben keine Zeiten an, in denen die Hotline erreichbar ist. Die von Lindt und Seitenbacher sind nicht verbraucherfreundlich. Lediglich Ritter Sport und Dr. Oetker haben Hotline-Zeiten, die über Bürozeiten hinausgehen. Länger als 4 Minuten sollte der Kunde, so die Erfahrungswerte, nicht in der Warteschleife bleiben müssen. In diesem Toleranzbereich bewegten sich alle.  Gefragt ist vor allem Fachkompetenz. Der Hotlineservice von Schwartau, Seitenbacher, Dr. Oetker und Ritter Sport ist ohne Einschränkung als fachkundig zu bezeichnen. Aktiv waren die Mitarbeiter von Schwartau und Danone. Ohne Nachfragen boten sie die Zutatenlisten an. Per E-Mail dauerte das bei Schwartau 5 Kalendertage. Der Mitarbeiter von Seitenbacher verwies ad hoc auf Alternativprodukte aus dem Haus. Und bei Ritter Sport konnte die Mitarbeiterin geäußerte Zweifel ausräumen.


Bei den anderen Firmen sah es im ersten Schritt nicht so gut aus. Die Ferrero-Mitarbeiterin stockte zwar nicht bei der Auskunft, verunsicherte die Testerin aber im weiteren Gespräch. Das lag u. a. an Äußerungen wie: „können Spuren enthalten, aber bedenkenlos gegessen werden“ und „bei Vollmilch weiß ich zu wenig Bescheid“.  Bei Lindt musste die Testerin zwei Mal anrufen, und auch dann konnte ihr nicht geholfen werden. Alle Mitarbeiter waren bei einer Tagung. Der anvisierte Rückruf kam vier bzw. sechs Kalendertage später, denn auch die Testerin ist nicht immer erreichbar. Die Auskunft war aber korrekt. Ähnliches bei Lieken. Da sich die Mitarbeiterin nicht sicher war, bot sie an, die Frage weiterzugeben. Ihre große Stärke lag im Kommunizieren. Der Tipp, immer die Zutatenliste auf der Verpackung zu lesen, war wenig professionell. Jedoch war der Rückruf sachkundig.

Bleibt noch die Firma Danone: positiv – keine 10 Sekunden und schon war eine Mitarbeiterin sprechbereit. Doch von Kompetenz keine Spur. Äußerungen wie: „schaut mal nach … eigentlich nicht … Vanille könnte … konsultieren Sie doch am Besten Ihren Hausarzt“ stützen den subjektiven Eindruck der Testerin. Wobei das Beratungsgespräch kaum eine Minute dauerte, der Rest war ein Verkaufsgespräch. Sie wollte unbedingt die Zutatenliste an den Mann bringen. Und die wurde nur per Post verschickt. Sie kam nach acht Kalendertagen. Zum Lesen braucht man allerdings eine Lupe. Im Anschreiben heißt es: „… Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne wieder an uns wenden.“ Nun ja.  


 Das sag der Profi

Kommunikationstrainerin Sylvia Thiel hat ein paar Tipps für das erfolgreiche Telefonieren zusammengestellt.

An einer Service-Hotline geht es um ein professionelles Auftreten. Denn am Telefon zählt der erste Eindruck besonders stark, da es keine Zeit gibt, einen schlechten Start zu korrigieren. Thiel empfiehlt Seminare mit dem Schwerpunkt, Kompetenzen zu vermitteln und zu trainieren. Erfahrung und Routine werden im anschließenden „Training on the job“ erlangt. Hilfreich sei es, nach einer vier- bis sechswöchigen Praxisphase einen Folgeworkshop durchzuführen. Dieser greife die Erfahrungen der umgesetzten Lerninhalte aus dem Seminar auf. Mitarbeiter sind die Visitenkarte des Unternehmens und Kunden/Verbraucher pflegen Kontakte zu Mitarbeitern und nicht zu Firmen. „Kundenorientierung am Telefon muss täglich und konsequent mit Leben erfüllt werden“, so thiel. „Im Training werden über entsprechende Interaktionen Einstellungen bewusst gemacht, entsprechendes Verhalten erarbeitet und die Umsetzung geübt.“

So wurde getestet

In den so genannten Mystery-Call-Test wurden nur Firmen einbezogen, die auf ihrer Homepage explizit einen entsprechenden Service („Verbraucherservice“, „Servicehotline“, „Kunden-Hotline“, „Fragen, Wünsche oder Anregungen zu Produkten“, „Offene Fragen/Informationen zu Produkten“ oder „Serviceline“) offerieren. Die Testerin
erhielt von der Redaktion eine Liste mit Firmen und die zu stellenden Fragen. Die richtigen Antworten gab die Ernährungsexpertin vor. Je nach Unternehmen wurde gefragt, welche Produkte des Herstellers mit einer Laktoseintoleranz bzw. Nussallergie unbedenklich verzehrt werden dürfen. Alle Hotlines wurden an einem Tag innerhalb von zwei Stunden abtelefoniert. Überprüft wurden Aktivität sowie die fachliche und kommunikative Kompetenz. Für die Kommunikationsqualität war eine Trainerin stumme Zuhörerin. Die Ergebnisse wurden gestoppt, errechnet und zum Schluss gewichtet.

Das Fazit unserer Testerin:

Die Fachkompetenz insbesondere unter dem Aspekt Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist nicht vertrauenseinflößend. Und mit der Kommunikationskompetenz der Mitarbeiter sieht es laut Sylvia Thiel nicht besser aus. Die Mitarbeiter waren höflich, aber nicht alle waren freundlich. Zudem ergriffen sie zu selten die Initiative, fragten nicht nach, sprachen die Anrufe nicht mit Namen an. Katastrophal waren aus ihrer Sicht die Verabschiedungen. Sie rät den Unternehmen zu Schulungen. Die Unternehmen können ihre Testberichte unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. anfordern.