Treffpunkt Hochheim am Main im Headquarter DACH des Verpackungsgiganten Tetra Pak. Positiv gestimmt präsentiert Stephan Karl, Managing Director Mid Europe, Zahlen seines Marktes, ohne zu viel verraten zu wollen. Tetra Pak wächst im deutschsprachigen Raum weiterhin. Noch verdient der schwedische Weltkonzern den Löwenanteil im DACH-Raum mit Milchprodukten im sogenannten Systemgeschäft, das dem der Rasiergerätehersteller gleicht: Der Nachkauf der Klingen macht die eigentliche Musik. Wer eine Abfüll- und Verpackungsanlage in Hochheim bestellt, sollte anschließend eigentlich auch die Karton-Rollenware aus dem Limburger Tetra-Pak-Werk kaufen. Der Markt ändert sich seit Jahren. Bei der Rollenware gibt es Wettbewerb, und statt Milch kommen heute immer öfter Haferprodukte, aktuell sogar mit Algen angereichert, im aseptischen Tetra Brik Edge in den Markt. Tetra Pak passt sich dem veränderten Verbraucherverhalten fließend an. Seit Jahren schon. Im Processing und beim Packaging. Suppen, Gemüse, Fertiggerichte und Soßen bahnten sich ihren Weg in den Tetra Recart-Karton. Das bot die Möglichkeit zur Markendifferenzierung, aber was eigentlich viel wichtiger ist: So konnten Lebensmittel länger sicher sowie effizient in einer Verpackung aufbewahrt werden, die optimale Stapel- und Transportfähigkeiten bis ins Regal hinein vereint. Zudem konnte der Lebensmittelverschwendung vorgebeugt werden. Die aseptischen Verpackungen mit PE- und Aluschicht schützen nämlich Getränke- und Lebensmittelmittel vor Verderben, also vor Sauerstoff und Licht.
Tetra Pak ist eine Einweg-Verpackung. Seit den 90er-Jahren fühlt sich das Unternehmen dem Kreislaufgedanken verpflichtet. Als der Gelbe Sack aus der Taufe gehoben wurde, war Tetra Pak mittendrin statt nur dabei. Die Verbraucher wissen, wie und wo der gebrauchte Karton zu entsorgen ist. Die dualen Systeme funktioniere,n und Tetra Pak engagiert sich beim Aufbau neuer PE-Alu-Recyclinganlagen für gebrauchte Getränkekartons. Eine steht schon, die zweite geht 2024 in Betrieb. Seit 2015 bietet das Unternehmen eine vollständig pflanzenbasierte Frischmilch-Verpackung an. Auch das ist ein Meilenstein.
Ökologie kostet
Was für Politik und Verbraucher oft so einfach erscheint, ist meist ein technologisches Meisterwerk. Bis die Tethered Caps, also die Verschlusskappen des Kartons, die das Ausgießen etwa von Milch bequemer machen, wie von der Politik gefordert untrennbar mit dem Karton nach dem Öffnen verbunden blieben, war viel Entwicklungsarbeit nötig. Neue Materialien kamen zum Einsatz, und die Maschinentechnik musste angepasst werden. Dabei entstehen Kosten, die in der Wertschöpfungskette niemand tragen will. In diesem Fall erscheinen sie zumindest ökologisch sinnvoll. Die Politik schenkt diesen Prozessen selten die ganze Aufmerksamkeit. Momentan erhitzt das Einwegkunststofffonds-Gesetz die Gemüter in der Verpackungsindustrie und bei Tetra Pak (siehe Interview). Das politische Vorhaben basiert auf nicht transparent erhobenen Daten, entspricht nicht dem Verursacherprinzip und bedeutet wiederholt hohe Kosten für die Verpackungsunternehmen. Ob damit das Littering, also das arglose Wegwerfen entleerter Verpackungen beispielsweise an Autobahnauffahrten, gestoppt wird, darf bezweifelt werden.
Zurück zum Business bei Tetra Pak. Das Verpackungsgeschäft wächst, aber im Processing, der Lebensmittelverarbeitung, stagnieren die Zahlen. Hier herrscht, auch der Krisenlage geschuldet, ein Investitionszurückhaltung. Doch dafür steigt die Nachfrage nach Services im DACH-Raum stark an. Der Fachkräfterückgang in der Industrie und die Themen Digitalisierung sowie Industrie 4.0 haben Remote Services oder digitale Wartungskonzepte marktfähig gemacht. Sogar Werksabnahmen ganzer Anlagen sind inzwischen digital möglich.