Deutsche See „Nachhaltigkeit beginnt im eigenen Unternehmen“

Deutsche See trifft auf großes Handelsinteresse in Sachen Fisch. Die Beteiligung an EPA Foods eröffnet Möglichkeiten im skandinavischen und hiesigen Markt.

Mittwoch, 25. August 2010 - Hersteller
Dieter Druck
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Bildquelle: Michael Bahlo

Keine Krise für frischen Fisch. Egbert Miebach, geschäftsführender Gesellschafter „Deutsche See“, wertet das Sortiment als nachhaltig in allen Belangen. Er bilanziert nach eigener Philosophie und blickt zuversichtlich in die Zukunft mit viel versprechenden Perspektiven für convenient aufbereiteten Fisch.

Wie haben Sie das so genannte Krisenjahr erlebt?
Egbert Miebach: Ich bewerte 2009 für „Deutsche See“ als ein gutes und bereinigendes Jahr, Horrorszenarien sind ausgeblieben und die typisch deutsche Grundnervosität wurde abgelöst von professioneller Gelassenheit. Wir hatten vor allem sehr gute Gespräche mit unseren Partnern geführt, jenseits des Tagesgeschäfts, die neue Perspektiven offenbart haben. Wir sind auf Einzelhändler getroffen, die intensiv über Fisch nachdenken. Als typisch mittelständisches Unternehmen haben wir mit einem leichten Umsatzplus abgeschlossen und dokumentieren den stabilisierenden Status des Mittelstands innerhalb der deutschen Wirtschaft.

Welches waren vorrangige Themen in den Handelsgesprächen?
Es ging grundsätzlich um ökomische und ökologische Aspekte, wie Wertschöpfung über das Upgrading von Sortimenten, aber auch qualitative Ansprüche, Service und natürlich Nachhaltigkeit. Kriterien, die heute nach unserer Einschätzung über dem Preis stehen. Und wir haben die Bestätigung, dass Fisch im Handel ein großes Thema ist, allein daran zu sehen, dass fast jeder neue Markt eine Fischtheke hat.

Aber wir hatten vor Jahren eine Fischtheken-Euphorie, die in einem massiven Abschwung endete. Was ist anders heute?
Der Fisch hat heute eine ganz andere Bedeutung. Es werden ganzheitliche Frischekonzepte aufgelegt, bei denen Frischfisch gesetzt ist. Es wird vom Handel langfristig in das Angebot investiert und er nimmt das Thema ernst. Wir definieren heute keine Regionen mehr, in denen Frischfisch als nahezu unverkäuflich galt. Das war vor zehn Jahren anders.

Das ruft neue oder inzwischen neu aufgestellte Wettbewerber auf den Plan. Hat sich hier die Situation verschärft und wo sehen Sie „Deutsche See“ in diesem Feld?
Wir sind der größte Frischfisch-Anbieter in Deutschland, auch wenn wir nicht so laut darüber reden. Gleich ob regionaler oder nationaler Wettbewerb, wir sind selbstbewusst und hellwach. Unser Anspruch ist, die Qualitätsmaßstäbe im Markt zu setzen, wobei Kriterien wie Preis, Herkunft und Genuss eine Rolle spielen. Gleichzeitig feilen wir an der Verbesserung unserer Serviceleistungen, getreu unserem Grundsatz „mit dem Kunden – für das Produkt“.

Welches sind die treibenden Kräfte im Sortiment?
Generell sind dies Convenience und Frische. Wir haben den Anspruch über das klassische Sortiment hinaus neue Produkte mit hohen Convenience- und Genussgraden zu bieten. Die entsprechenden Impulse kommen unverändert aus der Gastronomie, zum Teil mitgetragen durch die enorme mediale Präsenz von TV-Köchen etc. Das ist die Grundlage. Denn wer die gastronomischen Ansprüche nicht bedienen kann, beherrscht auch nicht Convenience. Das Ganze sorgt für Abwechslung in der Theke und garantiert zudem einen höheren Stücknutzen. Das setzt jedoch innovatives Feeling auf Einkäuferseite voraus und nicht die Frage, was soll ich denn damit, wie soll ich das denn verkaufen?

Wie bewerten Sie die aktuellen Handelsaktivitäten in Sachen SB-Fisch? Seit mehr als 20 Jahren ein Thema, aber bislang ohne erkennbaren Durchbruch.
Wir bei „Deutsche See“ haben erstmals das Gefühl, dass die Hürde genommen wurde. Der Konsument ist offensichtlich jetzt bereit, das Angebot anzunehmen und zeigt steigende Kaufbereitschaft. Sicherlich ist es für ihn ein Lernprozess, zu erkennen, darin unterscheidet sich der SB-Fisch von anderen Frische-Sortimenten, dass dieses Angebot teurer ist als das in Bedienung, weil ich von einer 1-a-Qualität ausgehen muss. Auf alle Fälle hat der Handel den SB-Trend erkannt und reagiert. Der weitere Schritt unsererseits ist die Weiterentwicklung des SB-Sortimentes unter dem Aspekt Convenience.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Wie umreißen Sie den sehr vieldeutigen Begriff?
Nachhaltigkeit beginnt für mich im eigenen Unternehmen, sprich nachhaltiges Wirtschaften, und bei den Menschen – Mitarbeiter, Lieferaten und Kunden. Wir praktizieren Nachhaltigkeit seit elf Jahren. In der Hinsicht ist das kein Neuland, eher befinden wir uns schon in der Reifephase. Nachhaltigkeit ist kein Trend, keine alleinige Frage von Nachhaltigkeits-Labels und vor allem kein Thema für mediale Schnellschüsse.

Wie nachhaltig reagiert der Handel?
Das ist ein Thema, dem sich keiner in der Branche entziehen kann. Dabei steht bei einigen Handelspartnern mehr die Politik bzw. die allgemeine Unternehmensstrategie im Vordergrund, bei anderen die Theke. Aus unserer Sicht ist Nachhaltigkeit eine Einstellungssache von jedem, die sich im täglichen Handeln und konkreten Veränderungsprozessen zeigt.

Was halten Sie von MSC?
MSC ist richtig gut und wir haben das Engagement von Beginn an unterstützt. Das Siegel bietet eine Orientierung für einen in der Regel durch pauschalierte Meldungen verunsicherten Konsumenten sowie ein teilweise überfordertes Thekenpersonal, das sich mit diesen verunsicherten Konsumenten professionell auseinander setzen muss. Aber MSC ist auch kein Allheilmittel und es gibt die Tendenz, dass das Siegel dem Verbraucher positive Produktqualität suggeriert.

Und nun die Label-Flut, nachdem andere erkannt haben, wie lukrativ Lizenzierung sein kann? Wie viele Siegel nutzt Deutsche See?
Viele Labels helfen wenig, im Gegenteil, der Verbraucher verliert wieder die Orientierung. Wie soll er das alles auseinander halten, und wie sollen die Thekenkräfte das erklären? Wir setzen uns natürlich mit den rund 30 für unser Geschäft relevanten internationalen Labels auseinander. Aber wir gehen trotzdem unseren Weg, verlassen uns nicht blind auf Zertifizierungsorganisationen, sondern bearbeiten und managen die Beschaffungsmärkte selbst mit unseren Leuten vor Ort. Daraus resultiert die Herausforderung für uns, Hintergründe aufzuzeigen und Aufklärung zu betreiben, also nachhaltig zu informieren.

Ist Nachhaltigkeit auf dem Weg zum Standard?
Selbstverständlich, das Besondere von heute ist in wenigen Jahren normaler Standard.

Und wie nachhaltig ist für Sie Bio?
Wir lesen derzeit viel über Bio und einen vermeintlich nachlassenden Boom. „Deutsche See“ war einer der ersten klassischen Anbieter auf der BioFach mit LEH-Bezug, und anfangs noch belächelt. Aber schauen Sie, was aus bescheidenen BioFach-Anfängen geworden ist. Für uns ist Bio ebenso wie Nachhaltigkeit jedenfalls kein Trendthema, keine Glaubensfrage und wir machen es nicht fest an Umsatzanteilen.

Aber was bringt's?
Bio ein Bereich, aus dem wir viel für das allgemeine bzw. klassische Sortiment gelernt haben, z.B. die, ich betone, echte Rückverfolgbarkeit, die heute immer wichtiger wird. Ein Bereich, an dem wir folglich festhalten werden.

Deutsche See expandiert nach Dänemark. Dort ist man vor Kurzem mit einer Beteiligung beim Sushi-Produzenten EPA Foods eingestiegen. Was steckt dahinter?
Das ist ein hoch interessantes Unternehmen, das für die Weiterentwicklung seiner Märkte einen Partner gesucht hat. Sushi ist für uns ein kompatibles Sortiment zum Fisch und in Deutschland inzwischen etablierter. Einerseits bieten wir in Deutschland EPA Foods Kontakte und Logistik für das Sortiment unter der Marke „Taste of Tokio“. Aus unserer Sicht ist der Markt noch aufnahmebereit. Anderseits nutzen wir die Connections von EPA im skandinavischen Markt für den Absatz unserer Produkte. Außerdem liegt der Fokus nicht allein auf Sushi, sondern generell auf innovativen Convenience-Produkten. Hier setzen wir auf die Technologie und das Know-how von Epa. Wir entwickeln uns also ständig weiter.

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Firmierung: Deutsche See GmbH
Geschäftsführende Gesellschafter: Dr. Peter Dill;
Egbert Miebach
Gründung: 1939
Niederlassungen: 23 in Deutschland
Mitarbeiter: ca. 1.700
Kunden: ca. 35.000 aus LEH, Gastronomie und Foodservice
Artikel: ca. 3.500
Produktionsmenge: 75.000 t im Jahr. Durchschnittlich
werden am Tag 250 t produziert, in Spitzen bis zu 500 t.
Innovationen: mehr als 150 Produkt-Neueinführungen im Jahr. Die Innovationsquote beträgt 5 Prozent
Logistik: eine Flotte von mehr als 300 Fahrzeugen

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Egbert Miebach, geschäftsführender
Gesellschafter Deutsche See

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