Länderreport Österreich Gipfelstürmer

Noch nie wurden so viele Lebensmittel von Österreich nach Deutschland exportiert wie im vergangenen Jahr. Aus Preisschlachten halten sich die Hersteller raus, sie fokussieren auf Qualität. Für den Handel werden zahlreiche Schulungsaktionen angeboten.

Mittwoch, 22. Februar 2012 - Länderreports
Elke Häberle
Artikelbild Gipfelstürmer
Bildquelle: Aivia

Österreich ist attraktiv und zwar in jeder Hinsicht. So ist die Alpenrepublik nach Italien und Spanien das drittbeliebteste Reiseziel der Deutschen – noch vor Frankreich! Ebenfalls auf der Erfolgsspur: österreichische Lebensmittel im deutschen Lebensmittelhandel. Schon seit Jahren gibt es für die Exportquote österreichischer Lebensmittel nur eine Richtung: nach oben. 16 Prozent plus waren es 2011 gegenüber 2010. Das war die zweithöchste Steigerungsrate seit dem EU-Beitritt der Alpenrepublik im Jahr 1995. Insgesamt fanden damit nach den Außenhandelsdaten der Statistik Austria für die ersten drei Quartale 2011 Nahrungs- und Lebensmittel im Wert von 9 Mrd. Euro den Weg ins Ausland. Das entspricht einem Zuwachs von 11,4 Prozent.

Eine starke Bilanz, die nicht von ungefähr kommt. Seit Jahren positioniert sich der Lebensmittelsektor der Alpenrepublik als Frischeparadies und konzentriert sich dabei auf die Qualität der Produkte – anstelle sich auf einen ruinösen Preiswettbewerb einzulassen. Das ist kein bloßes Lippenbekenntnis, sondern wird statistisch unterstrichen: Vergangenes Jahr erreichte der Wert der Exporte den höchsten Wert seit Aufzeichnung dieser Daten. „Das zeigt, dass die hohe Qualität der heimischen Produkte auch im monetären Wert ihren Niederschlag fand und wir mit dieser Strategie auf das richtige Pferd gesetzt haben“, freut sich Dr. Stephan Mikinovic, Geschäftsführer der AMA Marketing (Agrarmarkt Austria Marketing), „der kurzfristige Exporteinbruch von 2009 scheint endgültig überwunden zu sein.“

Unternehmen aus Österreich:

  • Darbo
  • Joseph Manner & Comp AG
  • Kärtnermilch
  • Vöslauer
  • Weinkellerei Lenz Moser
  • Wiesbauer

Wichtigster Handelspartner der Österreicher ist Deutschland, ein Drittel – also etwa Waren im Wert von 3 Mrd. Euro – der gesamten Exporte wird hierhin geliefert. Mit einem wertmäßigen Anteil von 16 Prozent beliebteste Kategorie sind Milchprodukte, dicht gefolgt von Fleisch (15 Prozent), alkoholfreien Getränken (13 Prozent: hier dürfte der Löwenanteil auf den Energydrink Red Bull fallen) sowie Backwaren (11 Prozent). Das Jahr 2011 war aber auch aus anderen Gründen bemerkenswert – es wurden zwei weitere „Schallmauern“ durchbrochen.


1. Der Export von Käseprodukten nach Deutschland legte im Wert um 14,6 Prozent zu und übersprang in der Menge zum ersten Mal die 50.000-t-Marke. Das kleine Nachbarland ist damit nach den Niederlanden, Frankreich und Dänemark die Nr. 4 bei den Käseimporteuren. Im Beliebtheitsranking der österreichischen Käse führen Schnittkäse knapp vor Hartkäse wie beispielsweise dem Bergkäse.

2. Bei Wurst, Schinken und Speck wiederum, kletterte das Exportbarometer um 4 Prozent auf mehr als 54.000 t – das gab es zuvor auch erst ein Mal. Interessant auch hier: Ist die Menge fast gleich geblieben, hat sich der Wert gegenüber dem Jahr 2010 um 4,2 Prozent auf 227 Mio. Euro erhöht. Es scheint, dass selbst die als überaus – positiv formuliert – preisbewusst geltenden Deutschen mitunter doch bereit sind, für Geschmack und Qualität mehr zu bezahlen.

Schulungen für den Handel

Im Handel findet sich die rot-weiß-rote Genusswelt dabei gleichmäßig in allen Handelsgruppen wieder. Dem eigenen Qualitäts- und Frischeanspruch Rechnung tragend, wird aber natürlich die Bedientheke besonders forciert. „Neben den Schulungen für die Thekenkräfte im Handel gibt es auch zahlreiche Konsumentenseminare, die sich gezielt an die Endverbraucher wenden. Weiteres Marketinginstrument ist auch die Präsenz der Hersteller auf diversen internationalen Messen, wo die Einkäufer mit den beworbenen Produkten vertraut gemacht werden“, fasst Mikinovic das umfangreiche Marketing-Paket zusammen.

Im Bereich Schulungen beispielsweise lädt die AMA beziehungsweise deren Mitglieder pro Jahr an die 2.000 Thekenkräfte nach Österreich ein, die dort über mehrere Tage hinweg in die österreichische Genusswelt eintauchen können und Wissenswertes für ihre Theken erfahren. Ergänzt und flankiert werden die Fachschulungen durch Konsumentenseminare, die ebenfalls über Qualität und Vielfalt österreichischer Lebensmittel aufklären. Wie wirkungsvoll der gezielte Einsatz dieser Kombi ist, zeigt das Beispiel Käse. In den vergangenen Jahren wurde dieses Segment forciert – und nun entsprechend die Früchte eingefahren, wie die oben erwähnte Exportstatistik eindrucksvoll unterstreicht.

Weiter unterstützt die AMA den deutschen Handel bei der Organisation und Durchführung bei den regelmäßig stattfindenden Österreichwochen. „Die wichtigste Plattform für unsere Produkte ist der Lebensmittelhandel. Daher fördern wir hier ganz besonders die Kommunikation zwischen dem Einkauf und den Herstellern in Form von Österreich-Schwerpunkten in den einzelnen Märkten“, unterstreicht Richard Schuster, Exportmanager bei der AMA. Über diese Schiene gelinge es auch am besten, die Konsumenten von der Vielfalt und Qualität österreichischer Lebensmittel zu überzeugen. „Außerdem denkt der Handel wieder serviceorientierter und hat die ’direkte Kundenansprache’ als Kundenbindungsmechanismus wiederentdeckt“, freut sich der Manager über die Abkehr des Handels von der reinen Preisorientierung. Wie sehr sich die Marketinggesellschaft zur Unterstützung des Handels in Deutschland in den vergangenen Jahren ins Zeug gelegt hat, zeigt folgende Zahl: Im Feb ruar lief in einer deutschen Feinkostkette die 1.000 Lebensmittel-Woche der AMA vom Stapel. Hinzu kommen unzählige Einsätze von Werbedamen, Verkostungen, Inserate und PR-Berichten in Fachmedien und Tageszeitungen, die laut Manager Mikinovic „viel dazu beigetragen haben, das regionale Image österreichischer Waren weiter zu prägen“.


Ein wichtiger Pfeiler ist auch die Präsenz der Hersteller auf diversen internationalen Messen. Bei der Grünen Woche in Berlin präsentierten am AMA-Stand insgesamt 34 Aussteller aus acht Bundesländern die rot-weiß-rote kulinarische Vielfalt von den Klassikern Käse, Speck und Wein bis hin zu Kren, Süßem und Urlaub am Bauernhof. Stammplätze hat die AMA auch auf der der Biofach, der Anuga, der InterMopro und der InterMeat.

Produkte müssen passen

„Marketing ist aber nur eine Seite der Medaille – die andere liegt in der Qualität der Waren und Produkte begründet“, unterstreicht AMA-Geschäftsführer Mikinovic. Denn bekanntermaßen nutzt die ausgeklügelste Kommunikationsstrategie nichts, wenn die Produkte dahinter nicht stimmen.

Österreich hat dazu bereits vor Jahrzehnten die Weichen „richtig“ gestellt und sich seit jeher dem Thema „Natürlichkeit“ verschrieben. „Natürlich produzierte Lebensmittel punkten mit hoher Qualität, ausgezeichnetem Geschmack und dem Bewusstsein, aus einer sauberen Umwelt zu stammen“, fasst Richard Schuster, AMA-Exportmanager, zusammen. Auch diese Aussage ist kein Lippenbekenntnis, sondern wird allein schon durch die Struktur bestimmt. So liegt der Anteil an Bio-Bauern in der Alpenrepublik traditionell zwischen 13 und 14 Prozent, das heißt, von den 160.000 landwirtschaftlichen Betrieben wirtschaften etwa 20.000 biologisch. Im Westen des Landes, zwischen Tirol und Salzburg, ist es sogar jeder zweite Betrieb.

Überhaupt scheint Österreich auch jenseits von „Bio“ für viele Verbraucher zum Inbegriff regional und natürlich produzierter Lebensmittel geworden zu sein. Das zeigt sich immer wieder, wenn ein Lebensmittelskandal den deutschen Handel erschüttert. So hat die EHEC-Krise immer vergangenen Jahr österreichischem Gemüse mit einer exorbitanten Steigerungsrate von 31 Prozent eine Export-Boom beschert.

Neben der Qualität hat die Alpenrepublik noch einen weiteren Trumpf im Ärmel: die Innovationsfreude der Produzenten. Diese bewirkt laut Schuster, dass der Markt immer neu beliefert und positiv überrascht werde. Ein Beispiel hierfür ist die Heumilch, die, erst seit wenigen Jahren auf dem Markt, einen kometenhaften Aufstieg hingelegt hat. Bei dieser ursprünglichsten Form der Milchherstellung ist die Fütterung der Milchkühe an die Jahreszeiten angepasst. Sprich: Im Sommer treiben die Bauern die Tiere auf die Weiden und Almen, im Winter gibt es nur luftgetrocknetes Heu. Ergebnis: eine besonders schmackhafte und inhaltsstoffreiche Milch. Die Heumilchwirtschaft wirkt sich zudem positiv auf die Natur aus. In Österreich gibt es rund 8.000 Heumilchbauern, die 15 Prozent des Milchaufkommens in Österreich nach den Kriterien der Heumilch-Produktion erzeugen. Europaweit sind es nur 3 Prozent. Inzwischen gibt es rund 150 Heumilchprodukte, die gängigsten sind Butter, Topfen, Käse und Milch.


Alles in allem: „Am Schnittpunkt des Erfolges steht wie immer der Hersteller. So lange dieser an der besonderen Qualität festhält und immer wieder mit Innovationen überrascht, sind wir auf dem richtigen Weg“, fasst Exportexperte Richard Schuster zusammen.

Die Gütesiegel in Österreich
In Österreich gibt es zwei geprüfte Qualitätszertifikate, die von der Agrarmarkt Austria Marketing GmbH (AMA) vergeben wird. Das AMA Gütesiegel und das AMA Bio-Zeichen. 
Das AMA Gütesiegel gewährleistet unabhängige Kontrollen und steht für konventionell erzeugte Lebensmittel, die überdurchschnittliche Qualitätskriterien erfüllen – bei gleichzeitig nachvollziehbarer Herkunft. Es soll dem Konsumenten die Kaufentscheidung erleichtern, denn mit einem Blick werden die drei Vorteile der damit ausgezeichneten Ware erkennbar: 
  • ausgezeichnete Qualität (über dem gesetzlichen Niveau)
  • nachvollziehbare Herkunft (rot-weiß-rot bedeutet
  • 100 Prozent aus Österreich)
  • unabhängige Kontrollen (auf allen Erzeugungsebenen)
Produkte mit dem AMA Biozeichen stammen ausschließlich aus biologischer Landwirtschaft und unterliegen strengen Produktionsbestimmungen. Die Philosophie der biologischen Landwirtschaft ist höchste Lebensmittelqualität durch schonende Nutzung von Boden, Rohstoffen und Energie. Tiere werden artgerecht und mit viel Bewegungsfreiheit gehalten. Der Einsatz von Gentechnik ist in der Bio-Landwirtschaft verboten.

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